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Im Galopp durch den Winter: Rennbahn-Hopping in England

Blick auf die Tribüne von Warwick. Eine von vier besuchten Rennbahnen. Foto: Karina Strübbe

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 855 vom Freitag, 28.02.2025

Wolverhampton, der erste Stopp der Rennbahntour in Mitelengland. Foto: Karina Strübbe

 

Was haben Wolverhampton, Ludlow, Warwick und Southwell gemeinsam, außer, dass alle vier ein W im Namen tragen und es sich, wie der Galoppsportfreund weiß, um Orte in England mit Rennbahnen handelt? Sie liegen geografisch so nah beisammen und boten in der vergangenen Woche 31 Rennen binnen fünf Wochentagen an. Grund genug, die ohnehin genommene Urlaubswoche zu nutzen, der Rennpause in Deutschland zu entfliehen und ein paar neue Rennbahnen zu erkunden. Zugegeben, auch wenn in England nahezu täglich Pferderennen ausgetragen werden, Glamour und sportliche Höhepunkte sind Mitte Februar unter der Woche selbst jenseits des Kanals nicht geboten. Doch wenn der Anspruch an den Urlaub darin besteht, ein paar Pferderennen zu sehen und dabei ein paar neue Orte kennenzulernen, allemal eine Empfehlung.

Steeple Chase in Ludlow mit Sprung vor der Tribüne. Foto: Karina StrübbeSteeple Chase in Ludlow mit Sprung vor der Tribüne. Foto: Karina Strübbe

Clreendon House gewinnt die Hever Sprint Stales in Southwell. Foto: Karina StrübbeClreendon House gewinnt die Hever Sprint Stales in Southwell. Foto: Karina StrübbeAn vier Renntagen gab es 31 Rennen anzusehen, ein buntes Potpourri ist vorprogrammiert: National Hunt-Renntage in Ludlow und Warwick, Flachrennen in Wolverhampton und Southwell. In Southwell wohnten wir immerhin tatsächlich einem Highlight bei, dem ersten Grupperennen in Europa 2025. Das Winter Derby, ein Gr. III-Rennen auf dem All-Weather-Track, stand an. Nachdem das Winter Derby bis 2023 in Lingfield ausgetragen wurde, wechselte das Rennen ebenso wie die Hever Sprint Stakes, ein Listenrennen über 1000 Meter im vergangenen Jahren nach Southwell. Am Start waren durchaus bekannte Namen auf den jeweiligen Levels. Clarendon House, vielfach erprobt auf Black Type-Ebene und in besseren Handicaps sorgte für freudige Gesichter bei seinen Syndikatsteilhabern. Der Besitzer des Winter-Derby-Eigners Royal Champion, Scheich Obaid Al Maktoum war nicht zugegen, obwohl vor dem Rennen ein Helikopter eingeschwebt war. Der Freude des Teams um Trainer Karl Burke und Jockey Clifford Lee tat dies keinen Abbruch. Den Rest des Tages, der, wie so oft in England, mit den beiden sportlich hochwertigsten Rennen startete, dominierten höherklassige Handicaps, vornehmlich für vierjährige und ältere Pferde, sowie ein Maidenrennen.

Die übrigen drei Renntage boten dann eher Brot- und Butterprogramm, beginnend mit einem sehr kühlen Dienstagabend in Wolverhampton: Immerhin neun Rennen, zwei immerhin Class 4, der Rest der untersten Class 6 zuzuordnen, alle Rennen waren Reitern mit maximal 30 Siegen 2024 vorbehalten. Und dennoch: Ausnahmslos alle startenden Pferde präsentierten sich optisch in sehr guter Verfassung. Dies zog sich über alle vier Renntage hinweg und offenbarte Professionalität. Warwick und Ludlow, eher ländlich gelegen, erfuhren starken Zuspruch von regionalen Trainern (mit Ausnahmen). Beide boten eine Mischung aus Steeple Chases und Hürdenrennen zuzüglich einem Bumper in Warwick.

Die Rennbahnen

Top gepflegt präsentiet sich das Tribünengebäude in Southwell. Foto: Karina StrübbeTop gepflegt präsentiet sich das Tribünengebäude in Southwell. Foto: Karina StrübbeSehr unterschiedlich, aber keine fiel negativ auf. Southwell macht den hochwertigsten Eindruck: Ländlich gelegen, sehr gepflegt und schön fertig gemacht bot sie einen angemessenen Rahmen für ein Grupperennen. Wolverhampton stellt, obwohl ebenso einer der Allwetterbahnen schon einen Gegensatz dar: Schmucklos-zweckmäßig, quasi Inbegriff einer Industriestadt wie Wolverhampton. Der Zugang erfolgte bauarbeitsbedingt durch das benachbarte Hotel. Kurz: Basissport auf Englisch. Ludlow und Warwick: nicht mehr ganz neu, aber sehr ordentlich gepflegt. Alle Bahnen waren sauber, insbesondere bei den Hindernisbahnen fiel er enorme Personaleinsatz auf. In Ludlow befinden sich Führring, Waage und ein Großteil der Parkplätze im Innenraum der Bahn. Mehrere zentrale Zufahrtswege kreuzen das Geläuf und alle müssen vor jedem Rennen ab- und danach wieder aufgesperrt werden. Hinzu kommen zwei Übergänge für das Rennbahnpublikum zur Tribüne und zurück in den Innenraum. In Ludlow lohnt sich der Gang auf das begehbare Tribünendach: super Überblick über das gesamte Areal.

