Post aus Prag - Derby im September und vorerst drei Rennbahnen

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 617 vom Freitag, 08.05.2020

In der ersten Welle der europäischen Länder, die im Mai wieder den Rennbetrieb aufnehmen, ist auch Tschechien. Der erste Renntag ist auf den Montag 18. Mai im nordböhmischen Most geplant, genau 43 Tage später, als der ursprünglich geplante Saisonbeginn stattfinden sollte. Vorerst rechnet man im tschechischen Jockey Club mit 8 Renntagen ohne Zuschauer und Besitzer auf den Rennbahnen Prag, Most und Karlsbad. Die erste Phase ist bis 3. Juli geplant. Wie es dann weiter geht, hängt vollkommen von der aktuellen Situation ab. Schon jetzt ist aber klar, dass alle klassischen Rennen an neuen Terminen stattfinden werden – die 1000 Guineas am 12. Juni, 2000 Guineas am 28. Juni, die Oaks am 9. August, das Derby am 6. September und St. Leger am 25. Oktober. Schon jetzt ist also sicher, dass das 100. Tschechische Derby im spätesten Termin in seiner Geschichte stattfinden wird. Der bisherige „Rekord“ war der 2. September im Jahre 1945.

Als in dieser Woche die erste Terminliste veröffentlicht wurde, fiel vor allem ein Detail auf – Pardubitz ist die einzige von den vier größten Rennbahnen des Landes, die keine „Geisterrennen“ veranstalten wird. Von der offiziellen Seite heißt es, dass man abwarten will, wann es möglich sein wird, mindestens teilweise mit Zuschauer veranstalten zu können. Damit fallen nicht nur die ersten zwei Qualifikationen für die Große Pardubitzer ins Wasser, aber auch Hindernisrennen allgemein. In den Ausschreibungen der ersten acht tschechischen Renntage gibt es lediglich zwei Steeplechase in Karlsbad. Als Priorität gelten jetzt vor allem Flachrennen und Zuchtprüfungen der Dreijährigen. Die Mehrzahl der tschechischen Rennställe beschäftigt sich allerdings auch mit Hindernispferden, mit denen man nun die weitere Entwicklung und vor allem die italienischen und französischen Terminlisten abwarten muss.

Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in Tschechien keine Senkung der Rennpreise und auch kein Verbot von ausländischen Startern. Das Derby behält seine ursprüngliche Dotation von 2 Millionen Kronen (ca. 74 000 Euro). Die hygienischen Bestimmungen der Rennen ohne Zuschauer und Besitzer vor Ort entsprechen im wesentlichen den Vorgaben aus Irland und Deutschland. Der Hauptunterschied ist die Finanzierung der Rennen, denn die Wettumsätze spielen in Tschechien nur eine marginale Rolle. Der Hauptteil des Geldes kommt seit Jahren aus dem Sponsoring, was in der jetzigen Situation ein großes Problem ist. Bis auf weiteres teilen sich der Jockey Club und die Rennvereine die Kosten. Gespräche mit einem neuen generellen Partner des Rennsports für die nächsten vier Jahre stehen kurz vor dem Abschluss.

In den letzten Jahren haben tschechische Rennställe mehr Geld im Ausland als Zuhause verdient, die besten Pferde des Landes wie Nagano Gold (Sixties Icon) oder Subway Dancer (Shamardal) spezialisieren sich fast ausschließlich auf Blacktype-Rennen in Frankreich und das Hauptziel der Hindernisställe bleibt nach wie vor Italien. Die strengen Ausreisebedingungen und auch die vorläufigen Restriktionen von ausländischen Startern in manchen Ländern stellen eine weitere ernste Komplikation dar. Die meisten Top-Pferde sollten deshalb in den nächsten Woche in Prag, Most oder Karlsbad zu sehen sein.

Martin Cáp, Prag