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NH-Saison 2015/2016 - eine Zwischenbilanz

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 394 vom Donnerstag, 19.11.2015

Auch wenn die Temperaturen bisher eher auf einen nahenden Sommer denn auf den Beginn des Winters schließen lassen, so befinden wir uns doch mitten in der „dunklen“ Jahreszeit;  für Fans der Sparte bedeutet dies National-Hunt-Saison  - eine kleine Anekdote am Rande: es war Trainer Andrew Balding, der einst als Erstklässler auf die Frage, welche Jahreszeiten (im Englischen „seasons“) es gäbe: „Well, the Flat Season and the National Hunt Season“ antwortete.

Die Traditionsbahn von Cheltenham hielt am vergangenen Wochenende bereits das zweite Meeting der Saison ab; aktuell „The Open“ genannt, gruppieren sich diverse hochklassiger Graded-Rennen um den Paddy-Power Gold Cup,  ein Gr. 3 Handicap über 4124m. Noch unberührt von den tragischen Ereignissen in Frankreich am Freitagabend, gab an diesem Tag der letztjährige World-Hurdle Sieger More of That, seit dem Sieg in 2014 nur sporadisch am Start, ein durchaus beeindruckendes Debüt als Novice Chaser; auf der gleichen Karte brachte sich Shantou Village  ebenso für das Festival ins Gespräch, nachdem sein Grade 2 Sieg für Nachwuchs-Hürdler viel Eindruck machte.   

Sicher haben wir es an anderer Stelle bereits mehrfach erwähnt, aber man kann es gar nicht genug betonen, dass im englischen und irischen Hindernissport - noch viel stärker als während der Flach-Saison - jeder Start eines jeden halbwegs talentierten Pferdes immer dem großen Ziel  „Cheltenham Festival“  im März untergeordnet ist; bei den Stars der Szene wird routinemäßig von eben diesem Monat an rückwärts gerechnet, damit die Trainer ihre jeweiligen Schützlinge optimal vorbereitet an den Start bringen. 
Mit Wolf of Windlesham gewann ein Außenseiter den Triumph Hurdle Trial für die ganz jungen Hürdenpferde, während mit Annacotty im bereits erwähnten Paddy Power Gold Cup ein Pferd vorne war, welches genau zur gleichen Quote (130:10) an den Start kam, damit in diesem Wett-Rätsel aber zum erweiterten Favoritenkreis zählte. Nach einem Stallwechsel nun in der Obhut von Alan King, erinnerte sich der ehemalige Gr. 1 Sieger Annacotty unter Ian Popham, für den der Erfolg nach langen Verletzungspausen besonders wichtig war, an alte Stärken und war ein äußerst populärer Sieger. 

Aber natürlich nicht so populär und nicht so bejubelt wie ein gewisser Sprinter Sacre, der sich am Sonntag in Cheltenham die Ehre gab. Seit seinem letzten Sieg beim Punchestown Festival 2013 (!) hatte der mächtige, fast nachtschwarze Sohn von Network überhaupt nur drei Rennen bestritten und keines mehr gewonnen, nun gab des Wallach sein Saison-Debut in der Shloer Chase, einem Grade 2 Rennen über zwei Meilen. Trainer Nicky Henderson war die Anspannung förmlich anzusehen, nach diversen gesundheitlichen Problemen hatte sich das Team entschlossen, es in dieser Saison noch einmal zu wagen; man wagte, und man gewann. „Er hat uns einige unglaubliche Tage beschert, aber noch keinen wie diesen, weil es heute passieren musste“, so ein erleichterter Henderson nach dem Rennen.

Unter seinem ständigen Arbeitsreiter Nico de Boinville, der nach dem Weggang von Barry Geraghty nun ein Vielzahl von Ritten aus dem Henderson-Stall bekommt, sah man einen wie verwandelt laufenden Sprinter Sacre, der endlich wieder mit der alten traumwandlerischen Sicherheit und Überlegenheit sprang, die ihn in der Saison 2012-13 zum „Frankel des National Hunt Sports“ hatte werden lassen. „Ich habe zum ersten Mal den ‚Cheltenham Roar‘ außerhalb des Festivals gehört, und hatte Tränen in den Augen“, umschrieb ein prominenter Rennbahnbesucher nicht nur seine Emotionen, sondern auch die kochende Stimmung auf der Rennbahn. Nichts liebt der Rennsport so sehr wie einen wiederauferstandenen Helden, und wenn das gut ausgesuchte Rennen auch nur ein erster Schritt war, so war es ein Schritt in die richtige Richtung. In der Tingle Creek muss der inzwischen neunjährige Wallach Anfang Dezember nun Farbe bekennen.

