TurfTimes:
Ausgabe 583 vom Freitag, 30.08.2019
Ein Highlight jagte das nächste bei Yorks Ebor-Festival 2019; über den Start der beiden höchsteingeschätzten Pferde Welt – Crystal Ocean und Enable – hatten wir in der letzten Ausgabe noch berichten können. Der beste Steher der Insel, Bjorn Nielsens von John Gosden trainierter Stradivarius, gab sich am dritten Meetingtag die Ehre. Erwartungsgemäß war der Gewinn des Lonsdale Cup (Gr.I, 3270m), gegen ein leider extrem kleines Feld, eine Formalität; einhergehend mit (s)einem zweiten Weatherbys Million-Bonus, den das Unternehmen Weatherbys - Datenverwalter, Versicherer und Bank des englischen Rennsports – quasi wider besseren Wissens noch einmal ausgelobt hatte.
Auf Cup-Distanzen jenseits der 2800m hat der Sea the Stars-Sohn auf der Insel keinerlei Konkurrenz; erneut musste sich Mark Johnstons Dee Ex Bee geschlagen geben, der zudem mit Nasenbluten aus dem Rennen kam. Stradivarius leistet auf der Rennbahn Großes, ist erstaunlicherweise ein eher kleiner Hengst, der inzwischen im Führring lautstark auf sich aufmerksam macht und auf dem Weg zum Start tatsächlich eine Rodeo-Einlage ablieferte. In Rennen selber liefert er ein um andere Mal ab, ein Profi. Er wird im Training bleiben und steht schon heute den großen Stehern wie Ardross, Le Moss, Sagaro oder Yeats wenig nach; Besitzer Nielsen träumt gar von einem Start im Prix de L´Arc de Triomphe. Weatherbys ließ offen, ob sie die Steher-Serie auch in 2020 wieder sponsoren werden; „Ich weiß nicht, ob die Chefetage noch einmal davon überzeugt werden kann“ so ein Sprecher des Unternehmens.
Vom Steher zum vermutlich schnellsten Pferd der Welt dauert es in York nur eine Stunde; endlich konnte Hamdan al Maktoums Battaash (Trainer: Charlie Hills) auch in York sein ungemeines Leistungsvermögen abrufen. Inzwischen Wallach, hatte der Dark Angel- Sohn aus einer Lawman-Mutter aus unerfindlichen Gründen gerade in York seine Nerven nicht immer im Griff, diesmal – auch nachdem Hills einige Abläufe dem fragilen Temperament angepasst hatte - gewann er die Nunthorpe Stakes (Gr.1, 1000m) wie ein Pferd von einem anderen Stern. Knapp 50 mph (80 Stundenkilometer) wurde er in der Spitze gemessen, 55.9 sec. brauchte er für die 1000m; über drei Längen Vorsprung waren es im Ziel. „Er ist so schnell, es ist fast lächerlich“ bekannte Hills nach dem Rennen, der einige Jahresziele im Kopf hat. Ob Battaash im Breeders´ Cup antreten wird, ließ Besitzer Hamdan al Maktoum offen: „Trainer wollen immer viel; wir werden sehen“ grummelte er in die Mikrofone.
Richard Hannon Jun. hat besonders viel Grund, sich auf 2020 zu freuen. Nach dem ungemein beeindruckenden Sieg von Mums Tipple (Tipple im Übrigen Slang für einen Drink) im Auktionsrennen legte Cheveley Parks Threat – ein seltenen Fohlenzukauf der Traditions-Zuchtstätte- in den Gimcrack -Stakes (Gr.2, 1200m) in ebensolcher Manier nach (Threat = englisch für Bedrohung). Beide Hengste sind fuchsfarbene Söhne des Coolmore-Hengstes Footstepsinthesand; sicher nicht der „aktuellste“ Hengst des Gestüts, aber einer, der sich dort seit vielen Jahren mit konstanten Nachkommen hält. Hannon jun. hatte schon vor dem Ebor-Festival keinen Hehl aus seiner hohen Einschätzung beider Hengste gemacht; vor allem bei Threat war der Sieg in York Wiedergutmachung einer geschundenen Trainer-Seele, nach der Niederlage in Goodwood. „Ich war wie taub, man hätte mich schlagen können und ich hätte nichts gespürt“ bekannte der stets freimütige Trainer nach dem jüngsten Erfolg. Beide Hengste sollen nun auf getrennten Wegen die 2000 Guineas 2020 ansteuern.
