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Neue Deckhengste in Deutschland 2022 - Windstoß

Vor vollem Haus: Windstoß gewinnt unter Maxim Pecheur das IDEE 148. Deutsche Derby. www.galoppfoto.de - Marius Schwarz

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 699 vom Freitag, 17.12.2021

Wenn Windstoß im Februar seine neue Karriere als Deckhengst im Gestüt Röttgen aufnimmt, dann wird es ihm an Unterstützung seines Besitzers nicht mangeln. Gleich neun eigene Stuten werden ihm zugeführt, eine stolze Zahl, „noch nie hat Röttgen einen eigenen neuen Hengst mit so vielen Stuten bedacht“, sagt Gestütsleiter Frank Dorff. Drei Einkäufe gab es in Deauville bei Arqana, zwei davon aus der Aga Khan-Zucht, die ganz gezielt für den neuen Hengst erworben wurden. Ansonsten sind derzeit Anna Desta (Desert Style), Attica (Tai Chi), Damour (Azamour), Desabina (Big Shuffle),Dina (Nathaniel) und Gemma Blu (Mastercraftsman), ein weiterer Neueinkauf, für Windstoß vorgesehen, was schon eine durchaus beeindruckende Liste ist. Wie es um das Interesse anderer Züchter bestellt ist, wird man erst zu Beginn des Jahres wissen.

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Windstoß ist 29mal am Start gewesen, vier Rennen hat er gewonnen, war elfmal platziert, sein höchstes Rating waren 98,5kg. In 21 Gruppe-Rennen konnte er Geld verdienen. Zweijährig legte er beim dritten Start seine Maidenschaft ab, über 1600 Meter in Köln, er blieb danach im Ratibor-Rennen (Gr. III) unplatziert. Dreijährig gab er ein erfolgreiches Saisondebüt im Derby-Trial (LR) in Düsseldorf über 2200 Meter, als er den favorisierten Nerud (Bernardini) hinter sich ließ. Im Derby-Trial (LR) in Hannover sollte er seinen letzten Schliff für Hamburg bekommen, doch wurde er dort durch einen Gegner irritiert, kam zu Fall. Damit fehlte ein Vorbereitungsstart für das Derby, was seinen Trainer Markus Klug dazu veranlasste, Windstoß nur eine Woche nach Hannover im Oppenheim-Union-Rennen (Gr. II) zu satteln. Dort wurde er hinter dem Stallgefährten Colomano (Cacique) Zweiter, womit er sich natürlich nachhaltig für das Derby empfahl.

Im dort 18köpfigen Feld war Colomano Favorit, der wurde aber nur Elfter. Windstoß setzte sich unter Maxim Pecheur sicher gegen Enjoy Vijay (Nathaniel) und Rosenpurpur (Pour Moi) durch. Der Röttgener pausierte dann bis Baden-Baden, wo er in dem von Guignol (Cape Cross) gewonnenen Großen Preis Vierter wurde. Zum Saisonende ging es dann in den Preis von Europa (Gr. I), den sich Windstoß unter Adrie de Vries gegen Son Macia (Soldier Hollow) sicherte. Danach wurden ihm die schon erwähnten 98,5kg zudiktiert, er war dann auch das gewinnreichste Pferd der Saison in Deutschland.

Vierjährig hatte er eine anspruchsvolle Saison, lief achtmal, blieb aber wie im weiteren Verlauf der Karriere ohne vollen Treffer. Seine wohl beste Leistung zeigte er beim zweiten Start, als er in dem von Cracksman (Frankel) gewonnenen Coronation Cup (Gr. I) in Epsom Dritter war. Es war bei eher weicher Bahn ein Rennen, das schon Substanz gekostet hatte und an dem Windstoß schon etwas zu knabbern hatte. Er lief danach in nahezu allen deutschen Grand Prix-Rennen, war fast immer vorne mit dabei, zu einem vollen Erfolg wollte es jedoch nicht reichen. Sein Rating von 97kg konnte er aber das ganze Jahr über halten.

Fünfjährig lief er nur zweimal, war im Carl Jaspers-Preis(Gr. II) und im Großen Preis der Badischen Wirtschaft (Gr. II) jeweils Dritter, musste dann länger aussetzen. Knapp ein Jahr später meldete er sich mit einem zweiten Platz im Carl Jaspers-Preis (Gr. II) wieder zurück, war dann auch Zweiter im Großen Hansa-Preis (Gr. II). In der zweiten Saisonhälfte wurden dann gezielt die großen Steherrennen in Frankreich angesteuert. Er hielt sich auch durchaus respektabel, war Dritter im Prix Kergorlay (Gr. II) und jeweils Vierter im Prix Gladiateur (Gr. III) und im Prix du Cadran (Gr. I). In diesem Jahr lief er noch zweimal, konnte aber nicht mehr an seine Bestform anknüpfen.

