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Clever Cookie und der Regen von York

Lokalmatador Clever Cookie mit Trainer Peter Niven. Foto John James Clark

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 381 vom Donnerstag, 20.08.2015

Regen. Des einen Freud´ ist des anderen Leid, und auch wenn Yorks  Rennbahnverwalter William Derby nach den ersten schweren Regenfällen am Freitag vergangener Woche noch betonte, wie sehr das Land den Regen brauchte, so wird er den Regen, der nun den gesamten Dienstag über in ganz Yorkshire fiel, mit eher gemischten Gefühlen betrachtet haben. Offiziell nun das höchsteingeschätzte Rennen der Welt, fieberten Rennsportfans mit hohen Erwartungen der diesjährigen Austragung des Juddmonte International entgegen. Das Rennen war das erklärte Ziel des amtierenden Derby-Siegers Golden Horn; als dann Aidan O'Brien vor Wochenfrist die Teilnahme des besten Meilers des Jahres, Gleneagles, bekannt gab, schien gar ein weiteres Super-Rennen auf der Karte zu stehen. Nun setzte der viele Regen  ein sehr großes Fragezeichen hinter die Teilnahme des Ballydoyle-Schützlings, der dann einige Stunden vor dem Rennen tatsächlich zum Nichtstarter erklärt wurde.

Dem Superstar Golden Horn fiel ein Zacken aus der Krone ....: Der in fünf Rennen ungeschlagene Cape Cross-Sohn verlor sein erstes Rennen. Foto: John James ClarkDem Superstar Golden Horn fiel ein Zacken aus der Krone ....: Der in fünf Rennen ungeschlagene Cape Cross-Sohn verlor sein erstes Rennen. Foto: John James ClarkDer große Sponsoring- Deal der Rennbahn Goodwood, wie York eine sich eigenständig verwaltende Bahn, hatte natürlich auch im Norden des Landes große Wellen geschlagen, doch York schläft nicht. Durch die zeitliche Nähe des Goodwood-Meetings war durchaus zu befürchten, dass einige Besitzer nach dem vielen Geld im Süden schielen würden, aber derartige Sorgen erwiesen sich als unbegründet. York, schon immer stolz auf seine schöne Rennbahn, die nach dem Einbau der Drainage vor einigen Jahren nun auch sehr selten extreme Bodenverhältnisse vorweist, hat schon immer auch mit guten Dotierungen auch in den Basis-Rennen von sich Reden gemacht, im aktuellen Jahr ist kein Rennen unter 50.000 Pfund dotiert, und nicht nur die jeweiligen Hauptrennen sind ausgezeichnet besetzt.

Vor dem Juddmonte International: Die zweibeinigen Hauptakteure im Führring. Foto: John James ClarkVor dem Juddmonte International: Die zweibeinigen Hauptakteure im Führring. Foto: John James ClarkAber natürlich sind die International „das“ Rennen des Meetings - klick zum Rennen - und auch ohne die Teilnahme von Gleneagles war es ein feines, das sich an der Startstelle versammelt hatte. Und wenn das Sprichwort "Form is temporary but class is permanent" je seiner Bedeutung gerecht wurde, so traf dies es sicher auf die 2015 Juddmonte International zu, auch wenn mit dem Ergebnis so wohl nur die wenigsten gerechnet hatten. Denn es war nicht Golden Horn, ungeschlagen und für unschlagbar gehalten,  sondern die - jenseits des Pacemakers - größte Außenseiterin des Feldes, und natürlich einzige Stute am Ablauf, Arabian Queen, die zur Verblüffung des Publikums sich ihr Rennen von der Spitze machte, auch dies mit Ausnahme des Pacemakers, der einen so großen Abstand zum Feld einnahm, dass die anderen Jockeys beruhigt ihr eigenes Rennen reiten konnten.

Die überraschende Siegerin: Arabian Queen mit Silvestre de Sousa nach dem Sieg in den Juddmonte International Stakes. www.galoppfoto.de - John James ClarkDie überraschende Siegerin: Arabian Queen mit Silvestre de Sousa nach dem Sieg in den Juddmonte International Stakes. www.galoppfoto.de - John James ClarkUnd so war es Silvestre de Sousa, der sich mit der kleinen Dubawi-Tochter alles einteilen konnte; und die Stute aus der Zucht von Jeff Smith, dessen Farben von solch Ausnahme-Rennpferden wie Chief Singer, Lochsong oder Persian Punch getragen wurden, und im Training bei Altmeister David Elsworth, war nicht in der Stimmung nachzugeben. Niemals Angst zu haben, sich mit den Großen zu messen, "wir hatten nichts zu verlieren" so ein überwältigter Jeff Smith nach dem Rennen, und: "Dies ist mein 100. Gruppe-Sieger", selbstgezogen versteht sich.

Wenn man einen englischen Trainer als legendär beschreiben muss, dann ist es wohl David Elsworth, der, auch wenn die ganz großen Klassiker auf seinem CV fehlen, mit Desert Orchid und Persian Punch zwei der beliebtesten Rennpferde des britischen Turfs trainiert hat und der mit der Stute  In The Groove dieses Rennen im Jahr 1990 schon einmal gewonnen hatte. Seine Verbindung zu Jeff Smith' Littleton Stud ist lang und erfolgreich, nicht zuletzt auch mit der Mutter von Arabian Queen, der einäugigen Barshiba, die er trotz dieses Handicaps zur mehrfachen Gruppe-Siegerin formte.

