"Book 1" bei Tattersalls: Feuerwerk der hohen Preise

Andrew Lloyd-Webber hätte es gefallen. Der britische Musical-Komponist, ein Mann des Theaters, war nicht vor Ort, als am Mittwoch gegen 17 Uhr in Newmarket die wichtigste Inszenierung der diesjährigen October Yearling Sale von Tattersalls über die Bühne ging. Mit der Lot-Nummer 325 war ein von ihm gezogener Dubawi-Hengst aus der Gruppe I-Siegerin Dar Re Mi (Singspiel) in den Ring gekommen, rechter Bruder einer Reihe von Cracks, darunter der zwei Jahre alte To Darn Hot, Favorit an diesem Samstag in den Dewhurst Stakes (Gr. I).

Die Erwartungen des zahlreich erschienenen Publikums – in der Auktionshalle gab es nicht einmal mehr Stehplätze – wurden nicht enttäuscht. Mit einem Zuschlag von 3,5 Millionen gns. wurde der junge Hengst der bislang teuerste Jährling in Europa bei einer Versteigerung. David Redvers unterzeichnete für Al Shaqab den Kaufzettel, katarisches Geld schlug die Millionen aus Dubai, denn Unterbieter war Angus Gold, der Racing Manager von Scheich Hamdan Al Maktoum.

„Die Mutter ist außergewöhnlich, der Vater auch und es handelt sich um einen Jährling ohne Fehl und Tadel“, kommentierte Redvers den Kauf, „Scheich Fahad und seine Brüder wollen das Beste und wollen gegen die besten antreten. Einen Trainer für ihn kann ich noch nicht benennen, aber es kommt eigentlich nur einer in Frage.“ Das dürfte John Gosden sein, der in diesem Jahr Roaring Lion (Kitten's Joy) für Al Shaqab zu drei Gruppe-I-Siegen geführt hat und der auch Too Darn Hot und dessen rechte Schwester trainiert, die exzellente Lah Ti Dar. „Das langfristige Ziel ist natürlich, ihn als Deckhengst aufzustellen“, fügte Redvers hinzu, „und wenn er so gut wird wie sein Bruder, so war das heute ein günstiger Kauf.“

Nur unwesentlich günstiger war für 3,4 Millionen gns. ein Galileo-Hengst aus der Shastye, angeboten am Dienstag im Kontingent des Newsells Park Stud der Familie Jacobs. Das Papier des Jährlings war gerade in den letzten Wochen noch einmal kräftig aufgewertet worden, denn sein rechter Bruder Japan, ein 1,3 Mio gns.-Jährling aus dem Vorjahr, hat die Beresford Stakes (Gr. II) gewonnen und gilt bei Trainer Aidan O’Brien als Anwärter auf klassische Weihen. So war es nicht verwunderlich, dass das Coolmore-Team ihn auf seine Kaufliste gesetzt hatte. Doch mussten schon einige Konkurrenten aus dem Weg geräumt werden, wobei etwas überraschend der japanische Trainer Mitsu Nakauchida der Unterbieter war.

Die Mutter Shastye (Danehill, eine Schwester der Gr. I-Sieger Sagamix (Linamix) und Sagacity (Highest Honor), hat sich für Newsells Park als absolutes Kronjuwel erwiesen. 2005 war sie nach Beendigung ihrer Rennkarriere mit zwei Siegen und einer Listenplatzierung für 625.000gns. gekauft worden. Ihre Nachkommen wurden auf den Auktionen zu absoluten Schlagern. Secret Gesture (Galileo), u.a. Zweite im Henkel Preis der Diana (Gr. I), brachte 2016 in Keeneland 3,5 Millionen Dollar, Sir Isaac Newton (Galileo), später Gr.III-Sieger, erlöste 3,6 Millionen gns, Secret Gaze (Galileo) kostete 1,35 Millionen gns., von Japan war schon die Rede. „Wenn wir den Deckplan machen, dann ist es bei Shastye immer sehr einfach“, sagt Newsells Park-Manager Julian Dollar, „sie geht zu Galileo.“ Natürlich ist sie wieder tragend von dem Coolmore-Champion.

