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Christian Zschache im Porträt: „Pferde sind mein Ein und Alles!“
von Karina Strübbe
Quelle: Turf-Times vom 18.07.2013
Vier Pferde im Alter von zwei bis fünf Jahren im Stall, die gemeinsam etwa 25 bis 30 Starts im Jahr absolvieren. Drei Siege stehen für das Jahr 2013 zu Buche. Soweit könnte diese Beschreibung auf viele Besitzertrainer in Deutschland zutreffen. Doch hinter den drei Siegen verbergen sich nicht irgendwelche Rennen, sondern neben einem Sieglosenrennen auch ein Listen- und ein Grupperennen. Dabbitse heißt der vierjährige Hengst, der seinem Trainer Christian Zschache im Hamburger Flieger-Preis beim Derbymeeting in Hamburg einen der beiden bisher größten Erfolge seiner Trainerkarriere beschert hat. „Das war schon ein Erlebnis! Hamburg natürlich sowieso, muss ich sagen. Hamburg war das Größte!“, sagt der Trainer. Der andere große Sieg geht natürlich auf das Konto des mittlerweile fünfjährigen Gereon, der vor knapp drei Jahren das Ratibor-Rennen in Krefeld gewann. Krefeld war auch am vergangenen Wochenende der Schauplatz, als sich eben jener Gereon nach schwächeren Leistungen mit einem dritten Platz wieder zurückmeldete. „Gereon braucht einen guten Rennverlauf, aber Grupperennen kann er immer noch gewinnen, denke ich. Er war zuletzt erkältet, hatte was mit den Lungen, weswegen wir ihn auch behandelt haben“, charakterisiert Zschache seinen Hengst.
Bei vier Pferden im Stall ist natürlich eine intensive Betreuung der Pferde möglich. Ob das sein Erfolgsgeheimnis sei? Davon will Christian Zschache nichts wissen. „Ich mache eigentlich nichts anders als die anderen“, sagt er. Die Antwort passt zu ihm, er gehört zu den zurückhaltenden, fast schon schüchtern wirkenden Trainern. Doch er sagt auch selbst: „Bei vier Pferden kann man natürlich jedes individuell betreuen und das Optimum herausholen.“ Dazu gehört natürlich auch ein gutes Team, gerade wenn der Trainer gehandicapt ist. Besonderen Anteil hat Helena Hryniewiecka, langjährige Wegbegleiterin des Stalls, die zu Anfangszeiten auch noch regelmäßig im Sattel der Zschache-Pferde, u.a. Bodyguard of Spain saß. Neben den Crack „gibt es aber natürlich auch Pfede, bei denen überhaupt nichts geht“, sagt Zschache. „Orbetello war zum Beispiel so ein Fall. Und Garina, klar hat sie ein Sieglosenrennen gewonnen, aber da muss ich auch sagen, dass es nicht nach viel mehr aussieht.“
Es sind also nicht alles neue Gereons oder Dabbitses. Doch Christian Zschache ist zufrieden. Vergrößern wollte er sich nie. „Ich möchte immer so um die vier, fünf Pferde haben, das reicht, ich muss zwischendurch ja auch noch zur Reha. Berufsmäßig zu trainieren, wäre da schwierig, zumal es ein Berufstrainer auch nicht einfach hat.“
Jeden Tag muss Zschache entweder zum Krankenhaus oder zur Physiotherapie, immer abwechselnd. Die Rehamaßnahmen prägen den auch den Rhythmus im Stall. Morgens um sieben gehen die Pferde auf die Koppel, in der Zwischenzeit wird gemistet. Um 11 Uhr folgt dann der Weg nicht in den Sattel, sondern zur Reha. Geritten wird erst danach. „Je nachdem, wie viele Pferde da sind, gehen wir entweder um eins oder halb zwei in den Stall und reiten alle – momentan bei vier Pferden geht es gegen halb zwei los.“ Ungewöhnlich ist auch, dass sich Christian Zschaches Galopper selbst finanzieren müssen, die kleine Rente reicht dazu natürlich nicht, aber bei den Erfolgen läuft dies momentan sehr gut, wie der Trainer bilanziert.
