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Deutsche Elemente im NH-Sport

Lord Lariat holt sich überraschend das Irish Grand National. Foto: courtesy by Goffs

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 715 vom Freitag, 22.04.2022

Während sich die Hindernis-Saison in dem England dem Ende nähert (am Samstag werden in Sandown die Champions gekürt), standen und stehen in Irland noch ambitionierte Meetings an. Cork und das Meeting um das Irische Grand National standen am vergangenen Wochenende an, mit einigen aus deutscher Sicht interessanten Ergebnissen.

Ein potentieller Superstar ist Galopin des Champs, der sich mit seinem unblutigen Sieg in der Boylesport Gold Cup Novices Chase (Gr.1, ca. 4000m) für seinen unglücklichen Sturz beim Cheltenham Festival schadlos hielt.  Von Trainer Willie Mullins mit großen Vorschusslorbeeren überhäuft und als zukünftiger Cheltenham Gold Cup – Teilnehmer (wenn nicht – Sieger) gehandelt, hat der 6j. Wallach über seinen Vater Timos (GER) eine interessante deutsche Note. Der vom Gestüt Etzean gezogene Sholokhov-Sohn aus der Surumu-Tochter Triclaria wurde 2006 für 46.000€ über die BBAG nach Frankreich verkauft, und war für die Doumen-Familie in den legendären Farben der Marquesa de Moratalla u.a. Listen-Sieger und Gr.2-platziert. 2008 wurde er in im Preis der Jährlingsauktion Zweiter hinter Bella Amica, im Sattel saß seinerzeit Terence Hellier. Timos' Pedigree erhielt durch seine Schwester, die Beverley D Stakes (Gr. I)-Siegerin Sea Calisi (Youmzain), u.a. Dritte in den Yorkshire Oaks (Gr.1), eine nicht unerhebliche Aufwertung. Timos selber hat es in seiner Deckhengstkarriere jedoch wenig geholfen, lediglich eine Handvoll Nachkommen sind verzeichnet, keiner auch nur annährend in der Liga eines Galopin des Champs. Er srand im Haras de Saint Fray, die letzten Fohlen wurden 2019 registriert. 

Zuvor hatte Willie Mullins zusammen mit Stalljockey Paul Townend bereits das andere Gr.1 Highlight der Karte gewonnen, als kleine Überraschung zudem. Die von Harry Fry in England trainierte Love Envoi, zuletzt Gr.2-Siegerin beim Cheltenham Festival und bei sechs Starts bis dahin ungeschlagen, büßte diesen Nimbus auf irischer Scholle nun ein: gegen Brandy Love (Jet Away) war an diesem Tag kein Kraut gewachsen.

Der alte Haudegen Melon, inzwischen 10j. und eine Art Evergreen des irischen Hindernissports, gewann, nachdem er zuvor seit 2019 sieglos war, sein zweites Graded Rennen der laufenden Saison. Mehrfach auf höchster Ebene auch und vor allem beim Cheltenham Festival platziert, war der Gr3. Erfolg in Corks Baroneracing.com Chase wohlmöglich Formsache, aber auch ein Sieg fürs Herz. Als Züchter des enigmatischen Wallachs, was seine Abstammung nur von theoretischem Interesse macht, zeichnet Newsells Park Stud; Mutter ist die Platini-Tochter Night Teeny. Als Halbschwester zu Night Petticoat stammen beide aus der Rocket-Tochter Nightrockette; dies selbstredend die berühmte Wittekindshofer Familie, die sich bis auf die vom legendären Federico Tesio gezogenen Nella da Gubbio zurückverfolgen lässt. Über Night Teenys Tochter Neele, in den Stall Nizza Farben immerhin ein 92,5kg. Pferd, ist dies natürlich auch die Familie von u.a. Nutan und Nymphea.

Zu seinem bereits elften Erfolg kam der von Joseph O`Brien für JP McManus trainierte Darasso. Sein Sieg im Rahmenprogramm des Irish Grand Nationals war sein zweiter auf Grade2-Ebene, bei 33 Starts hat der 9j. Wallach bereits über 370.000 Pfund zusammengaloppiert.  Er ist ein Sohn des von Christian Sprengel für den Stall Route 66 trainierten König Turf, nun auch schon 20 Jahre jung. Es wäre etwas übertrieben, ihn als letztes Klasse-Pferd seines Trainers zu bezeichnen, aber der Big Shuffle-Sohn aus der Ile de Bourbon-Tochter Kaiserin markierte eine wahre Hoch-Zeit für das hannoversche Quartier. Als Halbbruder des ebenfalls von Sprengel trainierten König Concorde, und Sprössling der alten Zoppenbroicher K-Familie, der vor allem kein Geringerer als der erste und einzige deutsche Triple Crown-Sieger Königsstuhl entstammt, verfügte der im Rennstall mit 96kg. bedachte König Turf durchaus über solide Meriten. Dennoch musste sich der Dunkelbraune seinen Ruf als solider Hindernisbeschäler hart erarbeiten, hat es aber mit wenig Hilfe der ihm zugeführten Stuten geschafft, eine Vielzahl von mehr als soliden Hindernispferden zu stellen. In England/ Irland waren bzw. sind dies vor allem eben Darasso und der ebenfalls in Martinstown-Farben laufende Sully D´OC, auch Front View und Quartz Du Rheu waren mehr als nützliche Pferde und trugen ebenfalls die ikonische grün-goldene Seide. 

Dass ein Grand National, gleich welcher Nation, immer ein Rätselraten und für eine Überraschung gut ist, weiß man nicht nur aus Aintree. Nur hier wird das Rennen zwar über die so häufig besprochenen einmaligen Hindernisse gelaufen; ein Marathon-Test auf Herz und Nieren ist das Rennen auch in jedem anderen Land, sei es Wales, Schottland oder eben Irland, von kleineren, lokalen Austragungen ganz zu schweigen.

Der Doppelschlag, der dem irischen Trainer Dermot McLoughlin sozusagen vor der eigenen Haustür gelang, ist einzigartig und kommt dem berühmten Sechser im Lotto gleich. Schon sein Sieg in der 2021er Austragung, als der von ihm trainierte Freewheelin Dylan als 150-1 (!) Außenseiter gewann, war eine jener Geschichten, wie nur der Rennsport sie schreiben kann. Dass der Trainer aber in diesem Jahr erneut den Sieger stellen würde, der zudem als 40-1 Außenseiter erneut nicht eben zum Favoritenkreis zählte, hätten wohl nur die wenigsten erwartet. Doch der sieben Jahre alte Lord Lariat, erst im letzten Jahr in dieses Quartier gewechselt und als eines der Leichtgewichte soeben ins Feld gerutscht, hatte andere Ideen und lief bei seinem insgesamt sechsten Sieg das Rennen seines Lebens. Rund sieben Längen zurück wurde Favorit und Höchstgewicht Gaillard de Mesnil, der versuchte, der Sieger beinahe 12kg an Gewicht zu geben, heroischer Dritter.  10 Starter hatte Gordon Elliott gesattelt, wie schon in Aintree bedeutete diese Masse aber keine „Klasse“, auch wenn sich Stalljockey Jack Kennedy mit Frontal Assault für das richtige Pferde entschieden hatte und am Ende als Zweitplatzierter noch am weitesten kam.

Catrin Nack

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