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Post aus Prag: Caccinis Griff nach den Sternen

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 431 vom Donnerstag, 18.08.2016

Nach den Sternen zu greifen, das kann im Rennsport verschiedene Sachen bedeuten, je nach dem, im welchen Land man sich befindet. Turf-Tschechien feiert in diesen Tagen einen ganz besonderen Erfolg, der in einem Zuge mit den einstigen Gruppe-Siegen von Darsalam, Shamalgan, Donn Halling oder Autor genannt wird. Der 5-jährige Wireless (Kentucky Dynamite) aus dem Training von Václav Luka und im Besitz von Milan Kríz siegte im traditionsreichen Grand Handicap de Deauville (1600 m, 100 000 Euro), einen Hals vor dem von Carina Fey vorbereiteten Hello My Love. Im Sattel des Siegers saß Théo Bachelot, der fast ständige Reiter der Luka-Pferde bei ihren französischen Starts. „Etwas ähnliches haben wir noch nicht erlebt, die Stimmung auf der Rennbahn nach dem Sieg war riesig,“ sagte der 37-jährige Trainer, dessen Zentrale „Luka Racing“ in Bosovice unweit der südböhmischen Stadt Písek liegt und der inzwischen auch einige Blacktype-Pferde auf seinem Konto hat.

So ganz überraschend kam aber der Erfolg von Wireless nicht. Der Hengst zeigte bereits im Training von Jean-Claude Rouget gute Leistungen, war u.a. viermal platziert in französischen Listenrennen und endete letztes Jahr als Vierter im La Coupe (Gr.3) knapp hinter Elliptique. Er galt im Stall allerdings als ein Problempferd und endete deshalb in einem Verkaufsrennen, nach dem er im Mai für 28 000 Euro den Besitzer wechselte. Wie lange er in Tschechien bleibt ist fraglich, denn der unter dem Decknamen Leram agierende Kríz, übrigens der Erfinder des Prager European Jockeys‘ Cups, hat bereits mehrere Kaufanfragen aus dem Ausland erhalten. Der in Brünn lebende Pharmazie-Unternehmer konzentriert sich fast ausschließlich auf Frankreich-Starts, in seinen Farben läuft auch der Seriensieger und Ex-Schützling von Yasmin Almenräder Phu Hai (Elusive City).

Einen Griff nach den Sternen haben am letzten Sonntag auch die Polen gewagt. Der Start des aktuellen Warschauer Derbysiegers Caccini (American Post) im Großen Preis von Berlin hat viel Publicity bekommen und mehrere Dutzende von Fans mit Flaggen in Stallfarben haben in Hoppegarten für eine ganz besondere Atmosphäre gesorgt. Im Rennen selbst lief es für den Hengst des Trainers Adam Wyrzyk nicht so rund, denn das Bummeltempo im sechsköpfigen Feld war für Caccini alles andere als ideal. 100 Meter vor dem Ziel sah es aus, dass es für den vierten Geldrang reichen könnte, auf der Ziellinie wurde aber Caccini noch von Shivajia abgefangen.

 „Wenn man glaubt ein richtig gutes Pferd im Stall zu haben, muss man eben auch solche Starts wagen. Es ist wichtig auch für den Rennsport in unserem Land,“ meinte Wyrzyk. „Natürlich hat der Renntag in Berlin wieder den großen Unterschied zwischen den Rennen in Deutschland und bei uns zuhause gezeigt, aber ich bin mit der Leistung des Hengstes gegen Gegner dieses Kalibers zufrieden. Er war ja auch der einzige Dreijährige und somit das unerfahrenste Pferd im Feld." Trotz der Enttäuschung waren auch die meisten Fans von Caccini einer ähnlicher Meinung wie Wyrzyk und waren mit dem Ausflug zufrieden. Auch dank der Gastfreundschaft des Teams von Gerhard Schöningh, das richtig das Potenzial von guten Beziehungen mit Ost-Europa erkannt hatte und seit einiger Zeit intensiv Pferde aus Tschechien, Polen oder Ungarn zu Starts in Hoppegarten lockt. Die Geschichte von Overdose ist nur ein Beispiel, warum sich solche Arbeit gut lohnen kann.

Die kühnen Pläne der Polen und Tschechen im Prix de l’Arc de Triomphe zu starten, werden allerdings nach der letzten Woche ad acta gelegt. Caccini wird höchstwahrscheinlich in das größte polnische Rennen des Herbstes Wielka Warszawska gehen, der letztjährige tschechische Derbysieger Touch Of Genius (Galileo) ist verletzt und wird dieses Jahr nicht mehr laufen und auch der amtierende Sieger des Prager Blauen Bandes Gontchar (Champs Elysees) wird eher im tschechischen St. Leger an den Start gehen. Mindestens ein osteuropäischer Star sollte allerdings nach Baden Baden fahren – der ungeschlagene polnische Triple Crown-Sieger Va Bank (Archipenko) hat zusammen mit dem Ungarn Quelindo (Aussie Rules) eine Nennung für den Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gr.3).

Martin Cáp, Prag

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