TurfTimes:
Ausgabe 192 vom Donnerstag, 24.11.2011
Auktionsrennen sind ein fester Bestandteil des deutschen Rennkalenders. Mittlerweile werden 18 derartige Prüfungen gelaufen, in denen auf einer Auktion der Baden-Badener Auktionsgesellschaft (BBAG) angebotene Vollblüter unter sich bleiben und einen Prämienkuchen von mehr als 1,15 Millionen Euro untereinander aufteilen. Acht davon mit einem Preisgeldvolumen von mehr als 600.000 Euro sind dem jüngsten Galopperjahrgang vorbehalten. Sieht man einmal vom schon seit 1964 ausgetragenen Preis der Jährlingsauktion bei der Großen Woche in Iffezheim ab, so begann der Boom der Auktionsrennen Ende der 80er Jahre. Der Rennkalender des Jahres 1989 sieht die ersten beiden Auktionsrennen für Zweijährige auf den Rennbahnen in Köln und Dortmunder, gewonnen übrigens beide vom selben Youngster Mandelbaum, der in der folgenden Saison als klassischer Sieger im Mehl-Mülhens-Rennen gleich ein populäres Gegenbeispiel für die These der Gegner von Auktionsrennen lieferte, in diesen Rennen werde stets viel Geld an schlechte Pferde ausgeschüttet. Auch heute noch ist die Frage des sportlichen Wertes von Auktionsrennen nicht unumstritten.
... und ist nur sieben Tage mit Thierry Thulliez Sieger im Preis des Winterfavoriten auf Gr. III-Parkett. Fotos (2):: www.galoppfoto.deSeit 2009 ist das Ferdinand Leisten-Memorial - BBAG Auktionsrennen beim Herbstmeeting in Baden-Baden die höchstdotierte Prüfung für den Galoppernachwuchs, nachdem es jahrelang finanziellen Gleichstand mit dem für alle Youngster offenen Kölner Winterfavoriten gab. Nur ganz selten wird wie in diesem Jahr durch Tai Chi der Fall eintreten, dass ein Youngster in beiden Prüfungen startet, der Normalfall ist eine Entscheidung zwischen Black Type Ehre im Gruppe-Rennen oder höhere Dotierung im Auktionsrennen.
Wo treten nun im Schnitt die besseren Kandidaten im Hinblick auf die kommende Derby-Saison an? Dieser Frage haben wir uns in einer systematischen Auswertung der von 2000 bis 2010 gelaufenen Youngsterprüfungen gewidmet. Dazu haben wir die offiziellen GAGs am Ende der Derby-Saison für Sieger und Platzierte in fünf ausgewählten Auktionsrennen und zwei zu Vergleichszwecken herangezogenen Traditionsprüfungen für Zweijährige (Preis des Winterfavoriten und Preis der Winterkönigin) ermittelt und daraus das durchschnittliche GAG sowie dessen Variabilität über die Jahre (gemessen über eine statistische Größe namens Standardabweichung) berechnet. In der abgebildeten Tabelle sind die Resultate zusammengestellt.
Bei der Auswahl der Auktionsrennen haben wir drei für beide Geschlechter offene, schon lange existierende Auktionsrennen ausgewählt, wobei neben der ältesten Prüfung dieser Art in Köln und dem nur ein Jahr jüngeren Pendant in München das höchstdotierte Auktionsrennen, das erst seit 2004 beim Herbstmeeting in Baden-Baden gelaufen wird, zuvor jedoch in dieser Ausstattung am St. Leger-Wochenende in Dortmund stattfand, mit seinen Austragungen in Dortmund und Baden-Baden in unsere Auswertung einfließt. Dieses Trio wird durch zwei nur zweijährigen Stuten offenstehenden Auktionsrennen ergänzt, und zwar das Düsseldorfer Auktionsrennen und das bei der Großen Woche gelaufene Auktionsrennen Iffezheim, das in seiner Dotierung auf dem Niveau der Winterkönigin liegt. In der Interpretation der Tabelleneinträge ist stets zu berücksichtigen, dass alle Aussagen auf einer geringen Datenmenge von maximal elf Siegern und 44 Platzierten basieren. Diese Maximalzahl von in die Auswertung einfließenden GAG-Angaben wird jedoch bei keinem Rennen erreicht, da es stets „Ausfälle“ in Form von Galoppern gibt, die durch Verletzung oder Export im folgenden Jahr kein offizielles GAG zugewiesen bekommen haben. Beim Kölner Auktionsrennen kommt hinzu, dass hier in einem Jahr der Beobachtungsperiode (2005) keine Austragung stattfand, so dass eine besonders hohe Zahl fehlender GAG-Angaben entstanden ist.
