2024-10-06, Longchamp, 5. R. - Prix de l'Arc de Triomphe

Nach dem Tod von Khalid Abdullah im Januar 2021 schien die Zukunft von Juddmonte einige Zeit unklar. Es gab keinen direkten Nachfolger des charismatischen Prinzen, der in Jahrzehnten eine der besten Vollblutzuchten der Welt aufgebaut hatte, mit Mutterlinien, die über Generationen große und größte Erfolge erzielen. Es war sogar schon von der kompletten Auflösung des Bestandes die Rede. Doch die Familie blieb dabei. Das Juddmonte-Imperium wurde keineswegs verkleinert, nein, es werden sogar aktuell auf den Auktionen mehr Pferde gekauft als in früheren Zeiten - und natürlich auch welche verkauft, wie schon in der Vergangenheit. Simon Mockridge, der General Manager in Europa, sagte in der vergangenen Woche bei Goffs in Irland: “Wir brauchen noch Hengste.” Und kaufte Jährlinge. Prince Said Bin Khalid Bin Abdullah, der Sohn des Gestütsgründers, ist inzwischen der Mann, der die Fäden in der Hand hält, auch wenn er offensichtlich nicht die Präsenz seines Vaters an den Tag legt und möglicherweise auch in der Expertise etwas zurückhaltender ist. 

In Paris war zumindest er es, der die Honneurs nach dem Sieg von Bluestocking (Camelot) im Prix de l’Arc de Triomphe (Gr. I) entgegen nahm. Es war der siebte Sieg von Juddmonte in diesem Rennen, Rekord - Marcel Boussac hat den “Arc” sechsmal gewonnen, die Aga Khan-Familie allerdings auch sieben Mal. Das zeigt schon die Größe des Unternehmens Juddmonte. Rainbow Quest (1985), Dancing Brave (1986), Rail Link (2006), Workforce (2010) sowie Enable (2017/2018) waren bislang erfolgreich.   

In welche Richtung es mit Bluestocking gehen wird? Schwer zu sagen. In den nächsten Tagen soll die Zukunft der Vierjährigen genauer umrissen werden. Geht es nach dem Trainer Ralph Beckett, logisch, so läuft sie dieses Jahr nicht mehr und bleibt im Training. 146 Pferde trainiert er in der Grafschaft Hampshire, seit geraumer Zeit gehört er zu den ersten Adressen im Lande. Und Rossa Ryan, 24, gebürtig im irischen Tuam, ist der Mann, der aktuell seine meisten Pferde reitet. Gelernt hat er bei Richard Hannon, war kurzzeitig Stalljockey für den investitionsfreudigen Fußball-Agenten Kia Joroobcham. Ryan ist der fleißigste Jockey Großbritanniens, schon am Montag war er wieder im Einsatz, am Dienstag absolvierte er in Leicester den 1000. Ritt der Saison auf der Insel, 171 Rennen hat er gewonnen. Champion wird er jedoch nicht, weil die inzwischen auch von Frankreich übernommene Wertung nur einen bestimmten Zeitraum umfasst, vom Tag der 2000 Guineas (Gr. I) an bis zum British Champions Day übernächsten Samstag in Ascot. Und da wird Oisin Murphy gekürt. 

Ryan ist einer von vier Jockeys, die Bluestocking bisher geritten haben. Zweijährig gewann sie beim Debüt unter Rob Hornby in Salisbury, lief dreijährig sechsmal, ohne allerdings einmal Erste zu werden. Immerhin belegte sie zweite Plätze in den Irish Oaks (Gr. I) und den British Champions Fillies & Mare Stakes (Gr.I) und war auch sonst stets im Vordertreffen.

Über Winter hat sie aber nochmals einen Sprung gemacht, sie hat die Middleton Stakes (Gr. III) in York und die Pretty Polly Stakes (Gr. I) auf dem Curragh gewonnen. In den King George VI and Queen Elizabeth Stakes (Gr. I) scheiterte sie nur an Goliath (Adlerflug), in dem von City of Troy (Justify) gewonnenen Juddmonte International (Gr. I) wurde sie Vierte. Dann kam der Sieg im Prix Vermeille (Gr. I), wonach die im Nachhinein kluge Entscheidung fiel, sie für Paris für immerhin 120.000 Euro nachzunennen. 

Sie ist der bisher deutlich beste Nachkomme aus der Emulous (Dansili), erfolgreich in den Matron Stakes (Gr. I) sowie in vier Gr. III-Rennen, in der Zucht bisher noch keine Offenbarung, auch wenn sie drei andere Sieger auf der Bahn hatte. Ein zwei Jahre alter Wallach stammt von Frankel ab, eine Jährlingsstute von Kingman und ein Stutfohlen erneut von Frankel. Emulous ist Schwester des Gr. III-Siegers First Sitting (Dansili) und der Listensiegerin Daring Diva (Dansili), die wiederum über ihre Tochter, die Gr. II-Siegerin Brooch (Empire Maker) zweite Mutter des Kentucky Derby (Gr. I)-Siegers Mandaloun (Into Mischief) ist. Eine weitere Schwester ist Mutter von Alounak (Camelot), der in den Farben von Darius Racing den Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gr. III) gewonnen hat.

Für den Vater Camelot (Montjeu), für den in Coolmore in diesem Jahr 50.000 Euro an Decktaxe verlangt wurden, ist Bluestocking eine von zwölf Gr. I-Siegern, mit Los Angeles stellte er auch den Drittplatzierten dieses Rennens. 

Den Stellenwert des diesjährigen Prix de l’Arc de Triomphe mögen die Handicapper einordnen. Der französische Ausgleicher hat ihr ein Rating von 122 gegeben, womit sie minimal unter den anderen drei Siegerinnen der letzten zehn Jahre liegt, denn Alpinista, Enable und Found wurden mit jeweils 123 eingestuft. Natürlich fehlten einige Protagonisten der bisherigen Saison, die Coolmore-Cracks Auguste Rodin und City of Troy sowie natürlich die Wallache Goliath und Calandagan. Gut möglich, dass France Galop Anfang kommenden Jahres beschließen wird, das Rennen auch für Wallache zu öffnen. Wer dann aber wirklich in zwölf Monaten in Longchamp antreten wird, weiß natürlich niemand.