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Irish National Stud: Colonel William Hall-Walker und Horoskope für die Fohlen

Das Skelett des berühmten Arkle im Eingangsbereich des Irish National Stud. Foto: Karina Strübbe

Autor: 

Karina Strübbe

TurfTimes: 

Ausgabe 194 vom Donnerstag, 08.12.2011

Wenn ein Züchter für seine neugeborenen Fohlen Horoskope erstellen lässt und sie nur für die Rennbahn vorbereiten lässt, wenn die Vorhersage eine Gutes verheißende war, klingt das nicht gerade nach einem erfolgreichen Züchter. Doch die ungewöhnliche Methode, die Colonel William Hall-Walker bei der Auswahl künftiger Rennpferde traf, so zumindest die Überlieferung, hatte Erfolg. Nur wenige Jahre nachdem Hall-Walker 1900 sein Gestüt nahe dem Curragh eröffnet hatte, züchtete er mit Minrou einen Sieger sowohl der englischen 2000 Guineas als auch des Derbys. Kurze Zeit später folgte Prince Palatine, der gleich zweimal den Ascot Gold Cup für sich entscheiden konnte. Wie das Horoskop dieser beiden vierbeinigen Stars ausgesehen hat, ist nicht bekannt, wohl aber, was aus dem Gestüt von Willam Hall-Walker, später Lord Wavertree, geworden ist. Es ist das heutige  Irish National Stud. Dabei entbehrt es nicht gewisser Ironie, dass der Gründer ausgerechnet ein in England lebender Schotte war.

Der Weg zum Hengstall. Foto: Karina StrübbeDer Weg zum Hengstall. Foto: Karina Strübbe

Factfile: Irish National Stud
Gegründet:

1909, Irisches Nationalgestüt seit 1946

Wo:

Tully, Kildare / Irland

Web:http://irishnationalstud.ie/
Email:stud@irish-national-stud.ie
Beste Hengste:
Indian Ridge, Ahonoora, Verglas, Invincible Spirit (früher: Royal Charger)
Beste Zuchtergebnisse:

Sun Chariot, Compton Place, Desert King, Tap On Wood, Giolla Mear (ganz früh: Minoru, Blandford, Prince Palatine)

Aktuelle Deckhengste:

Amadeus Wolf, Art Connoisseur, Big Bad Bob, Invincible Spirit, Jeremy, Lord Shanakill

Im Sun Chariot Yard werden die Gaststuten untergebracht. Foto: Karina StrübbeIm Sun Chariot Yard werden die Gaststuten untergebracht. Foto: Karina StrübbeÜberhaupt kann dem Schotten ein gewisses Maß an Exzentrik nicht abgesprochen werden. Nicht nur der Horoskope wegen...  Neben seinem neuen Gestüt besaß der umtriebige Walker Poloponys in England, war selbst schon lange Rennpferdebesitzer, zudem soll er es gewesen sein, der niemand Geringeren als den Aga Khan III. in den englischen Rennsport einführte. Doch aller Verschrobenheit zum Trotz beschränkte er sich nicht auf die Sterne, sondern schuf gleichzeitig ein hochmodernes Gestüt mit Stalltrakten und Anlagen, die zum großen Teil noch heute genutzt werden.

Weitläufige Koppeln. Foto: Karina StrübbeWeitläufige Koppeln. Foto: Karina Strübbe1916 jedoch stiftete Hall-Walker sein Gestüt der britischen Regierung zwecks Gründung eines britischen Nationalgestüts, möglicherweise um im Gegenzug an einen Adelstitel zu kommen. Gut 20 Jahre lang knüpfte das Nationalgestüt beinahe nahtlos unter der Regie von Sir Henry an die vorherigen Erfolge an, bevor 1943 die noch junge Republik Irland das Anwesen in Kildare erwarb und 1946 das Irish National Stud offiziell gründete.