Ihm ist anzumerken, dass er sich wohlfühlt. Während des Gesprächs mit Turf-Times trappeln Pferdehufe vorbei, dort, bei den Pferden fühlt Christian Zschache sich wohl, etwas anderes will er nicht, Rollstuhl hin oder her. Natürlich sei die Arbeit mit den Pferden im Rollstuhl anstrengend, sagt er. Im Stall macht er alles, was geht, selbst. „Die Pferde nehmen Rücksicht auf mich“, sagt er. „Sie sind daran gewöhnt.“ Vor einigen Tagen hat er trotzdem ein Pferd abgeben müssen, Genaro, zweijährig, einmal gelaufen und gleich platziert, ein sehr gutes Pferd, sagt Christian Zschache. Doch als der Hengst vor einigen Tagen vor Spaziergängern scheute, seine Reiterin Jana Förster schwer stürzte, gab Zschache Genaro ab, „auch wenn das Pferd keine Schuld hat.“ Dass er Genaro nicht gerne hat gehen lassen, spürt man deutlich. „Aber wegen der Gefahr, dass Leute dort spazieren gehen habe ich ihn auch weggegeben, damit nicht noch einmal was passiert. Es tut mir sehr leid ums Pferd und um Jana natürlich besonders, aber Unfälle passieren leider. Das war bei mir ja genauso. Ich bin im Schritt nach Hause geritten und die Wirbelsäule ist durch.“
Christian Zschache sitzt seit mittlerweile 14 Jahren im Rollstuhl. Er lebt damit. Seine Begeisterung galt vorher den Pferden und sie tut es heute noch. Neben der täglichen Arbeit am Stall ist er seit Jahren auch als Auswieger in Hoppegarten, Dresden und Hamburg tätig. Sein Lebensinhalt war und ist der der
Galopprennsport. „Ich lebe dafür. Was mir passiert ist, hätte beim Fahrradfahren genauso passieren können. Ich denke schon, dass es ein super Sport ist.“ Nie habe er die Nase voll gehabt, sagt er. „Im Gegenteil. Ich glaube, die Pferde haben mich weitergebracht und – so blöd das vielleicht klingt – zurück ins Leben geholt, mich aus dem Loch gezogen.“ Wenn es so weitergehe, sei er ganz zufrieden. Und mit ein wenig Daumendrücken sei vielleicht auch noch ein Gruppesieg mit Gereon drin.
Das Interview mit Christian Zschache | |
Geboren: | 16.12.1956 |
Seit wann sind Sie Besitzertrainer? | „Schwierig, kann ich Ihnen noch nicht einmal beantworten, so zehn Jahre etwa. Arrivato war mein erstes Pferd. Der war vorher beim Stoltefuß, stand auf der Koppel und da hat Herr Kappes ihn mir geschenkt. Danach ging es los. Im Laufe der Zeit wurden es dann ein paar mehr Pferde.“ |
Wie viele Pferde haben Sie aktuell? | „Vier Stück. Gereon, Dabbitse, Garina und neu ist African Art, eine junge Stute.“ |
Sie haben recht viele Pferde von Ebbesloh, wie kommt's? | „Ich habe einen guten Kontakt zur Familie von Schubert und so hat sich das mehr oder weniger ergeben.“ |
Wie sieht bei Ihnen ein typischer Trainingstag aus? Sicherlich doch ein wenig anders als woanders? | „Früh um sieben gehen wir in den Stall. Die Pferde gehen dann alle auf die Koppel. In der Zwischenzeit werden die Boxen gemacht und dann muss ich ja schon wieder los. Um elf muss ich meist im Krankenhaus oder bei der Physiotherapie sein, das ist immer abwechselnd und dauert so bis eins. Je nachdem, wie viele Pferde da sind, gehen wir entweder um eins oder halb zwei in den Stall und reiten alle – momentan bei vier Pferden geht es gegen halb zwei los.“ |
Sie haben wenige Pferde, aber dafür fast nur Gute. Was ist ihr Erfolgsgeheimnis? | „Ich kann die Pferde individuell betreuen, habe auf der anderen Seite nicht die Vergleichsmöglichkeiten wie ein großer Trainer. Die Pferde können nur schwer zusammen arbeiten, gut, bei Dabbitse und Gereon geht das noch, aber die Kleinen habe ich dann doch auch schon mal dazugenommen. Bei Genaro habe ich mir wirklich Hoffnungen gemacht, der ging sehr gut als Zweijähriger, der erste Start in Bremen war auch sehr gut, hätte er auch gewinnen können. Tja.“ |
Wie geht es denn Jana Förster, die verunfallt ist? | Das kann man noch nicht sagen, sie wird nun langsam aus dem Koma geholt und dann muss man die nächsten Wochen abwarten, ich hoffe ja, dass es gut wird. Der Unfall, das Pferd hatte sich erschreckt. Genaro ist schon etwas explosiver als die anderen Pferde, mit sehr schneller Reaktion, ein typischer Zweijähriger eigentlich. Der Unfall ist dumm gelaufen, da kann man auch der Rennbahn keinen Vorwurf machen. Es waren Leute mit Hund und Kindern an einem ungünstigen Standort, dann kamen die Pferde hinzu und ein Zweijähriger erschreckt sich schon mal, der ist ja im Prinzip auch noch ein Kind.“ |
