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Was sagen die Experten zu den neuen Deckhengsten?

Der Name fällt häufig: Chaldean, hier bei seinem Sieg in den 2000 Guineas in Newmarket. www.galoppfoto.de - JJ Clark

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 799 vom Freitag, 22.12.2023

Wie jedes Jahr haben wir zum Jahresende eine Reihe von Vollblut-Agenten befragt, in diesem Jahr explizit zu den neuen Hengsten. Die Fragen waren die Folgenden:

1.Wer ist der interessanteste neue Deckhengst in Europa?

2.Und wer ist von diesen, der Ihrer/Deiner Meinung nach beste “value for money”-Hengst.

3. Wie sieht es allgemein mit den Decktaxen aus? Müssten die Hengsthalter nach den jüngsten Auktionsresultaten nicht Abstriche machen oder sind sie unverändert marktgerecht? 



Tina Rau

1. Die Qual der Wahl zwischen Ace Impact, Paddington und Chaldean... die Drei schenken sich meiner meinung im segment 'interessant' nicht viel - wenn auch aus unterschiedlichen gründen: ace impact zieht ungeschlagen ins Gestütsleben, paddington war ein 'iron horse' und hat den Ratings nach die beste Rennleistung der drei und Chaldean repräsentiert für mich die beste übergreifende Kombination von sirepower, female family, looks und performance.

 

2. Chaldean

3. Keiner zwingt Züchter ihre Stuten zu überteuerten Deckhengsten zu schicken. Wir sind inmitten einer überfälligen Marktkorrektur - und Stutenbesitzer müssen sich noch besser als bisher überlegen wohin sie ihre Stuten schicken; Teure Hengste sind oft ‘high risk’ aber eben potentiell auch ‘high reward’ - vielleicht ist in der momentanen Situation eher 'low risk' und 'limited reward' angesagt. Aber was letztendlich die 'richtige' Wahl ist, muss jeder Züchter für sich selbst entscheiden.

 

Rüdiger Alles

1.In England:Der  Frankel- Sohn Chaldean, Sieger u.a in den 2000 Guineas. I

In Irland: Der Siyouni- Sohn Paddington, „The new iron horse“,Sieger in vier Gr1- Rennen in wenigen Wochen.

In Frankreich: Der Cracksman-Sohn Ace Impact, Sieger u.a. im Prix de l`Arc de Triomphe, Gr.1 und Prix du Jockey Club, Gr.1, ungeschlagen in 6 Rennen. 

2. Meine Wahl ist der Frankel-Sohn Chaldean. 

3. Ich meine, nach den Auktionsergebnissen sollte man Abstriche machen. Das passt nicht mehr: Decktaxen-Durchschnitt zu den Auktionsergebnissen. 

 

Ronald Rauscher

1. und 2. Der interessanteste neue Deckhengst in Europa ist meines Erachtens nach Chaldean und wenn ich seine Rennleistung und das Exterieur betrachte, denke ich auch, dass er ‘’value for money‘’ ist. Dewhurst und Guineas Sieger und ein bestechender Typ sehen ihn für mich an der Spitze bei 25.000 Pfund Decktaxe. 

3. Die Decktaxen sind fast ausnahmslos alle viel zu hoch und die Bücher der jeweiligen populären Hengste sind zu voll. Die Hengsthalter sitzen an der Stellschraube der gesamten Industrie und haben den Markt unter Kontrolle. Dies ist nicht nur in Europa der Fall, sondern auch in Übersee. Der Auktionsmarkt ist komplett polarisiert und es gibt im Endeffekt fast nur 20 Hengste, wenn überhaupt (in Europa) und deren Halter, die das Geschehen bestimmen. Das hat es ansatzweise auch schon in der Vergangenheit gegeben, aber in meinen Augen nicht so extrem wie augenblicklich. Breeding to sell and not breeding to race ist fast zur Devise geworden und es gibt nur noch sehr wenige große bedeutende Züchter, die nicht als Jährling verkaufen wollen. Der Markt wird wie immer durch Angebot und Nachfrage geregelt und damit sind die Hengsthalter der gewollten Hengste natürlich fein raus, da sie auf die Stutenhalter hinweisen, die auch ihre teuren Hengste komplett überlaufen. Von daher wird sich bei den meisten Decktaxen der Tophengste wenig ändern.