Das geschichtsträchtige Sun Chariot Yard. Foto: Karina StrübbeDas geschichtsträchtige Sun Chariot Yard. Foto: Karina Strübbe

1942 avancierte die in Tully gezogene Sun Chariot, zu dem Zeitpunkt noch in den Farben von König George VI., zur Triple Crown-Siegerin bei den Stuten, als sie 1000 Guineas, Oaks und das St. Leger gewann. Im Irish National Stud erinnert noch heute ein Stalltrakt, der Sun Chariot Yard, an die großartige Stute. Im Sun Chariot Yard werden im Frühjahr die Gaststuten und im Herbst die Auktionsjährlinge untergebracht, die direkt dahinter liegende Abfohlstation wird jedoch aus einem recht banalen Grund nicht mehr benutzt. Sie liegt zu nahe an einer Straße, die zu dem typischen Abfohlzeiten stark von Lastwagen befahren wird. Aus diesem Grund wurde die Station vor einigen Jahren verlegt.

Die Geschichte lebt jedoch nicht nur auf dem Sun Chariot Hof, auch viele der anderen Ställe auf dem großzügigen, insgesamt fast 400 Hektar großen Areal, spielen auf vierbeinige Heroen an. Der Blandford Yard erinnert an den gleichnamigen mehrfachen Champion-Deckhengst, der Black Cherry Yard an dessen Großmutter. Aber auch in späteren Jahren kamen immer wieder sehr gute Rennpferde aus der Zucht des Irish National Studs, darunter Giolla Mear, Tap On Wood oder in jüngerer Vergangenheit Desert King und Daytona.

Stallion Big Bad Bob. Foto: Karina StrübbeStallion Big Bad Bob. Foto: Karina StrübbeAber nicht nur die Nachkommen machten von sich reden, auch standen immer wieder gute Hengste im Irish National Stud. Ahonoora, Indian Ridge und der in diesem Jahr eingegangene Verglas, der ausgerechnet bei den Vorbereitungen zum Besuch der Queen in diesem Jahr in seiner Box tödlich verunglückte,, sind nur einige Beispiele. Bei den Stuten ist natürlich Urban Sea nicht zu vergessen, die acht Jahre lang bis zu ihrem Tod 2009 in Tully zu Hause war, sodass ihr berühmtester Sohn Sea The Stars ebenfalls auf dem Irish National Stud das Licht der Welt erblickte.

Der aktuelle Star im Irish National Stud: Invincible Spirit. Foto: Karina StrübbeDer aktuelle Star im Irish National Stud: Invincible Spirit. Foto: Karina StrübbeAktueller Star des Gestüts ist nach dem Tod Verglas’ Invincible Spirit. Mit einer Decktaxe von aktuell 60.000 Pfund ist der Vater von sechs Gruppe I-Siegern auch der teuerste der Deckhengste im Irish National Stud. Seine Kollegen Art Connoisseur, Big Bad Bob, Lord Shanakill, Amadeus Wolf und Jeremy sind da für deutlich weniger Geld zu haben, denn eins der Ziele des Gestüts war und ist es, irischen Züchtern gute Hengste zu bezahlbaren Konditionen zur Verfügung zu stellen.

Untergebracht sind Invincible Spirit und Co. nach wie vor in dem bereits von Hall-Walker Anfang des 20. Jahrhunderts konzipierten Hengststall. Geräumig und bereits mit viel Licht hereinlassenden Dachfenstern versehen, ist der Stall auch heute noch in Gebrauch und braucht keinen Vergleich zu scheuen.

Hier wohnen die Deckhengste im Irish National Stud. Foto: Karina StrübbeHier wohnen die Deckhengste im Irish National Stud. Foto: Karina StrübbeDoch das Irish National Stud, das übrigens ganzjährig Besuchern offensteht, hat neben den dort stationierten Vierbeinern noch einiges mehr zu bieten. 1977 wurde das Irish Horse Museum eröffnet, dessen größte Attraktion das Skelett des legendären Arkle ist. Dieses begrüßt den Besucher direkt im Eingangsbereich. Darüber hinaus bietet das kleine, aber feine Museum einen Streifzug durch die Geschichte der Pferderennen und der Vollblutzucht mit einem besonderen Augenmerk auf die irische Zucht natürlich. Neben Infotafeln sind auch einige „Reliquien“ ausgestellt, das Halfter von Sea The Stars, der Renndress von Vintage Crop, der sein Rentnerdasein auf den weitläufigen Weiden des Irish National Studs genießt, oder eine Peitsche von Sir Gordon Richards.

Karina Strübbe

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