TurfTimes:
Ausgabe 196 vom Freitag, 23.12.2011
Wenn es einen deutschen Deckhengst mit hoher internationaler Reputation gibt, dann ist es Monsun ( Königsstuhl). Der im Gestüt Isarland gezogene Schlenderhaner steht seit vielen Jahren deutlich über der Konkurrenz und die Tatsache, dass er seit geraumer Zeit nicht mitmischt, wenn es um das deutsche Deckhengstchampionat geht, liegt darin begründet, dass in den hiesigen Rennställen so wenige Pferde von ihm stehen. Seine Decktaxe lag zeitweise in einem Bereich, der für den normalen Züchter doch nur schwer erschwinglich war. Weatherbys Stallionbook verzeichnet für 2008 eine Decktaxe von 150.000 €, ein rasanter Anstieg von jenen 20.000 €, die 2004 aufgerufen wurden. So waren es in jenen Jahren vornehmlich ausländische Züchter, die ihre Stuten nach Schlenderhan schickten, was dazu führt, dass Monsuns Name inzwischen bei den hochwertigen Auktionen weltweit durchaus häufig auftaucht und zudem stark gefragt ist. Das Alter fordert natürlich seinen Tribut, ohnehin war die Zahl der Stuten, die ihm zugeführt wurden, aus gesundheitlichen Gründen immer begrenzt, dreistellige Bücher hat er nie gedeckt, was ihn etwa im Vergleich zu ausländischen Spitzenhengsten noch im Ansehen steigen lässt. Wobei anzumerken ist, dass seine Befruchtung immer ausgezeichnet war. Monsun wird im kommenden Jahr 22 Jahre alt, Schlenderhan wird ihm natürlich weiter Stuten zuführen, aber die Zahl der fremden Stuten wird, wie wir unlängst hier schon einmal ausgeführt haben, im Rahmen bleiben. Seine Decktaxe ist „private“, das war schon in den letzten Jahren so.
Alle anderen deutschen Deckhengste werden zu einer vierstelligen Decktaxe angeboten, jeweils 9.500 € kosten Lando ( Acatenango) und Samum (Monsun). Lando ist im vergangenen Jahr nach einem sechs Jahre währenden Aufenthalt im Haras d’Etreham in Frankreich wieder nach Ittlingen zurückgekehrt. Laut den Zuchtnachweisen des Direktoriums hat er 33 Stuten gedeckt, da hat man vielleicht doch mit der einen oder anderen mehr gerechnet. Denn wenn es einen „proven sire“ gibt, dann ist er es. Er ist Vater von zwölf Gr.-Siegern, sieben davon haben Gr. I-Rennen gewonnen, hinzu kommen elf Listensieger. Seine Tätigkeit in Frankreich ist abschließend sicher noch nicht zu beurteilen, doch ist schon interessant, dass er seine größten Erfolge auch von dort aus mit Nachkommen deutscher Stuten erzielte. Der vorjährige Preis von Europa (Gr. I)-Sieger Scalo ist das beste Beispiel. Lando reiht sich in die lange Liste von deutschen Hengsten ein, die sich scheinbar im eigenen Land wohler als in der Fremde fühlen. Natürlich ist er als Altersgefährte von Monsun auch nicht mehr der Jüngste. Seine Decktaxe, die gegenüber dem Vorjahr unverändert bleibt, ist im Übrigen etwas höher als die diesbezüglich letzte in Frankreich (8.000 €).
Samum stellte mit Be Fabulous und Durban Thunder in 2011 zwei Gr. I-Sieger. www.klatuso.comDagegen hat das Gestüt Karlshof bei Samum deutlich an der Decktaxe geschraubt. Die verlangten 9.500 € sind die niedrigste Taxe seit 2005, damals kostete er 7.500 €, anschließend stets fünfstellig. Die Reduzierung sollte für absolut marktöffnend sein, was auch notwendig ist, denn es drängte sich der Eindruck auf, dass in der jüngeren Vergangenheit so mancher Züchter nicht wegen mangelnder Qualität zu ihm gegangen ist, sondern weil er schlichtweg zu teuer war. Die reduzierte Decktaxe scheint da die Meinungen zu ändern, denn Karlshof berichtet von einer Nachfrage, „die so groß, wie vorher noch nie war“. So haben laut Auskunft von Holger Faust Auenquelle, Ebbesloh, Etzean, Hachtsee, Wittekindshof und Dr. Christoph Berglar bereits gebucht, hinzu kamen Anmeldungen aus Frankreich, der Schweiz und Österreich. Karlshof selbst wird den Hengst natürlich gebührend unterstützen, mit Bandeira, Kapitol und La Bouche bekommt er drei Stuten, die bereits Gr. I-Pferde gestellt haben. Fraglos hatte der Hengst mit den Gr.-Siegern Be Fabulous und Durban Thunder auch ein ausgezeichnetes Jahr. Zudem gilt es festzuhalten, dass er quantitativ sehr übersichtliche Jahrgänge hatte. So umfassen seine Jahrgänge 2007 bis 2009 jeweils nie dreißig Nachkommen. Deutsche Deckhengste, das zeigt sich auch bei ihm, leisten im Vergleich zu der Zahl ihrer Produkte schon enorm viel.