 

Panorama Bloodstock - Beatrix Mülhens-Klemm/Peter Brauer

1. Der ungeschlagene, überlegene Arc-Sieger Ace Impact fasziniert natürlich enorm. Er  ist auch vom Exterieur und Interieur her begeisternd. Nun debütiert er mit der stolzen Decktaxe von 40.000 Euro. Alle Türen offen stehen einem wie Little Big Bear, der mit seinem Pedigree für sehr viele Stuten ein interessanter Outcross ist. Seine Dienste sind für 27.500 Euro allerdings auch kein Nice Price-Angebot.

 

2.Wir haben bisher 43 neue Hengste gezählt, ungefähr 30 für die Zucht von Flachrennpferden. Wenn wir einen einzigen herauspicken müssten, wäre es Onesto, ein Frankel-Sohn aus einer Sea the Stars-Mutter. Seine Bestleistungen sind hervorragend. Er kostet 12.500 Euro. Als wir ihn im Gestüt sahen, war er erst seit drei Wochen aus dem Rennstall und wirkte noch etwas unscheinbar. Ganz im Gegensatz dazu der Dubawi-Sohn Erevann, dessen Decktaxe 8.000 Euro beträgt. Gerade bei den jungen Hengsten ist die Suche nach „Value“ wirklich schwierig und dazu ja so spekulativ. Es gibt allerdings mindestens einen Hengst, von dem man weiß, dass er von seinem Besitzer massiv mit Stuten unterstützt werden wird, um dem Erfolg auf die Sprünge zu helfen: Das ist Belbek (Showcasing), der zweijährig schon Gr. 1-Sieger war und für 7.000 Euro deckt. 

 

3. Ein Großteil der ausländischen Decktaxen erscheint in Relation zum sonstigen Marktgeschehen als reichlich hoch. Wer falsch liegt, wird vom Markt eine entsprechende Nachricht bekommen, wobei es natürlich führende Adressen gibt, denen so etwas nicht viel ausmacht.

 

Crispin de Moubray

1.Ace Impact ist ein ungeschlagener Sieger im Prix du Jockey Club und im Prix de l’Arc de Triomphe mit brillanten Speed - 33,06 Sekunden auf den letzten 600 Metern im Arc und 10,67 Sekunden auf den finalen Metern. War nicht der letzte ungeschlagene Arc-Sieger Ribot?

 

2. Mishriff war gesund, besaß Top-Klasse, hat Outcross-Blut und ist ein sehr gutaussehender Hengst. Ich kann nicht erkennen, warum er nicht Rennpferde bringen sollte, auch wenn er seine Jährlinge möglicherweise nicht von Beginn an hohe Preise erzielen werden. 

 

3. Wenn man bedenkt, dass in den letzten 35 Jahren die Decktaxen für die führenden Hengste um rund 70% gestiegen sind und die Zahl der Stuten, die diese Hengste gedeckt haben, um 150% nach oben gegangen sind, ist es ein goldenes Jahrzehnt für Hengsthalter. In diesem Jahr haben die 28 populärsten Hengste fast 5.500 Stuten gedeckt. Es sollten mehr Hengsthalter die Zahl der Bedeckungen einschränken, oder die Preise sollten das reichhaltige Angebot reflektieren, oder die Züchter sollten aufwachen und nicht von einem modernen Hengst zum nächsten laufen. Schaut man sich den Markt für Pferde im Training an, ist dies ein klares Argument, für den Rennstall zu züchten. Außer in Großbritannien, wo die Rennpreise lächerlich sind. 

 

Richard Venn

 

1.Ace Impact war ein echter Champion auf der Rennbahn und ist mit Sicherheit eine sehr interessante Ergänzung bei den 2024er Deckhengsten.

2. Erevann sieht nach "value for money” aus, er steht in einem Gestüt, das Deckhengste machen kann. 

3. Ich glaube schon, dass die Decktaxen zu hoch sind. Es ist wichtig, dass die Gestüte versuchen sollten, den Züchtern so weit wie möglich zu helfen. Und letztlich sind es die Stuten, die einen Deckhengst machen.  

 

Holger Faust

 

1, Ace Impact, ungeschlagener Derby- und Arcsieger von Cracksman!

2.Die Aga Khan Hengste Vadeni und Erevann, gut möglich das unter ihnen der nächste Siyouni oder Zarak ist.

3. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um deutschen Züchtern zu empfehlen, in Deutschland decken zu lassen. Wir haben im deutschen Rennsport viele Probleme und es fängt beim Deckplan an.Natürlich, wenn man für den Markt züchtet, muss man auch ins Ausland gehen. Das ist nun einmal so. Nur ist es hier in Deutschland seit Jahrzehnten das gleiche Problem, die Deckhengste bekommen keine Unterstützung und/oder werden zu spät erkannt.