Der erst vierjährige Wallach Old Guard gewann ein weiteres sehr wichtiges Handicap am letzten Tages des Open-Meeting, die Greatwood Hurdle; auch wenn sein junger Nachwuchsreiter Harry Cobden große Gewichtserlaubnisse in Anspruch nehmen konnte, so nahm Trainer Paul Nicholls in der Analyse das Wort „Champion Hurdle“ in den Mund, da muss man aufhorchen.

Bereits vor einigen Wochen hatten Nicholls mit Irving die Elite Hurdle gewonnen, im selben Rennen war der Wallach vor Jahresfrist schwer gefallen. Er könnte nun an diesem Wochenende in Haydock laufen, oder aber die Gr. 1 Fighting Fifth Hurdle in 14 Tagen ansteuern; ein Rennen, das vermutlich noch einmal in Newcastle gelaufen wird (die Rennbahn hat seine Gras-Flachrennbahn in diesem Jahr ja in eine Allwetter-Bahn umgewandelt und leidet traditionell immer stark unter der Witterung); hier könnte er auf Arctic Fire treffen, der am vorletzten Wochenende seine Karriere über Hürden nach dem so schweren Sturz zu Aintree auch wieder auf Spur brachte. Der von Uwe Grüning in Soltau gezogenen Soldier Hollow-Sohn ist jedoch nur eine Waffe aus dem schier unerschöpflichen Quartier des Iren Willie Mullins.

Beinahe zeitgleich mit Sprinter Sacre´s Sieg in Cheltenham musste der Meistertrainer jedoch im irischen Punchestown der ersten Niederlage des bis dato ungeschlagenen Faugheen (der Name reimt sich im Englischen tatsächlich auf „machine“ ) beiwohnen;  aber es war - zumindest für den Trainer - sicher ein Trost, das der Sieger Nicholas Canyon aus dem eigenen Stall kommt. Trotzdem war die Niederlage von Faugheen mehr als unerwartet und macht die Champion Hurdle 2016 nun doch etwas spannender, zumal auch die ewige Hoffnung The New One bei seinem Jahresdebut in Kempton zwar gewann, aber nicht wirklich überzeugen konnte.

Neben Nicholas Canyon siegten mit Sizing John (Trainer: Henry de Bromhead / Jockey: J.J. Burke) und Shantou Flyer (Colin Bowe / B. O´Neill) zwei Pferde, deren Namen man sich merken sollte.  Mit Don Cossack hat Ryanair-Maestro Michael O´Leary den höchsteingeschätzen Chaser Englands und Irlands im Besitz, der vom Gestüt Etzean gezogene Sholokov-Sohn hat auch in der aktuellen Saison mit zwei Siegen nichts anbrennen lassen; ultimativ soll es dem Vernehmen nach gen Cheltenham Gold Cup gehen.

Für diesen Rennen hat der Stall mit Road to Riches ein weiteres Eisen im Feuer, der Wallach gewann zur Wochenmitte die Clonmel Oil Chase und soll sich nun auch über drei Meilen in Richtung Gold Cup versuchen, hier hat O‘Leary natürlich auch noch die mächtigen Don Poli in der Hinterhand, der diverse Nennungen hat und bald an den Ablauf kommen sollte; Sire Des Champs, 2013 Zweiter im Gold Cup zur Bobs Worth, gab am Donnerstag im irischen Thurles nach 691 Tagen Rennbahnabstinenz ein durchaus beindruckendes Comeback, als er ein Listen-Jagdrennen über 4400 Meter gewann.

Der amtierende Gold Cup-Sieger Coneygree hatte bereits Anfang November in einer recht leichten Aufgabe seinen fünften Sieg in Folge eingesprungen und bleibt somit über die großen Sprünge ungeschlagen; während der eben erwähnte Bobs Worth in einem faszinierenden Hürdenrennen vor einigen Wochen seinen Stallgefährten und ehemaligen Arkle-Helden Simonsig geschlagen hatte, für beide eine tolle Leistung und die Rückkehr zu guter Form.

Die großen Samstags-Rennen kommen nun Schlag auf Schlag: Betfair Chase, Hennessy Gold Cup und Tingle Creek sind nur die wichtigsten Rennen der nächsten drei Wochenenden, und Pferde wie Cue Card und Silviniaco Conti haben sich hierfür bereits ihre Kondition erlaufen, im Falle des Letztgenannten, bereits zweifachen Betfair Chase Sieger,  geschah dies ungewöhnlicher weise ebenfalls über Hürden an einem Wochenrenntag in Kempton. Trainer Paul Nicholls agiert in der aktuellen Saison sowohl über Hürden- als auch über Jagdsprünge mit einer extrem soliden 30% Sieg-Quote, von diesen bis dato 41 Siegern muss man sich wohl die Namen Saphier Du Rheu und Vibrato Valtat besonders merken; man könnte wie immer jede Menge hoffnungsvoller Namen aus seiner Talentschmiede nennen, nur würde dies den Rahmen des Artikels sprengen.

Catrin Nack

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