Es war nicht der Tag, der den Unterschied machte, sondern die Woche. Ascots Verlust (Turf- Times berichtete in der letzten Woche ausführlich) war Newcastles Gewinn, die Rennbahn erlebte Spitzensport und großen Besucherandrang. Nachdem Trainer Nicky Henderson seinen Nachwuchs-Star der letzten Saison, Constitution Hill, am vorletzten Samstag durchaus kontrovers abgemeldet hatte, trat der fünf Jahre alte Blue Bresil-Sohn am vergangenen Wochenende die weite Reise nach Newcastle an. Immer wieder hatte Henderson, ein Meister, wenn es um Champion Hurdler geht, die Fighting Fifth Hurdle (Gr.I, 3200m) als ersten Aufgalopp für eben seine schnellen Hürden-„Kurzstreckler“ genommen. Mit jeweils acht Siegen ist er tatsächlich Rekord-Trainer nicht nur für Newcastles Top-Prüfung, sondern auch für die Champion Hurdle selber.
Schon vor dem Rennen am Samstag eilte dem erst wenig geprüften, in regulären Rennen (ohne die in England so beliebten Point-to-Point-Rennen) ungeschlagenen Wallach ein Ruf wie ein Donnerhall voraus; zu beeindruckend war sein 22-Längen-Erfolg in der Supreme Novices´ Hurdle (Gr.I, ca. 3300m) im März. Newcastle rief, und alle kamen: „Die Zuschauer standen in Zehnerreihen am Führring“ wurde ein Sprecher der Rennbahn zitiert; richtig so. Es sollen und müssen die Top-Vierbeiner sein, die die Menschen auf die Rennbahn locken. Und Constitution Hill enttäuschte nicht – im Gegenteil. Er gewann nicht nur, er canterte ein Feld sehr guter Pferde förmlich ab; die Zweitplatziere Epatante, ebenfalls bei Henderson im Training und Siegerin des Rennens in den Jahren 2020 (in diesem Jahr gewann sie auch die Champion Hurdle) und 2021 (im toten Rennen mit dem diesmal Drittplatzierten Not so Sleepy) kam zwölf Längen zurück ins Ziel.
Es war zudem die Manier, mit der der Wallach durchs Rennen glitt, seine atemberaubenden Sätze, die lässige, schnelle, mühlelose Art, über die Hürden gleichsam zu wischen. „Bei den guten Hürdenpferden hat man das Gefühl, dass sie den Boden gar nicht verlassen“ wurde Jockey Nico de Boinville sinngemäß zitiert, und so sah es aus. Das Aufeinandertreffen mit einer gewissen Honeysuckle ist eines der am sehnsüchtigsten erwarteten Rennen des Cheltenham Festivals 2023; über Epatante gerechnet, müsste Constitution Hill mit rund sieben Längen gewinnen. Sicher – A schlägt B, C schlägt B und damit schlägt C auch A ist erst einmal nur Theorie, aber auch den größten Honeysuckle-Fans (und die in 16 Starts ungeschlagene Stute hat viele viele Freunde) musste es bei der Leistung angst und bange werden. Nach nur vier Starts scheinen die von der britischen Fachpresse umgehend eingeleiteten Umfragen, ob Constitution Hill das beste Hürdenpferd aller Zeiten sei, etwas verfrüht; dennoch hätte er am Samstag nicht beeindruckender gewinnen können.