Eine sehr ungesunde Situation.

Areion und Big Shuffle (mit Ausnahme der Standortgestüte) wurden nicht unterstützt und Areion hat seine verdiente Anerkennung erst bekommen, da war er schon sehr, fast schon zu alt. 

Adlerflug vielleicht genauso gut, wie der beste deutsche Deckhengst aller Zeiten Monsun, seit wann wissen wir das? Ein oder zwei Jahre vor seinem Tod?

Kommen wir zu den Lebenden:

Torquator Tasso, Arc-Sieger von Adlerflug, kostet die Hälfte von Ace Impact. Soldier Hollow, hat internationale Gruppesieger gestellt, wer weiß, wie lange er in seinem Alter noch deckt.

Isfahan, schon Derbysieger und Diana-Zweite im 1.Jahrgang gebracht. Das sind klassische Pferde, da wurde das Zuchtziel erreicht! Value for Money für 7.500 Euro. Alson und Rubaiyat, die besten beiden Zweijährigen Deutschlands aller Zeiten.

Mit Unterstützung können sie genauso gut werden wie Areion und Big Shuffle, vielleicht sogar besser, sie waren ja auch bessere Rennpferde als ihr Vater und Großvater. Value for Money für 6.000 Euro bzw. 4.500 Euro.

Wer einen Galileo-Sohn mit Stamina sucht, kann seine Stute von Japan decken lassen, also muss nicht ins Ausland und mit Iquitos und Counterattack haben wir weitere Deckhengste in Deutschland stehen, die mit dem 1.Jahrgang klassisch produziert haben, mit einem Derby-Zweiten und einem 2000 Guineas Sieger.

Wer in Deutschland decken lässt, spart eine Menge Kosten, bekommt immer Value for Money, ich würde sogar sagen, günstige Decktaxe und unterstützt den deutschen Rennsport.

 

Stephan Vogt

 

1.Ich denke der Siyouni-Sohn aus einer tollen Wildenstein-Familie, Paddington von Coolmore ist ein guter Newcomer. Er hat vier Gr. 1-Rennen sehr beeindruckend über die Meile gewonnen.. Für den etwas kleineren Geldbeutel finde ich Chaldean sehr interessant. Er hat vielen Züchtern bei der Hengstshow von Juddmonte gefallen.

 

2. Ich denke, mit Chaldean macht man als Züchter wenig Fehler. Sowohl als Commercial-Porspect, sowie als Owner-Breeder.

 

3. Die Preise der Deckhengste sind teilweise schon sehr hoch. Besonders die Top 15 der Deckhengste kann sich ein normaler Züchter gar nicht mehr leisten, bzw nur mit Foal/Mare-shares möglich. Insbesondere wenn man nur wenige Stuten hat, ist das Risiko zu hoch und die Kosten werden kaum auf der Auktion bezahlt, wenn man nicht zu den 5% der Jährlinge gehört. Dennoch finde ich, dass man als Besitzer-Züchter ohne große Kosten auch zu guten Hengsten gehen kann und die Produkte sich ordentlich verkaufen. Generell sind die Preise nicht so gestaltet, dass der Züchter sich einen grossen Profit einkalkulieren kann. 

 

Philipp Graf von Stauffenberg 

1. Aus meiner Sicht Chaldean. Ich war bei ihm als Fohlen Unterbieter und er hat das, was er damals versprochen hat, auch gehalten. 2j. Gr.1 und 3j. klassischer Sieger. Er ist der Nachkomme von Frankel, der mehr Speed und Frühreife als die meisten seiner väterlichen Nachkommen gezeigt hat.

2. Generell sind die meisten Hengste zu teuer und so ist es auch mit den 1st Season Sires. Es ist kaum Value da, gerade auch in dieser Kategorie. 

3. Siehe 2. Das gilt im Grunde genommen für fast alle internationalen Hengste. Wobei man fairerweise sagen muss, dass “Demand and Supply” eigentlich die Preise regelt. Die Polarisierung gerade des kommerziellen Marktes trägt entscheidend dazu bei. Aus meiner Sicht sind aber auch verschiedene andere Gründe für die in der Regel überproportional hohen Decktaxen verantwortlich: das Bestreben der Züchter ihre Stuten zu teuer anzupaaren, die zu hohen Bedeckungszahlen, die viel zu hohe Zahl der Foal-Shares. 

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