TurfTimes:
Ausgabe 246 vom Donnerstag, 20.12.2012
Es ist nicht so, dass die Zahl der Deckhengste in Deutschland, die auf kurzen Strecken besonders erfolgreich waren, sehr hoch ist. Im Gegensatz etwa zu England/Irland, wo Hengste, die auf langen Strecken bessere Rennen gewonnen haben, eher etwas misstrauisch gesehen werden und teilweise sogar in der National Hunt-Zucht eingesetzt werden, selbst wenn sie große Rennklasse hatten. Was allerdings keineswegs negativ gesehen werden muss, denn auch in dieser Sparte kann gutes Geld verdient werden. Äußerst populär sind jedoch Hengste mit herausragenden Leistungen auf kurzen Distanzen, ihre Nachkommen versprechen frühe Amortisation, es sind somit auch kommerziell interessante Vererber.
Amico Fritz bei der Deckhengstkörung in Düsseldorf mit Betreuerin Renate Beltermann. www.dequia.de
Amico Fritz, der im kommenden Jahr in Harzburg debutiert, ist ein solcher Hengst. Er war 2010 der am höchsten eingestufte Flieger in Deutschland, wurde hart geprüft und geht auf eine der erfolgreichsten Schlenderhaner Familien zurück. 37 Starts hat er für seinen Züchter Alexander Pereira absolviert, hat neun Rennen gewonnen und war weitere 19mal in den Geldrängen zu finden. Von seinem Quartier in Beaupreau an der Loire, wo Trainer Henri-Alex Pantall ansässig ist, hat er so manche strapaziöse Reise durch Europa oder nach Übersee angetreten und das alles bestens verkraftet.
Die Rennkarriere
Er debutierte dreijährig im Frühjahr, im Juli legte er bei seinem fünften Start in Deauville in einem Verkaufsrennen über 1300m der Sandbahn die Maidenschaft ab, gewann gleich anschließend ein weiteres Rennen dieser Kategorie über 1200m auf Gras in Maisons-Laffitte. In beiden Fällen gab es keine Interessenten, zum Glück für den Besitzer. Allerdings mag auch eine Rolle gespielt haben, dass Amico Fritz in Deutschland gezogen ist, deshalb in Frankreich keine Prämienberechtigung hat.
Der erste Gruppe-Sieg: Amico Fritz mit Fabrice Veron gewinnt das Benazet-Rennen in Hoppegarten. www.galoppfoto.de - Frank Sorge
Richtig in Tritt kam er zu Beginn des Jahres 2010, als er innerhalb weniger Wochen vier Rennen gewann. Es warten zwei Handicaps über 1300m auf der Sandbahn in Cagnes-sur-mer, ein über 1200m führendes Quinté-Handicap in Fontainebleau und auf dieser Bahn dann ein Listenrennen gleichfalls über 1200m.
Fortan waren Gruppe-Rennen sein Betätigungsfeld. Er startete erstmals in Deutschland Anfang Mai in Köln in der Silbernen Peitsche, in der er Dritter hinter Contat und Smooth Operator wurde. Anschließend gewann er das in jenem Jahr in Hoppegarten ausgetragene Benazet-Rennen (Gr. III) unter Fabrice Veron gegen Indomito und Contat. Während Royal Ascot zeigte er im Juni danach die möglicherweise beste Leistung seiner Karriere, als er in den von Starspangeldbanner gewonnenen Golden Jubilee Stakes (Gr. I) über 1200m auf nicht einmal idealer Spur Fünfter wurde und dabei u.a. War Artist, Marchand d'Or, Lord Shanakill, Sayif und Showcasing hinter sich ließ. Nach einem vergeblichen Auftritt in Deauville ging es noch einmal nach Deutschland, wo er sich in einem 12köpfigen Feld in der Goldenen Peitsche (Gr. II) gegen Contat und die spätere Gr. I-Siegerin Gilt Edge Girl durchsetzte, im geschlagenen Feld war der an diesem Tag allerdings indisponierte Overdose. Weitere Starts in Longchamp und Woodbine/Kanada brachten nichts ein.
