TurfTimes:
Ausgabe 550 vom Freitag, 11.01.2019
Als kurz vor Weihnachten 2015 der Deckhengst Campanologist auf der Rückreise von Südamerika überraschend einging, war das in der ohnehin übersichtlichen Riege der Deckhengste in Deutschland ein echter Verlust. Drei Jahre stand er auf dem Fährhof, 105 lebende Nachkommen sind beim Direktorium in den Jahrgängen 2014 bis 2016 registriert, sechs davon sind Blacktype-Pferde. Und auch in Südamerika hat er zahlreiche sehr gute Nachkommen gebracht, wie etwa Village King, erfolgreich im Gran Premio del Jockey Club (Gr. I) in Argentinien, inzwischen in den USA im Training und auch dort schon Gr. III-Sieger.
In Deutschland hatte Campanologist in seinem ersten Jahrgang neben Langtang u.a. noch Incampo, Los Campanos, den Gerling-Preis (Gr. II)- und St. Leger (Gr. III)-Sieger Oriental Eagle, Rolando und den Listensieger und mehrfach gruppeplatziert gelaufenen Walsingham gebracht. Im aktuellen Dreijährigen-Jahrgang hat er auch noch zwei Asse im Ärmel, Django Freeman und Winterfuchs.
Langtang hatte seinen ersten öffentlichen Auftritt bei der October Yearling Sale von Tattersalls 2015 in Newmarket. Er wurde für 65.000gns. an Stroud Coleman Bloodstock verkauft, Anthony Stroud bot damals für Klaus Allofs, der sich somit die Hälfte des Hengstes sicherte.
Schon früh ging ihm ein großer Ruf voraus, so dass er zweijährig Ende August in Baden-Baden über 1400 Meter als 14:10-Favorit debutierte. Gegen Sugar Daddy hatte er überraschend keine Chance, gewann dann aber vier Wochen später in Köln sicher gegen Kastano, im weiteren Feld waren die später auf Gruppe-Ebene erfolgreichen Tusked Wings und Dragon Lips.
So war die Favoritenstellung im Preis des Winterfavoriten fast schon folgerichtig. Langtang setzte sich unter seinem ständigen Jockey Eduardo Pedroza leicht gegen Fulminato und Real Value durch, dahinter hatten mehrere Pferde nicht das beste Rennen wie etwa Colomano, ein Zuchtgefährte des Siegers. Langtang bekam ein Rating von 94,5kg, womit er zusammen mit Colomano und dem später nach Hong Kong verkauften Skarino Gold der am höchsten eingeschätzte Vertreter des Jahrgangs 2014 war.
Natürlich war das Derby 2017 das große Ziel. Langtang wurde im Dr. Busch-Memorial Favorit, musste sich aber hinter Dragon Lips, der dann im Laufe des Jahres ebenfalls den Weg nach Hong Kong antrat, mit Platz zwei zufrieden geben, vor Savile Row und Colomano. Mit gewonnener Kondition und auf deutlich passenderer, längerer Distanz gewann er dann in Baden-Baden den Ittlingen Derby Trial gegen Rebello und Kastano, wurde folgerichtig in den einschlägigen Wettmärkten der Favorit für Hamburg. Doch es sollte anders kommen: Bei der Abschlussarbeit für das Derby zog sich Langtang eine Verletzung zu, die ihn zunächst für das „Blaue Band“, dann sogar für die gesamte Saison außer Gefecht setzte. Er sollte nur noch einmal laufen, im Mai 2018, in einem Listenrennen in Köln, in dem er respektabler Zweiter hinter Devastar war.
Es ist müßig zu spekulieren, was er ohne die Verletzung hätte erreichen können. Doch stammt er aus einer Familie, deren Mitglieder im Alter eigentlich immer besser werden, deshalb hatte er mit Sicherheit weiteres Steigerungspotenzial.
Seine Mutter La Vinchina ist nicht gelaufen. Sie startete in der Zucht mit Honest Boy (Dubawi), der an Godolphin verkauft wurde, aber nur ein kleines Rennen in Bahrain gewinnen konnte. Eine sehr gute Stute war ihr zweiter Nachkomme Lacy (Authorized), eigentlich als Jährling an Werner Heinz verkauft, später aber wieder in Fährhofer Farben unterwegs, Siegerin im T. von Zastrow-Stutenpreis (Gr. III) sowie in zwei Listenrennen, mehrfach auch prominent platziert, so als Zweite im Premio Lydia Tesio (Gr. I) und als Dritte im Cardinal Handicap (Gr. III) in Churchill Downs. Jetzt sechsjährig ist der mehrfache Sieger Licinius (Halling). Der drei Jahre alte Larger than Life (Camelot) ist als Jährling für 185.000gns. nach Irland verkauft worden, für Trainerin Jessica Harrington hat er letztes Jahr einen unauffälligen Start absolviert. Ein zwei Jahre alter Frankel-Sohn brachte bei Tattersalls 375.000gns, er ging an King Power Racing, das Unternehmen des wenige Tage nach der Auktion tödlich verunglückten Vichai Srivaddhanaprabha. Wie es und ob es mit King Power weitergeht, ist unverändert unklar. La Vinchina hat einen Jährlingshengst von Galileo, so ist bei ihren Nachkommen noch einiges zu erwarten.
Es handelt sich um die Familie der 1971 von Walther Jacobs aus England eingeführten Love In (Crepello), die eine herausragende Linie gegründet hat. Nicht weniger als 44 Black Type-Sieger gehen auf sie zurück, darunter sind eine ganze Reihe von Deckhengsten, so Lagunas, Laveron, Lavirco, Loco, Lomitas, Lord of England und Lyonel’s Glory, um sie in alphabetischer Reihenfolge aufzuzählen. Lirung, ganz sicher einer der Stars der Familie, wäre bestimmt ein exzellenter Deckhengst geworden, wäre er nicht früh eingegangen. Aktuell ist Loxley zu erwähnen, für Godolphin Sieger im Grand Prix de Deauville 2018. Eine Linie also, die Jahr für Jahr herausragende Pferde bringt.
Langtang, der im Gestüt Graditz debutiert, ist fraglos kein unspannender Hengst. Wenn er an die Tradition der Familie anknüpft, hat er alle Chancen auf eine positive Karriere.