Am Freitag stehen dann zwei Rennen im Mittelpunkt, die Nunthorpe Stakes (Gr.I) über schnelle 1000m, und der Lonsdale Cup (Gr2) über beinahe 3300m. Und es ist im letztgenannten, in dem ein Pferd an den Start kommt, welches man - gerade hier in York - einfach einmal näher betrachten muss:

Ein wahrer lokaler Starter, dazu ein Pferd, das den Regen liebt, sogar braucht und  in einem „kleinen“ Quartier nicht einmal 25 km von York entfernt vorbereitet wird, das ist Clever Cookie. Im Training bei Ex-Jockey Peter Niven, der 2001 die Reitstiefel an den berühmten Nagel hängte und seitdem sein Team von 20 Pferde inmitten der Yorkshire Moors in dem kleinen Dorf Barton-le-Street betreut, betrat der braune Wallach erst spät in seinem vierten Lebensjahr überhaupt zum ersten Mal eine Rennbahn. Gezüchtet wurde Clever Cookie von Nivens Mutter, in Shropshire, aus der Stute Mystic Memory, einer Tochter von Ela-Mana-Mou, mit der Niven selber "viele Rennen, so zehn oder elf" über Hürden gewann. „Sie war richtig gut, und es war klar, dass man mit ihr züchten musste. Aber alle Nachkommen waren total nutzlos, und zu Primo Valentino sind wir nun gegangen, weil er billig war, und in der Nähe“, so Niven. „Es gab ganz sicher keinen großen Plan bei der Anpaarung, natürlich wollten wir ein gutes Pferd züchten, aber es ist ja nur wirklich nicht garantiert, dass man, wenn man einen Sprinter mit einer Drei-Meilerin zusammentut, etwas erhält, dass Distanzen genau in der Mitte braucht“, reflektiert Niven, als wir ihn am Vorabend des Ebor-Meetings um einen Besuch baten.

"Er ist ein Freak", sagt sein Trainer: Clever Cookie in York. Foto: John James Clark"Er ist ein Freak", sagt sein Trainer: Clever Cookie in York. Foto: John James Clark"Er ist ein Freak, aber in seiner Abstammung ist auch eine Verbindung zu Deutschland, glaube ich“, so Niven weiter, der ganz offensichtlich die Abstammung seines Schützlings genau studiert hat. (Clever Cookies dritte Mutter ist die zweite Mutter des seinerzeit von Andreas Wöhler trainierten Derby-Zweiten Baroon). Niven, selber als Hindernisjockey hocherfolgreich, bezeichnet sich selber als Dual-Purpose-Trainer, und wenn er auch früh ahnte, dass das letzte Fohlen aus der Mystic Memory ein besonders gutes war („Typisch. Nur Nichtskönner, und der Beste kommt ganz zum Schluss. Ich habe überlegt, ob ich die Mutter mit 25 noch einmal decken lasse, aber es wäre wohl nicht fair gewesen. Hätte er nicht ihr erstes Fohlen sein können?“), so hielt ihn dies nicht davon ab, ihn kurz vor seinem ersten Start zu verkaufen.

„Wenn ich sage gut, meine ich in meiner Klasse. An Gruppe-Rennen auf der Flachen habe ich natürlich niemals gedacht. Er wurde verkauft, weil ich davon lebe, ich muss Geld verdienen, wie soll es sonst gehen.“ Cookie -Stallname Donut  ("Wir haben zu Anfang wirklich geglaubt, dass er etwas dumm ist, da passte der Name einfach.") - bekam alle Zeit der Welt  und lief wie erwähnt erst Ende Vierjährig in einem eher unbedeutenden Bumper (einem Flach-Rennen für Hindernis-Pferde), den er leicht gewann, einem weiteren Sieg folgten diverse Starts in Hindernis-Rennen, wo er bis zum Grade II -Sieger aufstieg. „Dann lief er in der Schottischen Champion Hurdle, er war für mich das sicherste Ding auf der Erde. Ich weiß noch immer nicht, wie und warum er damals geschlagen wurde, und konnte stundenlang kaum sprechen, so frustriert war ich.“

Aber es war diese Niederlage, die den Kurs von „Donuts“ Karriere für immer veränderte und sowohl Pferd als auch Trainer auf den Weg zu viel größeren Höhen brachte. Mit nichts zu verlieren außer noch etwas mehr Stolz, brachte Niven Clever Cookie im zarten Alter von 6 Jahren nun in seinem ersten Maiden-Flachrennen an den Start, einem 2400m Rennen in Doncaster. Mit seinem Sieg über keinen geringeren als Air Pilot, inzwischen immerhin Gruppe III- Sieger („Da sieht man mal, dass man selbst in diesen kleinen Rennen nicht vor solchen Pferden sicher ist“) und natürlich das Pferd, welches vor einigen Wochen beim Gruppe  I-Rennen in München nicht an den Start zu bringen war, waren nun zwei Dinge klar: Niven hatte einen sehr talentierten Steher an der Hand, und je weicher der Boden, desto besser.

Gleich beim dritten Start avancierte Cookie zum Listen-Sieger, inzwischen ist er auf der Flachen ein Gruppe III-Sieger, und hatte hier durchaus einige Male das Glück nicht unbedingt auf seiner Seite. Auch wenn sein letzter Start im King George zu Ascot ein Griff nach den Sternen war („Es war der Wunsch des Besitzers, und wir hatten nichts zu verlieren. Als der Regen kam, haben sogar wir kurz geglaubt, wir hätten eine Chance. Aber hey, muss ich mich für seine Vorstellung entschuldigen? Er war nur 6,5 Längen hinter dem Sieger und hat sich sicher nicht blamiert!“), so ist Niven fest überzeugt, dass er am heutigen Freitag im Lonsdale Cup mit ersten Chancen antritt. „Er ist ein Star und hat einen richtigen Fanclub, und er weiß auch irgendwie, dass er etwas Besonders ist. Ich bin sicher, dass er der beste Steher im Land ist, und hoffe, dass er dies am Freitag zeigen kann."

Catrin Nack

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