Kein Zweifel möglich, wo man sich befindet, Führring in Wolverhampton. Foto: Karina Strübbe

Für alle Bahnen gilt: Wir haben nur freundliche und begeisterte Menschen getroffen: hervorragender Service, egal ob beim Eingang, wenn es um Essen und Trinken ging oder auch um die spezielle Anfrage von zwei Deutschen, ob es möglich sei, Gepäck während des Renntags aufzubewahren (Southwell). Alles kein Problem und gerne gelöst. Da kommt man gerne wieder.

Was noch positiv auffiel: Separate Räume für die „Winning Connections“. Das kannten wir in der Form noch nicht, gehören aber allem Anschein nach dort zum Standard, denn wir sahen sie auf mindestens drei der Bahnen: Räume mit Sitzplätzen, bereitgestellten Snacks und Drinks in Form von Wein und/oder Sekt sowie Kaffee für die siegreichen Teams nach den jeweiligen Rennen. Wir sahen mehrfach, wie das Angebot, insbesondere im Fall von Besitzergemeinschaften, genutzt wurde und fanden dies eine schöne Einrichtung.

Rahmenprogramm und Publikum

Buntes Treiben im Führring in Southwell vor dem Winter Derby. Foto: Karina StrübbeBuntes Treiben im Führring in Southwell vor dem Winter Derby. Foto: Karina StrübbeHier muss Ludlow hervorgehoben werden, man lud zu einem Behind-the-Scenes-Renntag während der englischen Half-Term-Schulferien. Geboten wurde nahezu alles, was man auf einer Rennbahn so erleben kann: Rennbahnbegehung, Führung durch die Waage inkl. Interview mit dem Abwieger, Tour zur Startstelle, eine Präsentation von vier Ex-Rennpferden (alle unter dem Sattel), das Satteln eines Pferdes mit dem örtlichen Trainer Henry Daly und acht Rennen gab es dann natürlich auch noch. In Warwick gab es nach den Rennen noch einen öffentlichen Galopp von 17 potenziellen Cheltenham-Startern, darunter mit  Protektorat der letztjährige Sieger der Ryanair Chase, ansonsten beschränkte man sich überall auf das Wesentliche: Pferderennen statt Show- und Parallelprogramm.

Eingang zur Rennbahn Warwick. Foto: Karina StrübbeEingang zur Rennbahn Warwick. Foto: Karina Strübbe

Southwell und Ludlow waren gut besucht, Warwick war richtig voll, obwohl der dortige Publikumsbereich der wohl weitläufigste war. Allerdings scheinen englische Rennbahnbesucher sich anders zu bewegen als deutsche. Die auf deutschen Rennbahnen zu beobachtende kollektive Wanderbewegung zwischen Führring und Tribünenbereich, teilweise auch Absattelring, haben wir auf den vier besuchten Bahnen in der Form nicht erlebt. Klar gibt’s diese Besucher auch, aber die Hauptaufenthaltsorte scheinen auf den englischen Bahnen doch eher die zahlreichen Bars, Wett- und Tribünenbereiche zu sein.

Infrastruktur

Blick vom Tribünendach auf das Geläuf in Ludlow. Foto: Karina StrübbeBlick vom Tribünendach auf das Geläuf in Ludlow. Foto: Karina StrübbeWir waren ausschließlich mit ÖPNV unterwegs. Das funktionierte gut, wir gehörten damit jedoch eindeutig zur Minderheit der Rennbahnbesucher. Die große Mehrheit kam mit dem Auto. Wenn ein Shuttle angeboten war (Ludlow), funktionierte der reibungslos, wenn man von kurzen Ausbrüchen des Volkszorns absieht, als es eine Gruppe Jugendlicher versuchte, das ungeschriebene Gesetz des ordentlichen Schlangestehens zu brechen. Wer mit Bahn anreist, sollte aber besser gut zu Fuß sein, der Weg vom Bahnhof zur Rennbahn ist mitunter nicht ganz kurz (Warwick, Wolverhampton, Ludlow).

Fürs leibliche Wohl ist überall gesorgt, kein großer Unterschied zu Deutschland: Vom Sandwich über Pies und Burritos bis hin zu Fish & Chips und Burger. Günstig sind Speis und Trank indes nicht, ebensowenig wie der Eintritt, wenn man vom „Fiver Friday“ (5 Pfund) in Warwick absieht. Unter 20 Pfund Eintritt ist eher die Ausnahme, wohlgemerkt bei Renntagen im Winter.

Das Fazit

Full House in Warwick. National Hunt zieht auch am Freitagnachmittag. Foto: Karina StrübbeFull House in Warwick. National Hunt zieht auch am Freitagnachmittag. Foto: Karina StrübbeZu beeindrucken wussten Organisation und Gepflegtheit sowohl der Rennbahnen als auch mit Blick auf die Pferde und deren Betreuung. Die Abläufe fielen als sehr durchgetaktet auf mit so gut wie keinen Abweichungen oder Ausfällen. Ablauf und Organsiation fielen auch mit Blick auf die Pferde positiv auf. Durch Weitläufigkeit von Führring und Pre-Parade-Ring sowie durchdachten Weg zum und vom Geläuf waren die Pferde abgeschirmt vom Trubel, ohne dass dies auf Kosten der Sichtbarkeit der Pferde fürs Publikum ging.

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