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Ivanhowe (Soldier Hollow) Gr. I-Sieger im Longines Großer Preis von Baden

Ehre, wem Ehre gebührt: Ivanhowe mit Filip Minarik waren die Stars des Badener Meetings. Foto und Bearbeitung: Dr. Jens Fuchs

Autor: 

Daniel Delius

„Vergiss nie die beste Form eines Pferdes“ – eine rennsportliche Weisheit aus der Mottenkiste, die sich aber immer wieder bewahrheitet. Ivanhowe war vor dem Großen Preis von Baden (beim Klick auf den Renntitel gibt es alle Infos!) ein „vergessenes“ Pferd, er war lange nicht mehr gelaufen, die Leistungen seiner Stallgefährten in den Tagen zuvor waren ebenfalls kaum dazu angetan, optimistisch zu sein und auch Trainer Jean-Pierre Carvalho war sich keinesfalls sicher, ob es schon reichen würde, nach einer Pause, die er auf Grund eines Hufproblems – er war verschlagen worden – einlegen musste. Am Samstagabend soll man sogar kurz überlegt haben, den Hengst zu streichen. Das ist dann aber doch nicht geschehen, Ivanhowe gewann den wichtigsten Grand Prix des deutschen Turfs, als Außenseiter, gleich vier Pferde waren ihm am Toto vorgezogen worden.

Vor einigen Monaten wäre so etwas noch unvorstellbar gewesen. Anfang Mai hatte Ivanhowe in Köln den Gerling-Preis (Gr. II) in großem Stil gewonnen, von einem neuen Star des deutschen Turfs  war flugs die Rede, doch relativierte sich das schnell wieder. Im Grand Prix de Chantilly (Gr. II) Anfang Juni war er nach allerdings wenig optimalem Ritt chancenlos, dann verschwand er viele Wochen von der Bildfläche, wegen der angeführten Schwierigkeiten. Schon dreijährig war er nach dem verkorksten Derby – als 32:10-Favorit blieb er unplatziert  - nicht mehr gelaufen, geradlinig ist seine Laufbahn bisher kaum verlaufen, es war mehr eine Achterbahnfahrt.

Nach dem Erfolg im Gerling-Preis hatte man ihm ein Engagement im Prix de l’Arc de Triomphe gesichert, in weiser Voraussicht, so ganz böse wird man darüber jetzt sicher nicht sein. Sollten die nächsten Wochen glatt verlaufen, dürfte er im wichtigsten Grand-Prix der Welt an den Start kommen und wenn die internationalen Kommentare von einem „chancenreichen Außenseiter“ sprechen, so liegen sie sicher nicht falsch. Was französische und englische Kandidaten für das Rennen anbetrifft, so wird man nach dem nächsten Wochenende klarer sehen.

Sea the Moon wird vom Gros der internationalen Experten hingegen fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Unisono ist man der Meinung, dass es mit einem „Arc“-Sieg kaum klappen würde. So ganz kann da kaum zugestimmt werden, denn optimal ist das Rennen für ihn nicht verlaufen. Sein Reiter ging mit ihm eine Art „galop chasse“, einen besseren Canter an der Spitze, was zu einer Zeit von 2:36,30 Minuten führte. Interessanterweise endet der Große Preis von Baden in den letzten Jahren immer mit entsprechenden Zeiten, Danedream brauchte 2012 etwa 2:36,2 Minuten und war im Jahr zuvor sogar, auf allerdings weicher Bahn, noch länger unterwegs. Das muss also nicht unbedingt ein Indikator sein. Da sich das Lager von Sea the Moon im Vorfeld des Rennens sehr bedeckt gehalten hatte, was die Fitness des Pferdes anbetraf, wird dies jetzt im Nachhinein nicht anders sein, selbst wenn sehr zuversichtliche Aussagen gemacht wurden. Sollte man nichts Gegenteiliges hören, ist davon auszugehen, dass am ersten Oktober-Sonntag zwei deutsche Pferde im „Arc“ laufen, Lucky SpeedNight Wish und Guardini, die ebenfalls eine Nennung haben, werden kaum darunter sein, auch wenn Letzterer am Sonntag im Prix Niel (Gr. II) läuft.

