TurfTimes:
Ausgabe 176 vom Donnerstag, 04.08.2011
Das ist ein Rennen wie der Zuckerguss auf der Turf-Torte. Etwas ganz Besonderes. Der 153. Henkel-Preis der Diana in Düsseldorf hat mit einer Gewinnsumme von 400.000 Euro die zweithöchste Dotierung eines deutschen Galopprennens und ist nach dem Deutschen Derby das wichtigste Turf-Ereignis des Jahres. Gesucht wird nicht nur die beste Stute im Land, mehr noch: auch die internationale Konkurrenz tritt zum Kräftemessen an. Es handelt sich nämlich um ein Rennen der sogenannten Europa-Gruppe I, was das höchste Qualitätssiegel ist, das der Galopprennsport zu vergeben hat. Am ehesten noch vergleichbar mit der Champions-League im Fußball . Auf jeden Fall großes Galopp-Kino, das in diesem Jahr wieder unter dem Patronat von Henkel auf dem Düsseldorfer Grafenberg laufen wird.
Es ist zugleich das älteste klassische Rennen, das in Deutschland gelaufen wird. Den Preis der Diana gibt es schon seit 1857. Das Deutsche Derby in Hamburg kam erst 12 Jahre später. Doch trotz aller Traditionen ist das Rennen lebendig geblieben, seit 2006 wird es als Henkel-Preis der Diana in Düsseldorf gelaufen. Mit Almerita in den Rennfarben des erfolgreichen Züchters Dr. Christoph Berglar gab es unter dem Weltklassejockey Darryll Holland gleich eine würdige Siegerin bei der ersten Düsseldorfer „Wieder“-Auflage des Rennens, das schon so viele Stuten zu großem Ruhm und deren Besitzern zu sehr viel Geld verholfen hat. Denn so ein klassisches Rennen kann ein Pferd nur einmal gewinnen, im Alter von drei Jahren nämlich. Der Wert eines Rennpferdes steigt durch einen Sieg in so einem Rennen enorm, nicht selten kommen nach dem Diana-Erfolg die Kaufangebote aus dem Ausland, wo die kostbaren Stuten für die Zucht einsetzt werden.
Andreas Löwe und Mystic Lips nach dem Sieg im Henkel-Preis der Diana. www.duesseldorf-galopp.de - K.-J. TuchelBestes Beispiel dafür war die noch zu Mülheimer Zeiten des Rennens im Jahr 2001 als Riesenaußenseiterin zur Siegerin aufgestiegene Silvester Lady. Ein Pferd mit einer besonderen Geschichte. Die Besitzerin Edeltraud Held hatte die Fuchsstute bei einer Tombola zur Millenniums-Silvesterfeier in der Kölner Rennbahn-Gaststätte gewonnen. „Damals“, so erinnert sich der Trainer Andreas Löwe, „wurde ich gefragt, ob ich mich nicht an dem Pferd beteiligen wollte, doch ich habe höflich nein gesagt, wirtschaftlich sicher eine falsche Entscheidung“, räumt er in der Rückschau ein, „denn 18 Monate später war sie Diana-Siegerin und wurde für sehr viel Geld nach Amerika verkauft.“ Für Löwe indes bleibt der Erfolg als Trainer mit der großen Außenseiterin, für die es an den Wettkassen für einen Einsatz von 10 Euro satte 203 als Gewinn zurückgab. Sieben Jahre später holt Andreas Löwe noch eine Diana-Gewinnerin vom Geläuf: Mystic Lips hieß die überlegene Siegerin für den Stall Lintec unter Andreas Helfenbein, dem Jockey, dem der Kölner Trainer auch für die 153. Ausgabe im Henkel-Preis der Diana das Vertrauen schenkt und ihn für den Ritt auf Djumama gebucht hat, die sicher als eine der Mitfavoritinnen ins „Deutsche Stutenderby“ gehen wird.