Der prestigeträchtigste Erfolg gegen Overdose & Co.: Amico Fritz (Mitte) mit Fabrice Veron gewinnt die 140. bestwetten.de Goldene Peitsche. www.galoppfoto.de - Frank Sorge
Der fünfjährige Amico Fritz startete mit einem Sieg in der Silbernen Peitsche (Gr. III) über 1300m in Köln gegen Walero und König Concorde, gefolgt von einem erneut respektablen Auftritt in den Golden Jubilee Stakes (Gr. I) in Royal Ascot, wo er bei 16 Startern Sechster wurde. Anschließend verlor er etwas die Form und konnte auch in diesem Jahr nicht mehr an seine Top-Leistungen anknüpfen. Der vierte Rang im Premio Tudini (Gr. III) im Frühjahr in Rom war seine beste Vorstellung, anschließend gab es noch mehrere Platzierungen auf kleinerer Ebene.
Die Abstammung
Sein Vater Fasliyev (Nureyev) war nur zweijährig am Start, blieb bei fünf Starts ungeschlagen und war das herausragende Pferd seines Jahrgangs. Für Trainer Aidan O'Brien gewann er u.a. die Heinz 57 Phoenix Stakes (Gr. I) und den Prix Morny (Gr. I). Er begann seine Deckhengstkarriere in Coolmore, wo er eine Reihe von Black Type-Pferden brachte, darunter den Gr. II-Sieger Chineur, vor einigen Jahren wurde er nach Japan verkauft.
Die Mutter Arctic Appeal (Ahonoora) war eine harte und gute Sprinterin, die von dem legendären Jack Berry trainiert wurde, in England drei Rennen gewann und im Ayr Gold Cup bei 28 Startern Fünfte war. Ende 1992 erwarb sie Alexander Pereira in England, sie lief dann vierjährig für Trainer Uwe Stoltefuß, konnte sich mehrfach in besseren Handicaps platzieren, so als Zweite in einem 1300-m-Ausgleich I in Hannover. Neben Amico Fritz hat sie die listenplatziert gelaufene Arlekinada (Lycius) und vor allem Arlecchina (Mtoto) gebracht, eine ähnlich harte Rennstute wie ihre Mutter, Listensiegerin in Hoppegarten, erfolgreich in den 1000 Guineas der Schweiz und mehrere Male gruppe- und listenplatziert. Sie war in sieben Ländern inklusive Dubai am Start, hatte ein GAG von 91,5 kg und ist inzwischen Siegermutter.
Arctic Appeal ist Halbschwester von Anusha (Alzao), die im irischen Leopardstown das Ladbrokes Handicap Hurdle (Gr. I) gewonnen hat. Die nächste Mutter ist die später nach Irland verkaufte Schlenderhanerin Arita (Kronzeuge), Siegerin im Festa-Rennen (LR), Schwester des Preis von Europa (Gr. I)-Siegers und Deckhengstes Ataxerxes (Exbury).
Freude über den Gewinn des schönsten Ehrenpreises im deutschen Turf: Besitzer Alexander Pereira (Zweiter von rechts) mit Amico Fritz und Jockey Fabrice Veron nach dem Sieg in der 140. Goldenen Peitsche. www.galoppfoto.de - Frank Sorge
Der Standort
Amico Fritz hat sich in Harzburg in jedem Fall bestens eingelebt. Das Standortgestüt wird ihn unterstützen, natürlich auch Besitzer und Züchter Alexander Pereira, der mit Brangäne die Mutter der Ratibor-Dritten Beatrice zu seinem Hengst schicken wird. Ein Boxennachbar von Amico Fritz ist Adlerflug, dessen sechste Mutter die Schlenderhanerin Aster (Oleander) ist - es ist die siebte Mutter von Amico Fritz. Doch ins Gehege werden sich der Flieger Amico Fritz und der Steher Adlerflug mit Sicherheit nicht kommen. Die Decktaxe für Amico Fritz wurde auf 3.000 Euro festgesetzt.