Newsells Park war einmal mehr der führende Anbieter der Auktion. Die 18 verkauften Jährlinge des Gestüts erlösten 11.055.000 gns. Zweitteuerster Verkauf war mit 1,2 Millionen gns. ein Dubawi-Hengst aus der Yummy Mummy (Montjeu), Mutter bereits der dreifachen Gr. I-Siegerin Legatisimo (Danehill Dancer). David Redvers war auch an ihm interessiert, doch bekam Godolphin den Zuschlag. Scheich Mohammed, wie sein Bruder Hamdan-Al-Maktoum und sein Cousin Scheich Obaid an den Auktionstagen präsent, bediente sich zahlreicher Berater, mehrere Kaufzettel unterzeichnete Anthony Stroud. Yummy Mummys zweite Mutter ist die Auenquellerin Grimpola (Windwurf), die in der Zucht von Lord Howard de Walden in England einen höchst erfolgreichen Zweig gegründet hat. Ebenfalls an Godolphin ging für diesen Preis eine Dubawi-Stute aus der GR. II-Siegerin Giants Play (Giant's Causeway). 

Nach den sehr guten Verkäufen konnte es sich Newsells Park erlauben, die im Katalog aufgeführte Frankel-Tochter der Waldmark (Mark of Esteem) kurzfristig daheim zu lassen. „Sie wird für uns laufen“, erklärte Andreas Jacobs zu der Schwester von Masked Marvel (Montjeu). In den Ring kam allerdings ein Kingman-Bruder zu Waldgeist (Galileo), gemeinsam gezogen von Newsells Park und Dietrich von Boetticher. Der Münchener Anwalt und Unternehmer war über seinen Berater Crispin de Moubray für 600.000gns. schließlich auch der Käufer. Schon im vergangenen Jahr hatte er den inzwischen erfolgreichen Bruder Waldstern (Sea The Stars) für 400.000gns. aus der Partnerschaft gekauft, „wie dieser geht er zu John Gosden ins Training“, erklärte Boetticher später. Newsells Park hatte sich wohl etwas mehr für den Hengst ausgerechnet.

Dietrich von Boetticher hatte jedoch nach eigenen Worten „einen glücklichen Tag“. Denn mit einer von Ronald Rauscher vorgestellten Lope de Vega-Stute aus der Familie der großen Borgia (Acatenango) landete er einen großen Verkaufserfolg. Blandford Bloodstock zahlte 800.000gns. für die rechte Schwester des Gr.-Siegers Blue de Vega, was für eine Jährlingsstute aus deutscher Zucht schon rekordverdächtig ist.

Allerdings zeigte sich die bayerische Zuchtstätte auch in großer Käuferlaune. Neben dem Waldgeist-Bruder, der auf Crispin de Moubrays Konto ging, zeichnete das Gestüt Ammerland für vier Jährlingskäufe verantwortlich. Fast schon günstig war für 400.000gns. eine Dubawi-Stute aus der Annabelle’s Charm, die mit dem Deckhengst Charming Thoughts (Oasis Dream) den Sieger in den Middle Park Stakes (Gr. I) gebracht hat. Mit Blickrichtung Zucht wurde sicher auch für 220.000gns. eine Oasis Dream-Stute aus der Gr. III-Siegerin Alsindi (Acclamation) erworben. Hinzu kam ein Hengst aus dem ersten Jahrgang des sehr gefragten Fliegers Muhaarar. Seine Mutter ist die vom Gestüt Karlshof gezogene Gr. III-Siegerin Aquatinta (Samum). 200.000gns. musste für ihn angelegt werden. Der vierte Ammerland-Kauf war am Mittwoch für 65.000gns. ein Kodiac-Bruder zu Arnold Lane (Footstepsinthesand), der vor einigen Jahren in München die Silberne Peitsche (Gr. III) gewinnen konnte.

Auf Käuferseite war zumindest nach außen hin von deutscher Seite auch das Gestüt Harzburg aktiv. Die norddeutsche Zuchtstätte erwarb über Tina Rau im Nachverkauf für 50.000gns. eine Siyouni-Schwester zum Gr. II-Sieger Now We Can (Martillo). Gezogen von Graf und Gräfin Stauffenberg hatte sie als Fohlen noch 100.000gns. gebracht, war jetzt von einem irischen Anbieter offeriert worden.