Djumama aus dem Stall von Trainer Andreas Löwe: Unter Andreas Helfenbein feiert sie beim Diana-Trial in Düsseldorf eine gelungene Generalprobe für den Henkel-Preis der Diana. www.duesseldorf-galopp.de - K.-J. TuchelAndreas Löwe gilt als Trainer mit einem besonderen Händchen für die Stuten, „was ich durchaus als Kompliment ansehe“, gibt der 68jährige Kölner zu, „Stuten sind eigentlich leistungsbereiter als Hengste, vorausgesetzt man schätzt und achtet sie“, gibt er Einblicke in seinen Traineralltag, „aber die registrieren auch genau, ob man achtlos an ihrer Box vorbeigeht, oder sie doch mal streichelt, und die in der Box gegenüber ist sicher eifersüchtig“, lacht er, „dass ist ein bisschen wie mit den Frauen, man muss sie wertschätzen.“
Dass die Pferde-Damen dabei nicht schlechter sind als die Hengste, haben sie immer wieder bewiesen. Gleich vier Derbysiegerinnen schafften das Double, gewannen nach der Diana auch gegen die Hengste im Deutschen Derby: Nereide 1937, Schwarzgold 1940, Asterblüte 1949 und Lustige 1955. Alle vier genannten Pferde, und noch einige mehr, die zu nennen es ein ganzes Buch bräuchte, gehören sicher in die „Hall of Fame“ des deutschen Galopprennsports. Der Henkel Preis der Diana ist eben ein ganz besonders Rennen, wer das gewinnt, ist eines der Top-Pferde des Jahres und oft auch eine Stute, die in der Vollblutzucht über ihrer Kinder und Kindeskinder noch Turf-Geschichte schreiben kann.
So ähnlich stellt man sich das Rennpublikum anno 1857 vor, die Aufnahme ist jedoch 2010 auf dem Düsseldorfer Grafenberg entstanden. www.dequia.deDer Henkel Preis der Diana ist ein großes Rennsportfest mit mehr als 20.000 Zuschauern auf dem Düsseldorfer Grafenberg, was die Bedeutung dieses Rennens unterstreicht. Die erste Siegerin, Sinope in den Rennfarben des Grafen von Alvensleben, lief noch in Berlin-Tempelhof über die Ziellinie, was bildlich jedoch nicht dokumentiert ist. Die Fotografie steckt damals noch in den Kinderschuhen und die Zuschauer kamen mit Kutschen auf den Rennplatz. Doch damals wie heute waren solche Rennen auch immer ein gesellschaftliches Ereignis. Rassige Vollblüter, spannende Rennen inmitten der Natur, die bessere Gesellschaft in feiner Garderobe, das Rennpublikum beim Picknick auf der Wiese, dazu der Nervenkitzel des Wettens.
Die Rennorte, an denen der Preis der Diana gelaufen worden sind, haben im Lauf der Geschichte mehrfach gewechselt, die Bedeutung des Rennens ist im Lauf der Geschichte eher noch gewachsen. Dabei war es die ersten 87 Jahre in Berlin – allerdings auf drei verschiedenen Rennbahnen: Von 1857 bis 1867 in Berlin-Tempelhof, von 1868 bis 1917 in Hoppegarten, von 1918 bis 1922 in Berlin-Grunewald und dann wieder von 1923 bis 1944 in Hoppegarten. Kriegsbedingt fiel das Rennen 1945 und 1946 aus. Dann fand es schon einmal 1947 in Düsseldorf statt, die Siegerin war damals Gestüt Röttgens Königswiese, um dann lange Jahrzehnte von 1948 bis 2003 in Mülheim an der Ruhr zu einer festen Größe zu werden. Zwei Jahre lang war dann der Hamburger Renn-Club der Veranstalter, bis im Jahr 2006 der Düsseldorfer Grafenberg zur neuen Heimat dieses Rennes wurde. Das hatte sich bis dahin auch sportlich richtig raus geputzt: mit dem Prädikat „Gruppe I-Rennen“ und der Anpassung der Renndistanz auf nunmehr 2200 Meter.
Alleine die Teilnahme an diesem Rennen ist etwas Besonderes. Den hier treffen sich die besten dreijährigen Stuten des Landes, die den Atem für lange 2200 Meter haben. Meist wollen mehr Besitzer ihre Pferde laufen lassen als Startplätze vorhanden sind - und zahlen dafür einen stolzen Preis. Allein die Nennung kostet 6.000 Euro und die erste Rate ist schon ein Jahr vor dem Rennen fällig, wenn die Pferde gerade erst „das Laufen lernen“ und noch gar nicht richtig eingeschätzt werden können. Am Ende gehen nur die besten Stuten in die Startboxen, die die sich in Vorbereitungsrennen, die oft als Diana-Trial betitelt sind, qualifiziert haben. Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit der Nachnennung, wenn man den ersten Termin verpasst hat: 40.000 Euro kostet der Spaß. Gleich drei Besitzer haben die Option in 2011 genutzt. Bis zum dritten Platz kommt das Geld wieder rein. Danach gehört man zu den Verlierern. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Der Rennsport lebt von der Hoffnung. Niemand kann schon jetzt sagen, wer die Siegerin im 153. Henkel-Preis der Diana wird. Und das ist das Schöne daran.
Der Vorbericht zum Hören als Podcast mit Dennis und Peter Schiergen, Andreas Löwe und Torsten Mundry