TurfTimes:
Ausgabe 147 vom Donnerstag, 13.01.2011
Zweimal hat er diesen Satz schon gesagt, nimmt man die Hindernischampionate hinzu sogar noch öfter. Jetzt, bei seiner anstehenden 4. Championats-Feier in Folge, wird man diese Worte von Trainer Christian von der Recke mit Sicherheit wieder hören: „Es ist schwer ein Championat zu erringen, noch schwerer ist es, ein Championat zu verteidigen!“. Trotzdem hat er es wieder geschafft.
Dass das Finish so knapp war und erst am letzten Renntag des Jahres entschieden wurde – Recke mit 74 Siegen vor Schiergen mit 73 – war im Sinne eines sportlichen Wettkampfes für alle Beteiligten sicher eine ganz unterhaltsame Angelegenheit. Recke scheint solche Situationen beinahe zu lieben, umso mehr natürlich, wenn sie – wie schon im Vorjahr - so knapp zu seinen Gunsten ausgehen. Aber, „wenn du von Anfang an vorne bist, dann willst du dich auch nicht am letzten Renntag wegputzen lassen“, heißt es, „aber ich kenne ‚den Vogel‘ lang genug, um zu wissen, dass der nochmal anfängt zu zaubern, als er nah genug dran war.“ Gemeint ist natürlich Peter Schiergen, der nicht nur Kollege sondern auch Freund im Hause Recke ist. Da darf man so reden. Natürlich war deshalb auch der geplante Start des Gruppesiegers Burma Gold in Neuss für Recke keine Überraschung, „ich war immer informiert, mit welchen Pferden der in Neuss auf der Sandbahn trainiert hat und hab mir natürlich überlegt, welche Figuren nimmst Du, um was zu verteidigen. Das ist ein bisschen wie Schachspielen.“
Auch wenn sicher nicht zu erwarten war, dass der italienische St. Leger-Sieger Burma Gold so im Neusser Sand stecken bleiben würde: Der entscheidende Sieg des frischen England-Imports Bergonzi im ersten Rennen des Silvester-Renntages, der die Entscheidung pro Recke brachte, war das perfekte Finish für das 365 Tage währende Schachspiel eines gewieften Taktikers, der seine Pferde immer so in Stellung bringt, „dass jedes das bestmögliche Rennen gewinnt“.
Bergonzis Championats-Treffer für Christian von der Recke mit der Amateur-Championesse Kirsten Schmitt. www.klatuso.com So begegnet Christian von der Recke gerne auch den Kritikern, die meinen, dass er die kleinen Rennbahnen abgrast, nur der Siege fürs Championat wegen. „Natürlich macht es mehr Spaß in einem Rennen große Summen zu gewinnen, und wenn ich eine Blue Note (Siegerin im BBAG Auktionsrennen Iffezheim) habe, dann freut mich das natürlich riesig“, so Recke, „aber man muss das Beste aus jedem Pferd machen und es seinen Möglichkeiten entsprechend einsetzen. Und dann bin ich lieber Sieger in einem kleineren Rennen als Vorletzter in einem Grupperennen und stehe am Ende mit leeren Händen da.“
Der „Schachspieler“ Recke sieht die Möglichkeiten in seinem Stall realistisch. Während bei anderen Trainern, die die großen Gestüte haben, „die Ställe von allein voll werden“, so wisse er nie, wieviele Jährlinge er kriege, „denn meine Leute züchten nicht“. Denen müsse er die Pferde kaufen und dann geradestehen für den Erfolg oder Misserfolg. Deshalb ist der Pferdehandel das zweite wichtige Standbein Reckes, der häufiger Gast besonders auf den englischen und irischen Auktionsmärkten ist, auf denen er sich durch seine Ausbildungszeit in Noelmeade bestens auskennt. „Da heißt es, seine Hausaufgaben zu machen und nach richtigen (bezahlbaren) Pferden schauen, mit denen die Besitzer möglichst viel Spaß haben“. Pentathlon sei dafür ein gutes Beispiel, „der hat 800 Pfund gekostet, danach fast 10.000 Euro gewonnen und ist dann für 9.000 Euro im Verkaufsrennen verkauft worden“, das sind die Schnäppchen nach Reckes Geschmack: „Ich ärgere mich nicht darüber, dass der Rennsport schlecht läuft oder dass andere vielleicht bessere Pferde haben. Ich muss sehen, dass ich aus meiner Situation das Beste mache. Egal was Du machst. Wenn Du das richtig machst, verdient jeder Geld.“