Areion war 2011 in Auenquelle der meistbeschäftigte Hengst in Deutschland. www.dequia.de - Göldneren. www.dequia.deEin ähnliches Beispiel ist Areion (Big Shuffle), mit der unveränderten Decktaxe von 8.000 € die Nummer vier dieser Rangliste. In Evershorst war er nie im klassischen Sinne ausgebucht. In den ersten acht (!) Jahren seiner Tätigkeit bekam er in jdem Jahr nicht einmal dreißig Stuten. So besteht sein jetziger Dreijährigen-Jahrgang aus gerade einmal 15 Nachkommen. Dass er unter diesem Voraussetzungen letztes Jahr Champion wurde und auch in diesem Jahr wieder einen Spitzenplatz belegt, ist schon erstaunlich. Allein vom 2008er Jahrgang sind gerade einmal zwölf „Areions“ gelaufen, zwei haben Black Type. Zudem bringt er Nachkommen, die sich im Alter zu steigern wissen, wofür im ablaufenden Jahr Birthday Lion, Irini und Vanjura standen. Areion hat in seinem ersten Jahr in Auenquelle nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ ein starkes Buch gedeckt. Von dem 2012 dann 17 Jahre alten Vererber ist also noch Einiges zu erwarten.
Tiger Hill im Gestüt Fährhof. www.gestuet-faehrhof.deEtwas günstiger ist mit 7.500 € Tiger Hill (Danehill) zu haben. Es scheint im Moment etwas ruhig um ihn zu sein, doch sollte nicht vergessen werden, dass er Vater von bislang 17 individuellen Gr.-Siegern ist. Seine Jahre in England und Irland, wo er zwischen 2006 und 2010 fünf Jahre unter der Darley-Flagge stand, werden derzeit als weniger erfreulich angesehen, doch kann das nur eine Zwischenbilanz sein. Er wird als Vererber von weniger frühreifen Pferden angesehen, was ihn kommerziell in England/Irland uninteressant erscheinen lässt. Deshalb ist er in Deutschland wohl deutlich besser aufgehoben, zumal er das Gros seiner besseren Sieger hier auf der Bahn hat. Immerhin hatte er dieses Jahr mit Rewilding ein Pferd auf der Bahn, das bei zwei Starts zwei Gruppe I-Rennen gewinnen konnte, bei seinem dritten Start dann in den „King George“ tragisch verunglückte. Sein Vater sollte sicher im Auge behalten werden.
Soldier Hollow überzeugte mit seinem 1. Jahrgang, wechselte zur Saison 2012 nach Auenquelle. www.klatuso.com
Soldier Hollow (In The Wings) gehört natürlich zu den Entdeckungen des Jahres 2011. Sein erster Jahrgang umfasst 52 lebende Fohlen, sechs davon haben hierzulande gewonnen, dazu Kassiano in Frankreich. Drei haben Black Type, an der Spitze der Gr. III-Sieger Pastorius, zu erwähnen ist auch die Auktionsrennen-Siegerin Lady of Budysin. Das ist für einen deutschen Deckhengst, der zumindest zunächst von den ausländischen Käufern auf den Auktion ziemlich übersehen wurde, sehr respektabel. Die Zahl der Bedeckungen ist allerdings sukzessive zurückgegangen, von 39 (2009) über 31 (2010) bis nur noch 23 (2011). Nicht ungewöhnlich bei einem jungen Deckhengst, die Züchter wollen erst einmal sehen, wohin der Weg geht. Soldier Hollow steht 2012 für 6.000 € in Auenquelle, es ist relativ leicht zu prognostizieren, dass er im kommenden Jahr der Hengst mit den meisten Stuten in Deutschland sein wird. „Im Moment können wir mit den Buchungen sehr zufrieden sein“, sagt Karl-Dieter Ellerbracke, „das gilt im Übrigen auch für Areion .“
Sholokhov, nur denkbar knapp geschlagen Vize-Champion& der Deckhengste 2011. www.franknolting.deEbenfalls für 6.000 € wird Sholokhov in Etzean angeboten, ein Hengst, der von Beginn seiner Karriere an sehr solide Anmeldezahlen hatte. Mit der Zeit hat sich auch die Qualität der ihm zugeführten Stuten verbessert. Dass für einen seiner Nachkommen in Iffezheim 200.000 € bezahlt wurden, ist sicher bemerkenswert. Nicht zu unterschätzen ist das Springtalent seiner Nachkommen. Es garantiert den Züchtern ein großes Interesse von Aufkäufern auch im mittleren Bereich, er ist somit zu einem echten Auktionshengst geworden. „Es liegen bei ihm schon über vierzig Buchungen vor, auch aus dem Ausland, insbesondere aus dem Hindernislager“, berichtet Ralf Kredel vom Gestüt Etzean, „das sind mehr als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr.“ Es hat durchaus Anfragen aus dem Ausland in Bezug auf Sholokhov gegeben, doch hat Etzean diese stets abschlägig beschieden, sicherlich nicht zum Nachteil der deutschen Vollblutzucht.
