TurfTimes:
Ausgabe 226 vom Donnerstag, 02.08.2012
Die Vorstellung des Soldier Hollow-Sohnes Pastorius am letzten Sonntag im Großen Dallmayr-Preis (Gruppe I, 2000m, 155.000€) ließ so manchen Betrachter mit staunend geöffnetem Mund zurück. Ein überlegener Acht-Längen-Triumph in einer ansprechend besetzten Gruppe I-Prüfung für den aktuellen Derby-Sieger beim ersten Start nach dem Horner Überraschungstreffer, das ist schon ein Wort. Statt der von manchen Beobachtern vorschnell befürchteten Eintagsfliege dürfte es sich bei Pastorius um einen veritablen Crack handeln, der nicht nur eine einmalige Sternstunde auf der Horner Rennbahn feiern konnte, sondern nach mittlerweile schon drei Gruppe-Treffern vor einer großen Zukunft steht.
Sofort nach dem Rennen begann das Rätselraten, wann es letztmals einen Derby-Sieger gab, der sich so imposant beim ersten Auftritt nach Hamburg präsentierte. Wir haben einen Blick in die Annalen getan und Rennkarrieren von Derby-Siegern durchforstet, doch können auch wir die Frage nicht abschließend beantworten. Wir sind bis 1980 zurückgegangen, doch haben wir in dieser Zeit keinen Derby-Sieger gefunden, der Pastorius das Wasser reichen konnte.
Pastorius (rechts) gewinnt den Großen Dallmayr-Preis, Gr. I, mit acht Längen vor Durban Thunder und Zazou: Hat es so eine beeindruckende Vorstellung eines frischgebackenen Derbysiegers schon einnmal gegeben? Fotos: Wiebke Brem (links) und Sebastian Höger (rechts)
Im letzten Jahrzehnt gelang überhaupt nur Wiener Walzer 2009 (kurzer Kopf vor Getaway im Rheinland-Pokal auf Gruppe I-Ebene), Kamsin 2008 (nach später erfolgter Disqualifikation des ursprünglichen Siegers Oriental Tiger mit einer halben Länge vor dem Briten Papal Bull im Rheinland-Pokal auf Gruppe I-Ebene) und Dai Jin 2003 (zweieinhalb Längen vor seinem Vorgänger Next Desert im selben Kölner Gruppe I-Rennen) ein Sieg im unmittelbar nach dem Derby gelaufenen Rennen.
Im Jahr 2000 siegte der Karlshofer Samum mit demselben Vorsprung wie Dai Jin im Großen Preis von Baden auf Gruppe I-Ebene vor der Schlenderhanerin Catella. Genau doppelt so groß war der Vorsprung seines Vorgängers Belenus beim ersten Nach-Hamburg-Sieg im Hoppegartener Europachampionat, doch einschränkend muss bei diesem Fünf-Längen-Sieg im Jahr 1999 angefügt werden, dass es sich „nur“ um eine Gruppe II-Prüfung handelt, die auch 1995 eine Station des Derby-Siegers All My Dreams darstellte, die er mit vier Längen Vorsprung vor dem Rietberger Oxalagu gewann. Weitere Derby-Sieger der 90er Jahre sind nicht zu nennen, auch Stars wie Lando, Lavirco und Borgia floppten alle beim ersten Start nach dem Derby.
Im Jahr 1989 war es Mondrian, der nur drei Wochen nach dem Derby die damals auf dem Düsseldorfer Grafenberg beheimatete Gruppe I-Prüfung auf Steherdistanz mit anderthalb Längen vor Filia Ardross an seine Fahnen heftete. Auch seinem Ammerländer Vorgänger Luigi gelang beim ersten Rennbahnstart nach dem Derby ein Sieg, doch fand dieser erst im Jahr nach dem Derby-Triumph auf Gruppe II-Ebene im Kölner Gerling-Preis statt und fiel mit einer halben Länge Vorsprung zudem recht knapp aus. Auch der Fährhofer Acatenango, der letzte Derby-Sieger der 80er Jahre mit direktem Anschlusserfolg, kann Pastorius nicht vom Thron stürzen. Sein Sieg im zur Gruppe I zählenden Aral-Pokal auf der längst geschlossenen Gelsenkirchener Rennbahn wird im Richterspruch zwar auch als überlegen charakterisiert, doch betrug der Vorsprung vor dem Stallgefährten Abary „nur“ eindreiviertel Länge.
Bei dieser historischen Rückschau bis zum Jahr 1980 haben wir somit insgesamt nur neun Derby-Sieger vor Pastorius gefunden, die im Anschluss an den Horner Erfolg gleich wieder siegreich waren, in allen neun Fällen übrigens über die auch im Derby geforderte 2400m-Distanz. Sechs Derby-Sieger waren wie Pastorius gleich wieder auf Gruppe I-Parkett erfolgreich, dreimal waren es Erfolge in der tieferen Klasse. Belenus (5 Längen) und All My Dreams (4 Längen) waren diejenigen Sieger, die mit dem größten Vorsprung gewannen, allerdings beide auf Gruppe II-Niveau und mit immer noch deutlichem „Rückstand“ auf die acht Längen, die Pastorius zwischen sich und seine kämpfenden Konkurrenten legte. In Gruppe I-Rennen waren es Dai Jin und Samum, die bei ihren direkten Nach-Derby-Erfolgen mit zweieinhalb Längen bislang den größten Vorsprung vor den Gegnern ins Ziel brachten, kein Vergleich zum Vorsprung von Pastorius.
Die Rückschau endet aufgrund der zeitlichen Begrenztheit der Recherche an dieser Stelle, da wir sie in dieser Newsletter-Ausgabe bringen wollten. Eigentlich war das Ziel, denjenigen Derby-Sieger zu identifizieren, der bei seinem ersten Start nach dem Derby mit einem noch größeren Vorsprung die Konkurrenz in die Schranken verwies. Dieses Ziel haben wir nicht erreicht, doch vielleicht können unsere Leser uns helfen und unser Gedächtnis auffrischen. Zuschriften an info@turftimes.de zu dieser Frage sind herzlich willkommen.