Post aus Prag: Die Geschichte einer Pardubitzer Legende
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TurfTimes:
„Pferderennen sind bei uns leider eine Randsportart. Ich habe aber noch immer einen Traum, dass es bei uns einmal ein Pferd geben wird, bei dessen Starts die Straßen in unseren Städten so leer sein werden wie bei Spielen der Nationalmannschaft,“ sagte einmal der tschechische Zahnarzt Václav Bruna, dessen schwarz-gelbe Farben seit dem Ende der 90er Jahre vor allem in Hindernisrennen zahlreich vertreten waren. Obwohl inzwischen das eine oder andere Pferd aus Osteuropa auf Blacktype-Ebene erfolgreich war, Brunas Vorstellung über leere Straßen während des Prix de l‘ Arc de Triomphe oder Cheltenham Gold Cups hat sich bis heute nicht erfüllt. Dennoch – als am Donnerstag aus seinem Trainingszentrum im ostböhmischen Zámrsk die Nachricht kam, dass im stolzen Alter von 29 Jahren der dreimalige Sieger der Großen Pardubitzer Peruán (Agadir) abgetreten ist, sorgte sie für Interesse in großen Medien und wurde auch von Laien massiv auf Sozialnetzwerken geteilt. Den Namen des in Znaim geborenen Kämpfers kannte seiner Zeit nämlich fast jeder.
Im Land, wo Cross Country-Rennen enorm populär sind, galt Peruán vor 20 Jahren als ein vollkommen neuer Typ eines Klassesteeplers, der neben gutem Springvermögen genügend Schnelligkeit besitzt, um in klassischen Steeplechase mitzumischen, und gleichzeitig die nötigen Steherqualitäten für lange Cross Country-Rennen hat. Nach der „Entschärfung“ des Pardubitzer Kurses im Jahre 1994 und der darauffolgenden Partnerschaft mit Cheltenham und anderen Rennbahnen in England und Frankreich entwickelte sich der Enkel des großen Korok (Pardubitzer Sieger 1969, 1971 und 1972) zu einem der ersten Hindernisstars der modernen Ära. Nach zahlreichen Erfolgen in kurzen Steeplechase gelang ihm 1997 ein historischer zweiter Platz in der Sporting Index Steeplechase in Cheltenham.
Danach siegte er dreimal hintereinander in der Großen Pardubitzer Steeplechase. Mit seinem ständigen Reiter Zdenek Matysík verbrachte er die ersten fünf Kilometer immer im hinteren Teil des Feldes und kam erst in der letzten Meile mit dem entscheidenden Finish, das im Fernsehen wie eine groß inszenierte Aufholjagd herüberkam und als solche Hunderte Tausende von Zuschauern faszinierte. Bis heute unvergessen ist das epische Finale von 1999, als der lokale Held den mächtigen Risk Of Thunder, die Legende aus Punchestown, auf schwerem Boden bezwungen hatte. Insider sagen, dass Trainer Enda Bolger und Besitzer JP McManus bis heute nicht so richtig begriffen haben, wie es passieren konnte.
Peruán war damals für das Pardubitzer Milieu etwas wie Corbierre, da er als erster Sieger in der mehr als hundertjährigen Geschichte des Rennens von einer Frau – Lenka Horáková – trainiert wurde. Mit jedem weiteren Erfolg kam er aber mehr und mehr an Red Rum heran. Besser gesagt: an den einzigen viermaligen Sieger der Großen Pardubitzer Zelezník (Zigeunersohn). 2001 sollte Peruán mit der bis heute unerreichten Legende gleichziehen, aber nach einem kontroversen Finish wurde er knapp von Chalco und einem in Überform agierenden Peter Gehm geschlagen. Das Team des bis in die äußerste Außenspur verdrängten Held reichte zwar Protest wegen Kreuzen ein, der aber abgewiesen wurde.
Danach lief der Wallach noch in drei Rennen, blieb aber sieglos.
Seine Karriere beendete er im August 2003 im Alter von 15 Jahren mit 20 Siegen von 58 Starts, seine Gewinnsumme betrug stolze 7 Millionen Kronen (etwa 256.400 Euro). Der Besitzer Václav Bruna sorgte für einen ruhigen Lebensabend seines Schicksalspferdes. Peruán blieb bis zu seinen letzten Tagen auf seiner alten Koppel und in seinem Stall. Einige Male führte er – wie Red Rum – die Starter der Großen Pardubitzer auf die Parade vor den Tribünen. In Zámrsk wurde er lange Jahre von zahlreichen Fans besucht.