5.500 € kostet Adlerflug (In The Wings) in Harzburg. Neben Soldier Hollow und Mamool ist er der dritte Sohn seines Vaters in Deutschland und wenn er den anderen beiden nacheifert, wird man bestimmt nicht unzufrieden sein. Der Derbysieger von 2007 hat das dritte Gestütsjahr vor sich, das ist in der Regel nicht einfach, doch werden an ihm beteiligte große Zuchtstätten ihn weiterhin unterstützen. „Ich habe auch schon mehr Stuten von Dritten angenommen als sonst“, sagt Gestütsleiter Andreas Kißler. Adlerflug hatte, was die Qualität der Stuten betraf, sicherlich beste Startchancen, seine ersten Jährlinge kommen dieses Jahr auf den Markt.
Drei Hengste in Deutschland werden mit einer Decktaxe von 5.000 € gelistet. Kamsin (Samum) ist natürlich noch ein unbeschriebenes Blatt, sein erster Jahrgang, wenn er denn als solcher zu bezeichnen ist, besteht aus einem einzigen Fohlen, denn offiziell war er 2010 im Gestüt Karlshof noch gar nicht eingeführt. In diesem Jahr wurde er von 24 Stuten besucht, was sicher ausbaufähig ist und es dürfte nur von Vorteil sein, dass er nicht mehr an der Seite seines Vaters steht. Der dreifache Gr. I-Sieger, dessen beste Tat sicher der Erfolg im Großer Preis von Baden (Gr. I) gegen Adlerflug (In The Wings) und It’s Gino (Perugino) war, stammt aus einer vorzüglichen deutschen Mutterlinie. Sein Heimatgestüt hat bereits angekündigt, dass es ihn stark unterstützen wird. Man kann gespannt sein.
Mamool stellt mit Lucas Cranach des Drittplatzierten im Melbourne-Cup. www.galoppfoto.deIn die Kategorie „proven sires“ fallen Mamool und Tertullian. Für Mamool (In The Wings) brachte 2011 mit Lucas Cranach und Lips Poison zweifellos den Durchbruch. Der fünffache Gr.-Sieger, der in seiner Laufbahn in sechs Ländern am Start war, startete 2007 in Graditz, wo er vier Jahre lang von manchen führenden Gestüten nicht beachtet wurde. Dafür hat er sich hervorragend geschlagen. Allerdings sind die Jahrgänge 2010 und 2011 quantitativ schwächer. Das Direktorium verzeichnet zwanzig aktuelle Jährlinge und aus seiner Zeit in Isarland resultieren gerade einmal drei Fohlen. In war er in diesem Jahr mit 23 Stuten auch nicht gerade überbucht, doch könnte sich das im kommenden Jahr ändern.
Ein über die Jahre sehr populärer Hengst war und ist Tertullian (Miswaki). Durch Irian ist sein Name längst international ein Begriff, mit Illo und jetzt auch Mawingo hat er inzwischen auch hochkarätige Nachkommen in Australien am Start. Lange Zeit ein wenig der Deckhengst für den kleineren und mittleren Züchter hat er sich mit den Jahren mehr und mehr Ansehen verschafft. Seine Reputation zieht er natürlich auch aus der Tatsache, dass er ein naher Verwandter von Galileo ist. Es besteht kein Zweifel daran, dass er auch 2012 eine solide Zahl von Stuten decken wird.
Teil 2 mit den Hengsten mit einer Decktaxe von bis zu 5.000 € folgt in der nächsten Ausgabe.