Doch das Ebor-Festival heißt Ebor-Festival, und es ist benannt nach dem Ebor Handicap, in diesem Jahr erstmals mit 1.000.000 (in Worten: einer Million) (!) Pfund dotiert. Wie das Grand National ist das Rennen nun ein offenes Handicap (das höchsteingeschätze Pferd hatte in Rating von 113 (rund 96kg GAG); die zu tragenden Gewichte der anderen Starter errechnen sich aus dessen Rating), Dreijährige sind nicht mehr zugelassen. „Ich hoffe sehr, dass das Rennen in dieser Form bleibt“ erklärte Rennbahnverwalter William Derby am Rande des Rennens, „wir sind eine Stiftung und machen keine Gewinne, zudem haben wir mit [Buchmacher] Sky Bet einen sehr guten Partner, der prozentual an den Rennpreisen beteiligt ist.“
Die drei erstplatzieren sind automatisch für den Melbourne Cup qualifiziert; dies war allerdings immer das erklärte Ziel des in Irland trainierten Siegers Mustajeer (Trainer Ger Lyons Jockey: Colin Keane), in den sich Besitzergemeinschaft Australian Bloodstock bereits Anfang des Jahres eingekauft hatte. Lyons, trotz starker Konkurrenz einer der Top-Trainer Irlands, hatte das Millionen-Ebor nach dem vierten Platz Mustajeers im Vorjahr sofort fest ins Visier genommen. „Die [Vor]-Besitzer wollten nach Australien usw., aber ich habe gesagt, dies ist ein richtig gutes Pferd, lasst es mich wie eines trainieren. Wir haben sofort rückwärts gerechnet. Dies war immer der Plan“ so Lyons, der selber nicht anwesend war und von seiner Tochter vertreten wurde.
Mustajeer, ein inzwischen sechsjähriger Medicean-Sohn aus der Shadwell-Zucht von Hamdan al Maktoum, hatte sich mit soliden Leistungen in Gruppe-Rennen vorbereitet, und war mit exakt der gleichen Marke wie in 2018 an den Start gekommen. Im letzten Jahr trug er Startnummer 5, diesmal 17; so sehr hatten sich die Ratings verschoben, auch komprimiert (das gesamte Feld trennten nur 8 Pfund). Der Wallach wird nun nach Australien in die Obhut eines neuen Trainers wechseln; für die neuen, alleinigen Besitzer Australian Bloodstock, hierzulande natürlich bestens bekannt, ist er nur eines von ca. zehn Eisen im Feuer des Melbourne-Cup. Der von Andreas Wöhler trainierte Trocedor ist und bleibt die Nummer Eins, und soll sich über Baden-Baden und das deutsche St. Leger für das Monster-Rennen Anfang November fit machen. Dass Mustajeer es in Melbourne nicht leicht haben wird, bekannte auch (Ex-)Trainer Lyons:“ Ob er einen Melbourne Cup gewinnen kann? Ich weiss es nicht. Bessere Pferde als er haben es versucht und nicht geschafft. In meinen Augen ist der höchstdotierteste Bumper [Flachrennen für Hindernispferde] der Welt, man braucht ja auch sehr viel Glück. Ich wünsche den neuen Besitzer alles Gute, es ist nun nicht mehr mein Problem.“
Hinter Mustajeer belegte Godolphins Red Galileo, geritten vom jungen Nachwuchs-Jockey Cieren Fallon, Platz Zwei. Dessen Vater Kieren hätte eigentlich im Iffezheimer Legenden-Rennen reiten sollen, zog aber einen Besuch in York dieser Verpflichtung vor. „Ja, Dad ist hier irgendwo“ bekannte Fallon Jun. auf Nachfrage; und fast hätte er ja auch einen vollen und tollen Erfolg des Sohnes bejubeln können. Auch in der Niederlage stellte Fallon jun., der erst seit drei Jahren reitet und in dieser Saison in England in aller Munde ist. sein großes Talent unter Beweis; hier ist der Apfel nicht weit vom Baum gefallen. Für Godolphin war es bei nur sechs Startern in York die beste Platzierung, immerhin mit knapp 180.000 Pfund belohnt.
Catrin Nack