Die gefährlichsten Unfälle passieren ja angeblich im Schritt… | „Ja, man sieht ja auch, im Rennen passieren weniger Unfälle als in der Arbeit, obwohl im Rennen die Geschwindigkeit und damit das Risiko viel höher ist.“ |
Wie viele Mitarbeiter haben Sie? | „Zwei Mädchen kommen täglich, früh noch ein Junge mit dazu. Ich habe wirklich sehr gute Leute.“ |
Wie sind Sie überhaupt zum Rennsport gekommen? | „Durch meine Mutter. Die ist früher auf die Rennbahn gegangen, wir kannten damals den Auswieger in Dresden und der hat das organisiert. Ich habe dann schon als Kind geritten, mit zwölf in der Arbeit, mit dreizehn, vierzehn dann die ersten Amateurrennen. Dann habe ich schließlich die Lehre hier in Berlin begonnen. |
Was waren Ihre größten Erfolg als Reiter bzw. als Trainer? | „Ich habe zwei Derbys gewonnen, 1986 mit Abasko, 1987 mit Lomber, das war also schon ganz gut. Dazu kommen Siege in den großen Jagdrennen in Pardubice und Bratislava. Als Trainer ist da natürlich das Rennen mit Dabbitse zu nennen und natürlich der Sieg mit Gereon im Ratibor-Rennen.“ |
Wie würden Sie Gereon und Dabbitse charakterisieren? | „Total liebe Pferde, es sind alle sehr lieb hier. Dabbitse ist unabhängig vom Rennverlauf, gibt immer alles, das ideale Rennpferd. Er lässt sich super reiten, egal wo oder wie, ich habe ihn auch einmal allein geritten, das war schon erstaunlich. Gereon braucht dagegen einen guten Rennverlauf.“ |
Gereon ist für außenstehenden Betrachter so ein Pferd, den man abschreibt und dann kommt er doch wieder… | „Ja, genau. Er kommt wieder! So ist es auch im Rennen. Er geht sehr gut unterwegs, aber er kann auch auf den letzten Metern noch einmal zulegen. Der Reiter muss ihn dann natürlich unterstützen, insofern war es natürlich etwas unglücklich, dass Andreas Helfenbein den Stock verloren hat. Aber schwer zu sagen, ob er noch hätte Zweiter werden können. Gewonnen hätte er auf keinen Fall, das Pferd von Herrn Leve ist ein sehr gutes.“ |
Wie geht’s weiter mit den beiden? | „Der Dabbitse, das wird man sehen. Er soll wahrscheinlich in Hoppegarten im Listenrennen laufen und dann in die Goldene Peitsche gehen. Gereon geht nach Baden-Baden in das Oettingen-Rennen über 1600 Meter.“ |
Welches Rennen würden Sie gern gewinnen? | „Vielleicht das Derby (lacht). Ich habe nur leider keinen Steher, müssen wir mal gucken. Es ist eigentlich egal, was für ein Rennen, es macht mir immer Spaß, zu gewinnen, egal wo, wie, ob großes oder kleines Rennen.“ |
Haben Sie Träume? | „Gesund zu bleiben ist erst einmal wichtig, dass es nicht schlimmer wird und erst einmal so weitergeht und ein bisschen Erfolg. Das motiviert ja doch, so weiterzumachen. Es ist schon eine anstrengende Sache mit dem Rollstuhl. Ich habe Harro Remmert immer bewundert, wie er das macht mit so vielen Pferden und gerade als Berufstrainer stelle ich mir das schon sehr schwierig vor. Ich hoffe, dass ich nicht schlimmer krank werde und immer zu den Pferden kann.“ |
Haben Sie Vorbilder? | „Für mich sind alle Vorbilder, die etwas erreichen und hart dran arbeiten, egal ob es ein Trainer, Reiter oder etwas ganz anderes ist, das finde ich schon bewundernswert, also Menschen, die für ihren Beruf, welcher das auch immer sein mag, leben. Jeder in seinem Beruf. Ich habe auch viele Ärzte kennengelernt, die mich behandelt haben oder jetzt auch in Bezug auf Jana.“ |
Wie regeln Sie die Jockeyfrage? | „Das ist immer schwierig dadurch, dass die Besseren meist an ihre Ställe gebunden sind. Ich habe mir angewöhnt, immer relativ lange abzuwarten und dann nehme frage ich den Besten, der frei ist. Ich habe natürlich auch meine Lieblingsjockeys, das ist ganz klar. Aber ich weiß ja, wie das ist, man muss im Rennen auch etwas Glück haben. So ein Starke oder so ein Pedroza sind schon meine Favoriten, sie sind ja auch die Besten in ihrem Job. Sie zu kriegen, ist natürlich schwierig, sie müssen ja zunächst für ihre Chefs reiten.“ |
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