Windstoß ist neben Isfahan (Lord of England) 2022 der zweite Derbysieger in der hiesigen Deckhengstszene. Schaut man sich die Liste der Hamburger Sieger seit dem Jahr 2000 an, so sind als Vererber Adlerflug (In the Wings) und Sea the Moon (Sea the Stars) sicherlich herauszustellen. Erstaunliche zwölf Hengste waren und sind vornehmlich in der Zucht von Hindernispferden tätig, in diese Richtung wird es auch für den Vorjahresieger In Swoop (Adlerflug) gehen, was dann doch etwas bedauerlich ist. Deshalb ist es sicher aller Ehren wert, dass Röttgen Windstoß daheim aufstellt.

Sein Vater Shirocco (Monsun) ist einer jener Derbysieger, die in die NH-Zucht gegangen sind. 2004 gewann er in Hamburg, machte dann aber noch eine große internationale Karriere mit Siegen im Breeders‘ Cup Turf (Gr. I), dem Coronation Cup (Gr. I) und dem Prix Foy (Gr. II). Von 2007 bis 2013 stand Shirocco für Darley im Dalham Hall Stud – dazwischen ein Jahr im Kildangan Stud. Seit 2014 ist er im irischen Glenview Stud, der National Hunt-Abteilung des Rathbarry Studs aktiv. Sein bestes Produkt über Sprünge ist bislang die herausragende Annie Power, die fünf Gr. I-Rennen gewinnen konnte.

Sein mit Abstand gewinnreichster Nachkomme auf der Flachen war Prince of Arran, der einmal Zweiter und zweimal Dritter im Melbourne Cup (Gr. I) war, der Gr. I-Sieger Brown Panther ist zu nennen, die guten Stuten Shirocco Star und Wild Coco sowie die Schlenderhaner Ibicenco und Arrigo, dieser ist auch in der NH-Zucht.

Die mütterliche Abstammung von Windstoß ist im Nachfolgenden genau dokumentiert. Er ist der Erstling der zweifachen Siegerin Wellenspiel, die zunächst dreijährig für Werner Baltromei einen Ausgleich IV gewann, vierjährig dann für Markus Klug im Ausgleich III erfolgreich war. Mit einem letzten Platz im Pritt-Rennen in Düsseldorf beendete sie ihre Rennkarriere eher unspektakulär. Ihr gutes Papier rettete sie sicher vor dem Verkauf, ist doch auch ihr Vater Sternkönig (Kalaglow) ein hervorragender Vererber von Mutterstuten.

Nach Windstoß brachte sie mit Weltstar (Soldier Hollow) gleich einen weiteren Derbysieger, er geht im Frühjahr im Haras de Longechaux in seine zweite Decksaison, im Frühjahr hatte er zum Einstand 31 Partnerinnen. Diese Klasse hatten die weiteren Nachkommen der Wellenpracht bisher nicht, dafür gab es auch teilweise Gründe. Wellenpracht (Protectionist) ist bedauerlicherweise tödlich verunglückt, Die zwei Jahre alte Well Disposed (Dubawi) steht bei Markus Klug, dort hat auch die Jährlingsstute Well Suited (Sea the Stars) eine Box bezogen. Bei der BBAG hatte sie den Reservepreis nicht erreicht. Wellenspiels Stutfohlen trägt den verpflichtenden Namen Weltbeste (Soldier Hollow). In diesem Jahr wurde die Mutter nicht gedeckt, nächstes Jahr reist sie nach Irland zu Waldgeist. 

Als Deckhengst wurde auch Well Made (Mondrian) aufgestellt, Bruder von Wellenspiel. Er war in Irland in der dortigen National Hunt-Zucht tätig, doch sind nur wenige Nachkommen von ihm registriert. Mit Jonniesofa hatte er in England immerhin einen Gr. II-Sieger über Hürden auf der Bahn.

Die Familie gehört zu denen, die seit Generationen in Röttgen angesiedelt sind. Genauer seit 1930, als Peter Mülhens aus dem Besitz von Dr. Edmund Suckow aus Bensberg die von Flamboyant tragende Winnica (Kottingbrunn) erwarb. Suckow hatte sie 1922, als sie vierjährig war, aus Österreich-Ungarn eingeführt. Fürst Stefan Lubomirski, der Gründer des Polnischen Olympischen Komitees, hatte sie auf dem Hof Widzow im polnischen Tschenstochau gezogen. Für Röttgen brachte sie den 1933 geborenen Wahnfried (Flamboyant), der dreijährig den Großen Preis von Baden und das St. Leger gewann, sowie Waffenart (Alchimist), die zur Stammmutter dieser Linie wurde.  Im Derby war die Familie vor Windstoß und Weltstar zweimal  nah am Sieg, 1951, mit Wacholdis (Orator), die an Neckar scheiterte, und 1959, als Waldcanter (Caran d’Ache) Zweiter war. Immerhin gewann damals mit Uomo (Orator) ein anderer Röttgener. Der für lange Jahre Letzte, bis Windstoß kam.

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