Peruán ist übrigens nicht der einzige Sieger der Großen Pardubitzer, über den man diese Woche gesprochen hatte. Die vom Gestüt Görlsdorf gezogene und in den Jahren 2003 und 2004 erfolgreiche Registana (Tauchsport) feierte einen weiteren Zuchterfolg, als ihr in Polen trainierte Sohn Reki (Look Honey) nach dem Crystal Cup auch den Wroclawska Trial (4200 m) auf der Breslauer Rennbahn Partynice gewonnen hatte. In seinem Sattel war erneut der Schwede Niklas Lovén und der fünfjährige Wallach schlug mit dem zweiten Netto (Kornel) und der dritten Poinsettia (Egerton) gute Gegner. Ein weiterer Nachkomme von Registana, Reaper (Sholokhov) startet am Samstag in der dritten Qualifikation zur Großen Pardubitzer, er selbst ist aber für den Saisonhöhepunkt bereits qualifiziert. Die Zeichen stehen also nicht schlecht, dass die rechte Schwester des deutschen Kultsteeplers Registano auf sich als Mutterstute noch aufmerksam machen wird.
Peruán und Registana gehörten zu den ersten osteuropäischen Steeplern nach langen Jahren, die sich zwar auf höchster Ebene in Cheltenham versuchten, aber am sonsten vor allem zuhause starteten. Die Zeiten haben sich in diesem Metier inzwischen stark geändert. Wie das Portal galoppp-reporter.cz berichtete, haben diese Woche tschechische Hindernispferde den historischen Rekord in der Zahl von Auslandssiegen gebrochen. Der 59. Sieg in der laufenden Saison wurde am Dienstag von Al Bustan (Medecis) unter Jan Faltejsek in einer Listensteeplechase in Meran erzielt. Mehr als die Hälfte von diesen Erfolgen kam in Italien zustande, weitere Destinationen heißen Frankreich, Polen und Schweden. Das in den Zeiten von Peruán und Registana so oft besuchte Deutschland ist 2017 nur mit einem Mannheimer Sieg von Greg Wroblewski vetreten.
Das weitere Geschehen in der Region diesmal in Kürze. Einen großen Tag erlebte am letzten Sonntag in Bratislava der slowakische Champion Zdenko Smida, der nicht weniger als fünf Siege feierte. Der kostbarste kam im Hauptrennen, dem Turfpreis (2400 m, 7000 Euro) zustande, wo Smida mit dem Dritten aus dem Prager Derby George Boole (Art Connoisseur) den haushohen Favoriten Oriental Sky (Tiger Hill) um einen Kopf geschlagen hatte. Der aus der Auenqueller Zucht stammende Sieger des slowakischen Goldpokal hatte im sechsköpfigen Feld mit Fantastic Lacy (Manduro) sogar einen Stallkollegen, der aber ein wesentlich langsameres Tempo machte, als Oriental Sky brauchen würde. Eine Nase hinter ihm landete auf dem dritten Platz ein weiterer Dreijähriger Gaston (Youmzain), für den es nach dem zweiten Platz im Slowakischen Derby das erste Kräftemessen mit älteren Pferden war.
Eine gewisse Überraschung gab es auch im größten ungarischen Sprint Kozma Ferenc Emlékverseny (1200 m, cca 14 700 Euro), wo bereits der erste Favorit Duce (Fuisse) wie der Sieger aussah, wurde aber mit dem im Gestüt Bábolna geborenen 8-jährigen „Oldie“ Meteorit (Kegyúr) abgefangen und um 2 Längen geschlagen. Auf dem Schützling von Róbert Fézer präsentierte sich mit einem guten Ritt Nicola Pinna. Meteorit peilt nun das 1000 Meter lange Overdose díj an, wo er Anfang September auf gute Gegner aus Tschechien und Österreich treffen wird. Mit einem deutschen Zuchterfolg endete das traditionelle Zweijährigen-Rennen Masis-Preis (1200 m, cca 5200 Euro) in Karlsbad, das sich die im Gestüt Harzburg geborene Love Connection (Amico Fritz) unter Jirí Chaloupka sicherte. Auf der letztjährigen BBAG-Oktober-Auktion wurde sie von Trainer Karel Germic für den Stall Tahlo Sefrany für 3500 Euro gekauft.
Martin Cáp, Prag