TurfTimes:
Ausgabe 162 vom Donnerstag, 28.04.2011
An einem Sonntag wie diesem mit drei Rennveranstaltungen wird deutlich, woran es im deutschen Rennsport mangelt. Nicht an Besuchern, die kommen in jüngster Zeit reichlich und wetten auch mehr als letztes Jahr. Nicht unbedingt an Pferden, nein an Jockeys. Der unlängst erfolgte Anruf eines Verantwortlichen, der sich nach Kontaktdaten ausländischer Fachkräfte erkundigte, war symptomatisch. München-Riem hätte Ostermontag garantiert weniger Starter gehabt, wenn nicht drei Herren aus Frankreich eingeflogen wären. Andere Vereine planen ähnliche Aktionen.
Der Nachwuchs ist dünn gesät, ist eigentlich gar nicht mehr vorhanden. Die Spitze der Branche ist in bereits gesetztem Sportleralter „Dreißig plus“, in der derzeitigen Top Ten sind mit Sabrina Wandt und Steffi Hofer gerade einmal zwei Aktive in jüngerem Alter, denn auch Henk Grewe ist mit seinen 28 Jahren kein Youngster mehr. In Frankreich gibt es kaum noch zu zählende Jockeys um die zwanzig, die jetzt schon europäische Spitze verkörpern.
Die rührige Jockeyschule in Köln kann da nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Der dort tätige Kai Schirmann nennt die Zahl von 57 Auszubildenden, die derzeit in den Ställen tätig ist, „wenig“, sagt er. Zwanzig gehören laut dem WRK zu den aktiv reitenden, viele davon haben kaum wettbewerbsfähige Gewichte. Spaßeshalber haben wir einmal einen Rennkalender von vor 50 Jahren aus dem Regal genommen: 1961, als in der damaligen BRD allerdings noch 100 Rennen mehr als heute gelaufen wurden, sind achtzig „Lehrverträge für Jockeylehrlinge“ aufgelistet. Eine junge Dame war im Übrigen nicht darunter.