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Post aus Prag: Lange Träume über Pardubitz

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 470 vom Donnerstag, 01.06.2017

Wenn man in Tschechien ein vielversprechendes Hindernispferd besitzt, träumt man nur von einem Rennen. Der Großen Pardubitzer, die am zweiten Sonntag im Oktober vom Großteil des Landes verfolgt wird, die als einziges Rennen des Kalenders das Zeug hat Nationalhelden zu schaffen. Man hat allerdings in solchen Fällen als Besitzer viel Zeit zum Träumen, denn die in Frage kommenden Starter kommen während der Saison meistens nur zwei- oder dreimal zum Ablauf. Es gilt so schnell wie möglich die Qualifikation zu schaffen, wozu man insgesamt vier Möglichkeiten hat und viel mehr geeignete Aufbaurennen vor dem Saison-Highlight gibt es in der Sparte der Cross Country Steherspezialisten nicht. Dieses Jahr scheinen aber die Ställe in einer Hinsicht mehr Zeit zu haben. Der Pardubitzer Rennverein hat wesentlich die Nachnennungen herabgesetzt, man kann noch im September für 30 000 (ca. 1.100 Euro) statt der früheren 100.000 Kronen nachnennen. Die Gesamtdotierung beträgt nach wie vor 5 Millionen Kronen (ca. 182.000 Euro).

Die erste Qualifikation am vergangenen Samstag war ungewohnt stark besetzt, befand sich doch unter den 16 Startern sogar der amtierende Sieger der Großen Pardubitzer Charme Look (Look Honey). Der zehnjährige Wallach schien allerdings um einiges von seiner Bestform entfernt zu sein und verlor nach einer Kollision in der Schlussphase seinen Jockey Jan Faltejsek. Um den Sieg kämpften zwei Schützlinge von Josef Vána. Der zweite und dritte von den letzten zwei Jahrgängen der Großen Pardubitzer Zarif (Observatory) kam unter Josef Bartos zu einem verdienten Sieg, musste sich aber in der Zielgeraden überraschend gegen den Außenseiter No Time To Lose (Authorized) wehren.

Dritter wurde der im Gestüt Etzean geborene Reaper (Sholokhov), ein Sohn von Registana (Tauchsport), der zweimaligen Siegerin der Großen Pardubitzer und rechten Schwester des deutschen Kultsteeplers Registano. Auf dem fünften Platz endete der von Alfred Nienstädt gezogene Eldorado (Noroit), der zwar mit einer Eventualquote von 900:10 an den Start ging, aber im Rennen selbst den Mitfavoriten Nikas (Scater) um eine Weile schlug. Insgesamt kamen 9 Pferde ins Ziel, zum Sturz kamen u.a. die in Deutschland geborenen Universe Of Gracie (Pentire) und Vive Paolo (Paolini).

Die vierjährige Königin Mum (Samum) in den eigenen Farben des Gestüts Elsetal setzte in Pardubitz ihren Siegeszug fort. Die von Josef Vána trainierte Tochter der einstigen Siegerin der tschechischen 1000 Guineas Königin Arte (Artan) bleibt seit August ungeschlagen. Am Samstag gelang ihr der vierte Sieg in Folge nach einem Kistenritt von Nachwuchsreiter mit niederländischen Wurzeln Patrick Boekhout. In einer Steeplechase Cross Country über 3400 Meter war die Favoritin das Klassepferd im Feld und konnte in der Zielgeraden noch den stark laufenden Medic (Camill) um drei Längen abfangen.

Das wertvollste Flachrennen des Wochenendes Cena Jezdectví (1400 m, cca 5800 Euro) ging an die im Gestüt Westerberg geborene Kobi (Toylsome). Die vom Besitzertrainer Václav Hulínský betreute 7-jährige Stute gilt als startschwieriges Pferd, im Rennen selbst hatte sie aber unter Martin Laube keine wesentlichen Probleme und schlug sicher um eine Länge den vom Gestüt Küssaburg gezogenen Hello Hobby (Intense Focus) und Sheik Yerbouti (Look Honey). Für Kobi war es insgesamt der vierte Karrieresieg und zweite auf höchster Ebene, letzten Sommer sicherte sie sich den Großen Preis der BBAG in Karlsbad.

Nach dem in der letzten Nummer erwähnten Listensieg von Wireless (Kentucky Dynamite) in Maisons-Laffitte und zweitem Platz von Partyday (Footstepsinthesand) in Dortmund gab es in der letzten Woche noch drei weitere Blacktype-Platzierungen von tschechischen Pferden in Milan. Father Frost (Rip Van Winkle) war knapp geschlagen Zweiter im Premio Carlo Vittadini (Gr.3, 1600 m, 80.300 Euro) und der inzwischen 8 Jahre alte Trip To Rhodos (Rail Link) holte sich einen dritten Sieg im Premio Coppa d‘ Oro (L, 3000 m, 42.900 Euro).

Ursprünglich war um einen Kopf Erster im Ziel der Vána-Schützling Shaywan (Sinndar), ein rechter Bruder der Gr.1 Siegerin und Arc-Zweiten Shareta. Im vierköpfigen Feld gab es ein enorm flaues Tempo, was zu einem Sprint in der Zielgerade führte. Dort soll es nach der Meinung der Rennleitung zu einer Behinderung zwischen den beiden tschechischen Pferden gekommen sein und die Reihenfolge im Ziel wurde umgedreht, was teilweise für heftige Diskussionen sowohl in Milan, als auch auf den Sozialnetzwerken gesorgt hatte. Da die italienischen Veranstalter aber noch immer nicht die Rennpreise vom Herbst 2016 bezahlt haben, scheint die Debatte über die Sieger dieser Blacktyperennen schon etwas virtuell zu sein.

Martin Cáp, Prag

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