Ivanhowe ist der vierte Nachkomme der Indigo Girl, die 2011 bei der BBAG-Herbstauktion für €12.000 in den Besitz des Gestüts Lindenhof übergegangen ist. Die Stute ist nur zweimal gelaufen, für Trainer Andreas Schütz, der seinerzeit ein kleines Schlenderhaner Kontingent hatte. Beim Debut gewann sie dreijährig Anfang April 2005 über 2100m in Köln, wurde dann Dritte im Preis der Diana (Gr. I), der damals in Hamburg ausgetragen wurde, ihn gewann mit Iota (Tiger Hill) eine andere Schlenderhanerin aus der Familie, trainiert jedoch von Peter Schiergen.

Das war es dann schon mit der Rennkarriere von Indigo Girl, die ein Rating von 90,5 kg bekam und natürlich in die eigene Zucht ging. Dort begann es jedoch wenig glücklich. Der damalige Katalog der BBAG führte den Erstling Ignacia (Monsun) mit der Bemerkung "Trainingsunfall" auf, die dann folgenden Irving (Singspiel) und Indigolith (Motivator) waren im Oktober 2011 drei- bzw. zweijährig und noch gar nicht am Start gewesen. Danach kam Ivanhowe. So gehörte denn schon etwas Phantasie dazu, 2011 die damals von Adlerflug tragende Stute zu erwerben, auch wenn der Preis absolut akzeptabel war. Inzwischen hat sich bei dem Pedigree natürlich richtig etwas getan. Ignacia wurde als Zuchtstute nach Frankreich verkauft, dort steht sie bei Jean-Pierre Dubois, ihr Erstling ist die zwei Jahre, jedoch nicht im Training befindliche In Race (Sageburg), ein Stutfohlen stammt ebenfalls von Sageburg. Irving hat bei sechs Flachstarts drei Rennen in Deutschland und eines in Frankreich gewonnen. Er wurde letztes Jahr über Philipp von Stauffenberg nach England verkauft, legte dort in der Obhut von Champion Paul Nicholls einen fulminanten Start über Hürden hin, blieb bei zunächst vier Starts, darunter in zwei Gr. II-Rennen, ohne Niederlage. Einen Einbruch gab es erst beim Cheltenham Festival, als er als Favorit im Sky Bet Supreme Novices' Hurdle (Gr. I) unplatziert blieb, seitdem ist er nicht mehr gelaufen. Der danach folgende Indigolith (Motivator) konnte nur zweimal herausgebracht werden.

Nach Ivanhowe hatte Indigo Girl ein Jahr nicht aufgenommen, dann kam Indigo Eagle (Adlerflug), der bedauerlicherweise im Training tödlich verunglückte. Der jetzt im Jährlingsalter stehende Indirocco (Shirocco) ist ebenfalls über Stauffenberg Bloodstock bereits verkauft worden, an das Rathbarry Stud nach Irland, dem derzeitigen Standort seines Vaters Shirocco, er wird für die Cashman-Familie und Tom Malone ganz sicher irgendwann auf einer Auktion auftauchen. Letztes Jahr blieb Indigo Girl nach Soldier Hollow güst, jetzt ist sie wieder in Auenquelle gedeckt worden.

Ihr Vater Sternkönig (Kalaglow) hat sich mit den Jahren als sehr guter Mutterstutenvererber entpuppt, Röttgen selbst war auch immer sehr bemüht, Töchter von ihr in der Herde zu halten, Kastila, die Mutter von Kassiano, interessanterweise ein Soldier Hollow-Sohn, und Wild Side, die Mutter u.a. von Wild Coco (Shirocco) sind da zwei Beispiele, es gibt noch mehrere.

Die mütterliche Linie von Ivanhowe geht zurück auf die 1940 aus Frankreich eingeführte Yonne (Indus), die von Francois Dupré gezogen wurde. Viele gute Stuten kommen aus der Linie, den Preis der Diana hat die Familie mit Iota (Tiger Hill), Idrissa (Tamerlane), Indra (Birkhahn), Jana (Magnat) und Yngola (Chateau Bouscaut), dem Erstling der Yonne, gleich fünfmal gewonnen. Über die einstige "Winterkönigin" Istria (Silly Season) ist die Familie auch in den USA erfolgreich. Indigo Girl ist Halbschwester zu sechs Siegern, von ihren Schwestern ist die Listensiegerin Indian Breeze (Monsun) in der eigenen Zucht, sie hat eine Jährlingsstute von Rip van Winkle und ein Hengstfohlen von Adlerflug, den sie wieder aufsuchte. Die Familie ist in Schlenderhan allerdings breit aufgestellt.

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