Neben der erwähnten Ammerländer Lope de Vega-Stute gab Ronald Rauscher als Consigner aus gleicher Zucht noch für 230.000gns. eine Frankel-Stute aus der Biscaya Bay ab.

Das Gestüt Wittekindshof hatte über Philipp von Stauffenberg zwei Jährlinge nach Newmarket geschickt. Eine Golden Horn-Schwester zum Hong Kong-Crack Pakistan Star (Shamardal) ging für 130.000gns. an das australische Unternehmen Sun Bloodstock. Bei dem 115.000gns-Zuschlag für den Sea The Stars-Sohn aus der Rosenreihe handelte es sich allerdings um einen Rückkauf. Ebenfalls über Stauffenberg-Bloodstock kam ein vom Gestüt Görlsdorf gezogene Sea The Moon-Hengst in den Ring. Der Sohn der Favorite ist ein Bruder zu Flammarion (Sea The Moon), den Godolphin letztes Jahr bei der BBAG für 460.000 Euro gekauft hatte. Für den Jährling gab es jetzt 125.000gns.

Die Stiftung Gestüt Fährhof war über Newsells Park mit drei Jährlingen vertreten. Für 280.000gns. ging ein Camelot-Sohn aus der Praia, ein Bruder u.a. von Potemkin (New Approach), in den Stall von Trainer Roger Varian. 75.000gns. erlöste eine Sea The Stars-Tochter der Rietondale, hier bekam Rabbah Bloodstock den Zuschlag. Am Donnerstag kam noch ein Frankel-Bruder von Lacy (Authorized) und Langtang (Campanologist) in den Ring. Hier fiel der Hammer bei 375.000gns., den Zuschlag bekam die Agentur SackvilleDonald. 

Etwas mehr hatte sich sicher das Gestüt Westerberg für einen Sea The Stars-Sohn aus der Boccassini versprochen. Ihn erwarb Highflyer Bloodstock für 55.000gns.

Aus deutscher Sicht von Interesse war am Schlusstag noch ein Sea The Stars-Hengst aus der vom Gestüt Wittekindshof gezogenen Elle Same (Samum). Gezogen von Rashid Shaykhutdinov kam er über das Haras de Mezeray in dem Ring, ging für 900.000gns. an Stroud Coleman Bloodstock. Eines der ersten Pferde im Ring war hingegen eine von Dansili stammende Tochter der Nicella (Lando) aus der ZUcht des Gestüts Hof Ittlingen, somit eine Schwester des aktuellen Gr.-III-Siegers Nikkei (Pivotal). 72.000gns. hatte sie als Fohlen gekostet, war an einen irischen Pinhooker gegangen, diesmal gab es 220.000gns. von Shawn Dugan. 

Am Ende der drei Tage konnte die Auktionsgesellschaft einen neuen Rekord vermelden, was den Gesamtumsatz anbetraf. Die rund 106 Millionen gns., die ausgegeben wurden, übertrafen noch die Bestmarke des Vorjahres. Der Schnitt pro Zuschlag ging zwar um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück, doch ist das sicher zu verschmerzen, denn es wurden deutlich mehr Pferde verkauft. Auch wenn es den einen oder anderen verdeckten Rückkauf gegeben haben wird, kann sich die offizielle Verkaufsrate von 86% sehen lassen. 

14 Pferde brachten eine Million gns. und mehr, zwölf davon stammten von Dubawi und Galileo, je eines von Sea The Stars und Kingman. Die Agentur Stroud/Coleman ersteigerte 36 Lots für etwas mehr als 21 Millionen gns. Das Gros davon dürfte für Godolphin gewesen sein. Da kam Coolmorein Person von MV Magnier mit 13 Käufen für 10.650.000gns. nur auf Rang zwei. 

Videos zu den ersten beiden Tagen von „Book 1“ können Sie hier sehen.

Video von Tag 1

Video von Tag 2

Tattersalls October Yearling Sale Book 1

1gn = ca. €1,20

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