40 bis 50 Besitzer sind im Stall, wenn ich den Galopp Club Deutschland mit allen Mitgliedern dazu rechne, sind es sogar mehr als 300, lacht Recke. Jeder habe andere Wünsche und Vorstellungen. Der eine fahre lieber nach Meran, der andere nach St. Moritz oder auf kleinere Bahnen wie in Bad Harzburg oder Honzrath. Doch egal wo, überall ginge es darum, dass sich die Besitzer wohlfühlen. „Wie werden meine Besitzer empfangen, wir werden sie angesprochen, wo können sie sitzen? Das sind Dinge um die ich mich selber kümmere und wenn ich auf verschiedenen Bahnen Pferde laufen habe und auf der einen Bahn nicht sein kann, dann sorge ich dafür, dass dort trotzdem eine Flasche Champagner auf dem Tisch steht, damit meine Besitzer bei Laune gehalten werden“, so Recke, schließlich ginge es darum, den Spaß am Rennsport zu vermitteln, der nicht unbedingt was mit den gewonnen Geldpreisen zu tun habe, denn man dürfe nie vergessen: „ Ein Besitzer kann alles machen. Der braucht nicht unbedingt Rennpferde!“
Natürlich kann auch Recke trefflich über die Situation des deutschen Rennsports mitreden und tut das auch in offizieller Mission als Vertreter des Trainer- und Jockey-Verbandes, aber er lamentiert nicht. „Letztlich muss ich meinen Laden in Schwung halten. Die anderen machen meinen Stall nicht voll,“ deshalb spielt Recke auf der einen Seite gerne mit bekannten Größen und sorgte auf dem Galopp-Schachbrett trotzdem gerne mal für schlagzeilenträchtige Überraschungsmomente, wie dem Coup vom 26. September des letzten Jahres als er an einem Tag auf fünf Bahnen sechs Sieger sattelte: „Dafür braucht man viele Leute, die einem helfen. 14 Mann waren unterwegs. Einer muss fahren, einer satteln, einer führen. Und Zuhause geht es ja auch weiter. Deshalb ist der Erfolg immer das Ergebnis einer guten Team-Arbeit.“
Ein Championat aber, sei das Ergebnis eines ganzen Jahres, „da muss man kontinuierlich Siege sammeln“. Dabei war die neue, alte Amateur-Championesse Kirsten Schmitt die erfolgreichste Sammlerin, 26 von 74 Siegen gehen auf ihr Konto. „Es ist schon erstaunlich wie wenig die Jockeys für mich gewonnen haben“, so Recke, „Kirsten Schmitt hat ein unglaublich gute Quote für mich, die geht bestens vorbereitet ins Rennen, deshalb habe ich ihr und meiner Auszubildenden Sabrina Wandt auch in der entscheidenden Phase im Championats-Kampf das volle Vertrauen geschenkt, schließlich bin ich über das ganze Jahr mit den beiden soweit gekommen.“
So dürfen sich die Besitzer, Angestellten und Freunde wieder auf eine neue Championats-Feier freuen, wobei es nicht leicht sein wird die drei vorangegangenen und die Feier zum 1000. Sieger zu toppen. Dass dabei ein Großteil der Trainerprozente von der erzielten Gewinnsumme quasi reinvestiert wird, ist dabei ein offenes Geheimnis. „Aber das ist der Dank an die Besitzer und alle, die mich das ganze Jahr unterstützen!“