2010-06-15, Royal Ascot, 1. R. - Queen Anne Stakes

Wenn in Deutschland das wichtigste Rennen des Tages, ja möglicherweise des Meetings, gleich zu Beginn der Veranstaltung, als erste Prüfung gelegt würde, dann würde das Management ernsthafte Probleme bekommen. Nicht so in England, genauer in Royal Ascot, wo die Gruppe-Rennen in der Regel die erste Hälfte der Tageskarte einnehmen, der Rest dann von Handicaps dominiert wird. Niemand stört sich daran, schon gar nicht an dem sehr entspannenden Programm von sechs Rennen. Hierzulande müssen es oft bis zu zehn Rennen sein, das gibt es im Mutterland des Turfs nicht. Was nicht heißt, dass sich das Publikum unmittelbar nach dem sportlichen Finale von der Bahn begibt, im Gegenteil. Schließlich ist der gesellschaftliche Part während Royal Ascot genauso wichtig. 

So waren es die Queen Anne Stakes, die das diesjährige Meeting eröffneten, ein Treffen der besten Meiler der Welt mit einer überrragenden Goldikova (Anabaa) an der Spitze. Am Ende war es gegen den großartigen Paco Boy zwar nur ein Hals-Vorteil, geschuldet allerdings der Tatsache, dass Olivier Peslier mit der Wertheimer-Stute vielleicht einen Tick zu früh an der Spitze war und der Kontrahent nun auch kein Mittelklasse-Pferd ist. 17 Starts hat Goldikova nun absolviert, zwölf Rennen hat sie gewonnen (neun Gr. I-Siege), nur einmal, im Prix d'Ispahan (Gr. I) 2009 war sie unplatziert. Die Meile ist ihre Idealdistanz, auch wenn sie sogar dreijährig im Prix de Diane (Gr. I) lief, wo sie allerdings hinter Zarkava nur Dritte wurde. Es fällt schwer zu glauben, dass sie in ihren nächsten Rennen in Europa verlieren kann, etwa im Prix Jacques le Marois (Gr. I), den hat sie letztes Jahr schon gewonnen. Der Rekord von Miesque, die als einziges in Europa trainiertes Pferd bislang zehn Gr. I-Rennen auf ihrem Konto hat, wackelt mächtig.  

Es ist anzunehmen, dass Goldikova, auch wenn sie mit dem Alter immer besser zu werden scheint, Ende des Jahres in das Gestüt ihrer Züchter zurückkehren wird. Sie ist natürlich weit und breit der bisher beste Nachkomme ihres Vaters Anabaa, dessen Tod mit gerade einmal 17 Jahren letztes Jahr ein großer Verlust für die mit Spitzenhengsten nicht gerade gesegnete französische Vollblutzucht war. Aus der erstklassigen mütterlichen Linie, seit Jahrzehnten bei den Wertheimers angesiedelt, hat sich gerade ein neuer Crack vorgestellt: Am Sonntag gewann Goldwaki (Dalakhani), ein Sohn der Born Gold-Schwester Gold Sound (Green Tune) den Prix du Lys (Gr. III) in Longchamp. Ein stark verbesserter Dreijähriger, der seine Grenzen längst noch nicht aufgezeigt hat.