Doch auch auf dieser schmalen Datenbasis zeigen sich erstaunlich eindeutige Ergebnisse. Die traditionellen Prüfungen für die Zweijährigen weisen insgesamt eine deutlich konstantere und in der Breite der Platzierten qualitätsvollere Besetzung als die Auktionsrennen auf. Sowohl beim Winterfavoriten als auch bei der Winterkönigin ist die Variabilität der GAG-Werte von Siegern und Platzierten spürbar kleiner, wie die Standardabweichungen zeigen. Während es im durchschnittlichen Sieger-GAG zwischen Winterfavorit und dem höchstdotierten Auktionsrennen in Baden-Baden kaum einen Unterschied gibt, so offenbart der Blick auf das durchschnittliche GAG der ersten Vier, dass im Winterfavoriten die im Hinblick auf die Derby-Saison besseren Youngster starten. Beim Vergleich des Winterfavoriten mit dem Kölner und dem Münchener Auktionsrennen werden die Qualitätsunterschiede noch wesentlich auffälliger.
Bei den nur Stuten offenstehenden Youngsterprüfungen ist die Dominanz der Winterkönigin im Vergleich zu den beiden Auktionsrennen noch ausgeprägter. Auch die finanziell äquivalent ausgestattete Prüfung bei der Großen Woche in Baden-Baden zeigt sich weder im durchschnittlichen GAG der Siegerinnen noch der ersten Vier konkurrenzfähig zur Winterkönigin, deren Siegerinnen ein um 8,4 Kilogramm, bei Ausdehnung auf die ersten Vier sogar um 12,1 Kilogramm besseres Rating aufweisen. Hinsichtlich des durchschnittlichen Siegerinnen-GAGs schneidet sogar die nur halb so hoch dotierte Düsseldorfer Auktionsprüfung besser als das Baden-Badener Auktionsrennen ab, rangiert aber ebenfalls weit unter der Winterkönigin.
Mit unserer Analyse soll der sportliche Wert der Auktionsrennen für Zweijährige als Indikator für eine gute Derby-Saison nicht generell in Frage gestellt werden. Gerade das nahezu identische durchschnittliche Rating der Sieger im derzeit als Ferdinand Leisten Memorial gelaufenen Auktionsrennen in Baden-Baden und im Winterfavoriten zeigt, dass man einen Sieg in dieser Auktionsprüfung auch im Hinblick auf die kommende Dreijährigen-Saison ernst nehmen muss. Auch die Sieger im Münchener und Kölner Auktionsrennen weisen beachtliche Durchschnitts-GAGs auf, die zeigen, dass in diesen Rennen Siegprämien an weit überdurchschnittliche Vollblüter ausgeschüttet werden. Eine Platzierung in einem Auktionsrennen ist jedoch augenscheinlich noch kein Garant für eine entsprechende Qualität. Bei nur Stuten offenstehenden Auktionsrennen leiden die sportlichen Ansprüche dagegen schon sehr erheblich. Für die Frage, welche Stute in der Derby-Saison durch ein hohes GAG auf sich aufmerksam machen wird, besitzen diese Rennen nur eine sehr eingeschränkte Vorhersagegüte. Die Fälle einer Portella, die 2001 das Düsseldorfer Auktionsrennen gewann und im anschließenden Jahr an selber Stelle zur klassischen 1000 Guineas Siegerin aufstieg, und einer Almerita, die 2005 ebenfalls das Düsseldorfer Auktionsrennen für sich entschied und im Folgejahr zur Diana-Siegerin avancierte, sind wie der Auktionssieg der späteren Diana-Siegerin Night Magic in Baden-Baden Einzelfälle, die nicht typisch für die Stuten-Auktionsrennen in unserer Beobachtungsperiode waren.
Rating ausgewählter Rennen für Zweijährige auf der Basis des Dreijährigen-GAGs für den Zeitraum ab (inkl.) 2000
GAG der | Sieger | | | ersten Vier |
Rennen | MIT*
| STD* | F* | MIT* | STD* | F* |
Kölner Auktionsrennen | 88.8 | 7.4 | 3 | 81.1. | 11.3 | 13 |
Münchener Auktionsrennen | 89.9 | 7.4 | 1 | 85.2 | 7.9 | 7 |
Ferdinand Leisten Memorial (Iffezheim) | 93.0 | 6.2 | 1 | 88.3 | 7.8 | 8 |
Winterfavorit
| 93.3
| 3.1
| 1
| 91.9
| 4.9
| 10
|
| | | | | | |
Stutenrennen: | | | | | | |
Auktionsrennen Iffezheim | 83.4
| 10.3 | 2 | 79.0 | 11.1
| 9 |
Düsseldorfer Auktionsrennen | 87.2
| 6.4 | 4 | 77.6 | 9.2 | 8 |
Winterkönigin
| 91.8
| 3.2
| 2
| 90.1
| 6.0
| 6
|
| | | | | | |
| | | | | | |
*MIT = Mittelwert, STD = Standardabweichung, F = Anzahl fehlender GAG-Angaben