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Direktoriums-Präsident Woeste: "Sonst sind wir tot"

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 149 vom Freitag, 28.01.2011

In den großen Jahren des deutschen Galopprennsports, als die Oberen jedes Jahr bessere Zahlen als noch zwölf Monate zuvor verkünden konnten, waren die Jahrespressekonferenzen des Galopper-Dachverbandes noch wahre Festivitäten. Da wurde schon einmal in das noble Kölner Hotel Excelsior eingeladen und die Veranstaltungen endeten häufig, insbesondere als der genussfrohe Alt-Bundespräsident Walter Scheel dem Direktorium vorstand, mit einer Verlängerung  in einer der umliegenden Kneipen. Eigentlich herrschte durchgehend gute Laune.

Das war schon in den ersten  Jahren in der Ägide des unglücklichen Jochen Borchert anders, und vor sechs Jahren wurde diese Veranstaltung, eine Art Bilanzpressekonferenz, dann ganz eingestellt. Die Wiedergeburt fand nun am Donnerstag im schmucklosen Bau des Verbandes in Köln statt, das Auditorium war übersichtlich und bestand letztlich nur aus Fachleuten. Diese konnte der 48 Stunden zuvor in seinem Amt als Verbands-Vorsitzender für drei Jahre bestätigte Albrecht Woeste denn auch nicht zwingend mit guten Nachrichten erfreuen. Auch wenn er eingangs meinte, dass sich die Situation deutlich besser darstellen würde als noch zu Beginn des Jahres 2010. „Damals waren die angestrebten vier Millionen Euro für unseren Fonds noch nicht eingeworben, damals stand die Zukunft von Baden-Baden noch in den Sternen“, erinnerte er. Das erforderliche Geld war kurze Zeit später da und auch in Iffezheim wurden die Tore wieder geöffnet, zumindest zur „Großen Woche“. Baden Racing wird so logischerweise als Vorzeige-Modell hingestellt, „weil das dort erzielte erhebliche Umsatzplus  gezeigt hat, dass es noch erhebliches Wachstumspotenzial gibt“, so Andreas Tiedtke, der seit einigen Wochen als geschäftsführender Vorstand im Direktorium agiert.

Dass die Baustellen unverändert vorhanden sind, ist jedoch jedem klar. Zumindest in den Strukturen des Verbandes  wurde eine deutliche Verschlankung vorgenommen, nach einer Satzungsänderung soll jetzt ein fünfköpfiges Präsidium mit Woeste, Manfred Ostermann, Jan-Anthony Vogel, Denis Hartenstein und einem noch von der Besitzervereinigung zu bestimmenden Mitglied weitgehend das operative Geschäft leiten. Die vorgelegten Zahlen zeigen, dass sich die Situation im Jahre 2010 zumindest konsolidiert hat, was etwa Rennpreise oder Pferde im Training betrifft, dass die Umsatzlage jedoch unverändert zu Besorgnis Anlass gibt, auch die Zahl der geborenen Fohlen. 1035 erblickten 2010 in Deutschland das Licht der Welt, „wenn wir unter die Tausendergrenze kommen, wird die Situation kritisch“, meinte Tiedtke. Im Klartext: Das ehrgeizige Ziel, die Zahl der Rennveranstaltungen zu erhöhen, kann mangels Masse nicht verwirklicht werden, zumal der Drang ins benachbarte Ausland, in erster Linie wegen der dort gezahlten besseren Rennpreise, weiter anhält. „Ohne dauerhaft mehr Renntage können wir das derzeitige Niveau nicht halten“, glaubt Tiedtke.

Ein wichtiges Thema wird in den kommenden Wochen der Ende des Jahres auslaufende Glücksspielstaatsvertrag sein. Im März wird mit einer diesbezüglichen Entscheidung gerechnet, für den Rennsport ist dieser Kontrakt überlebenswichtig, „auch wenn wir da nur ein Minirädchen sind“, sagt Albrecht Woeste. Noch am Freitag begab er sich zusammen mit Andreas Tiedtke in die Staatskanzlei nach Magdeburg, da das Land Sachsen-Anhalt in dieser Materie federführend ist. Sollten sich die Länder zu einer Monopollösung entschließen, die dem Lotto eine Art Alleinstellungsmerkmal gibt, könnte es eng werden. „Ich glaube persönlich nicht daran“, meint Woeste, „doch müssen wir alles tun, um zu verhindern, dass wir die Rückvergütung der Rennwettsteuer verlieren. Der Bund hat die Verantwortung für die Vollblutzucht übernommen und geregelt, dass sich der Rennsport durch die Rückvergütung finanziert. Wenn die Rennwettsteuer dem Vertrag zum Opfer fällt, weil sonst kein Monopol zustande kommt, dann wird uns die Finanzierungsgrundlage entzogen und wir sind tot.“ Inwieweit der Rennsport allerdings argumentativ an Boden verloren hat, da er selbst durch die Beteiligung an Racebets in das Buchmachergeschäft eingestiegen ist, wurde nicht angesprochen.

So wird auf eine liberale Lösung gehofft, zumal bei der Einwerbung der Fonds-Gelder auch stets darauf hingewiesen wurde, dass sich Racebets bei einer entsprechenden Genehmigung zukünftig auch auf dem Gebiet der Sportwetten tummeln will. Der Galopprennsport ist aber bei all dem nur ein kleines Licht, nicht einmal mit den Trabern gibt es ein Zusammengehen. „In vielen Bereichen sind wir uns schon einig“, bekannte Woeste, „nur wenn wir einen Fehler machen, dann gehen bei uns die Lichter aus. Die Traber sagen das in Person von Günter Herz anders: Wenn ich einen Fehler mache, sagt er, dann bügele ich das aus.“ Der finanzstarke Hamburger Investor steht bekanntlich hinter WinRace, dem privatwirtschaftlich geführten Unternehmen, das die Hoheit über die meisten Rennbahnen übernommen hat, Geld spielt da scheinbar nur eine untergeordnete Rolle.

Deutlich verbessert werden soll die in zuletzt kaum vorhandene Öffentlichkeitsarbeit (Tiedtke: „Wir hatten ja keinen Etat“), auch wenn es wohl auf absehbare Zeit keinen Pressesprecher geben wird. So hatte es das Direktorium nicht einmal für nötig gehalten, zeitnah über die Wiederwahl von Albrecht Woeste („Wir sind lernfähig“) zu berichten. Angestrebt wird wieder eine Fernsehpräsenz, die es seit den Zeiten der Telewette letztlich nicht mehr gegeben hat. „Wir sind in Gesprächen mit mehreren Free TV-Sendern“, berichtete Tiedtke, „das Konzept für eine entsprechende Sendung liegt in der Schublade und auch das Geld ist dafür da. Billig ist das halt nicht. Es gibt aber so furchtbare Pferdesportarten wie Spring- oder Dressurreiten, darüber steht viel in der Presse und es wird viel im Fernsehen gezeigt. Da müssen wir auch hinkommen.“

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