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Post aus Prag - Dettori in Budapest, deutscher Sieg in Warschau

Der Dettori-Jump nach dem Sieg von Silent Film. Foto: Vaclav Volf - fotovolf.com

Autor: 

Martin Cáp

TurfTimes: 

Ausgabe 784 vom Freitag, 08.09.2023

Filip Minarik lebt nicht mehr. Viele von uns, nicht nur in Deutschland, sondern auch in seinem Heimatland Tschechien, sind noch immer fassungslos. Man kann nur schwer über das Renngeschehen der letzten Tage berichten, ohne dabei an die Tragödie des viermaligen Champions zu denken. Für mich war er nicht nur die größte Turfpersönlichkeit, die je die Prager Rennbahn Velká Chuchle hervorgebracht hatte, sondern auch ein ganz besonderer Mensch und guter Freund. Immer, wenn jemand Hilfe brauchte oder in Not geraten ist, konnte er sich auf Filip verlassen. Auch wenn es galt unseren Sport zu popularisieren und neuen Zuschauern zu erklären, war Filip stets bereit jedes Projekt und jede neue Idee zu unterstützen.

Er hatte die Begabung schnell neue Freunde zu gewinnen, hatte für jeden Fan oder pferdebegeistertes Kind Zeit, um mindestens für einen Moment zu plaudern. Es war deshalb sehr leicht zu denken, dass man Filip gut kennt, er hatte es den Menschen einfach leicht gemacht mit ihm befreundet zu sein. Man konnte es gut in den letzten zwei Tagen sehen. Fast jeder, von Freunden und Weggefährten bis zu Zuschauern und Fans, postete auf den sozialen Netzwerken ein gemeinsames Foto oder ein Erlebnis mit ihm. Filip war einfach ein guter und gleichzeitig sehr offener Mensch. Er machte kein Geheimnis daraus, dass er kein Heiliger war und es in seinem Leben und Karriere auch Episoden gab, auf die er nicht besonders stolz war. Aber er stand zu seinen guten Seiten wie Fehlern. „Ich bereue eigentlich so gut, wie gar nichts. Es war einfach mein Leben,“ sagte er mir einmal.

Obwohl er seit mehr als 25 Jahren in Deutschland zuhause war, hatte er nie seine Prager Wurzeln vergessen und verfolgte intensiv auch den Rennsport in der ehemaligen Tschechoslowakei. Zum letzten Mal besuchte er Prag am Anfang dieses Jahres, als er am Galaabend des Jockey Clubs teilnahm und die tschechischen Champions kürte. Stets freundlich, auch wenn er nicht verschweigen konnte, dass er noch immer Schwierigkeiten hatte das Ende seines Jockey-Lebens innerlich zu verarbeiten.

Immer, wenn man Filip auf seine Jockey-Idole und Vorbilder fragte, hatte er eine schnelle Antwort parat: „Natürlich Frankie. Mir gefielen natürlich mehrere Jockeys, aber meine Nummer eins blieb immer er. Wir alle sind die Dettori-Generation, sind mit ihm sozusagen aufgewachsen,“ schmunzelte er. Der Mann selbst, der Filip während der Rehabilitation nach seinem schweren Unfall regelmäßig mit kurzen Motivationsvideos unterstützte, war am vergangenen Samstag der Star des größten Meetings der Budapester Saison. Den Hintergrund, warum neben Dettori auch vier in England trainierte Pferde auf der Rennbahn Kincsem Park zu sehen waren, bildeten Kontakte der Besitzerfamilie Hay mit dem ungarischen Verteidigungsminister und mehrere Business-Interessen im Lande. Sportlich gesehen lief alles, wie erwartet. Dettori gewann für England beide Höhepunkte des Tages, mit den lokalen Pferden lief es weniger berauschend.

Im Kincsem Díj (2400 m, ca. 57.900 Euro) setzte er sich mit dem vierjährigen Splendent (Fast Company) aus dem Stall von Paul und Oliver Cole durch, nachdem er um 3 1/2 Längen den Zweikampf mit dem im Gestüt Etzean geborenen klassischen Sieger Agreement (Lord Of England) für sich entscheiden konnte. Das dritte Platzgeld holte sich das zweite englische Pferd Tides Of War (Galileo).

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Im Meilen-Highlight Connolly's Red Mills Aperianov Zakariás Emlékverseny - Imperiál Díj (1600 m, ca. 21.000 Euro) waren die Engländer sogar 1-2, wobei der von Dettori gesteuerte und von Ian Williams trainierte Silent Film (New Approach) um 4 Längen seinen dreijährigen Stallkollegen Sceptic (No Nay Never) schlug. Das beste einheimische Pferd, die Außenseiterin Light Blue Sky (Adaay), folgte mit weiten 3 1/2 Längen Abstand. „Wir haben den Menschen das gegeben, was sie sich gewünscht haben, die Atmosphäre war schon toll,“ meinte Frankie Dettori.

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Hingegen im dem Sprintrennen, nach dem ungarischen Kultpferd benannten Tattersalls Overdose Díj (1000 m, ca. 20.600 Euro), musste sich Stargast auf dem Favoriten Carlos Ray (Sioux Nation) mit dem dritten Platz zufriedengeben. Zu einem weiteren leichten Erfolg kam die von Stanislav Georgiev gerittene und von Pál Csontos trainierte Vain Hope (Gutaifan), Zweiter wurde der aus Tschechien angereiste Drish Venture (Mehmas).
Unter den Dreijährigen im Kovács Mihály Emlékverseny - Magyar Háromévesek Nagydíja (2400 m, ca. 11.300 Euro) zeigte die frische Oaks-Siegerin Mesetár (Akaba) erneut gute Form und kam leicht vor Sándor Mátyás (Pigeon Catcher) und Klára (Zazou) nach Hause.

In zwei Ländern wurden am vergangenen Wochenende klassische Rennen gelaufen. Im polnischen Nagroda St. Leger (2800 m, ca. 23.300 Euro) in Warschau kamen nur vier Pferde zusammen und davon war nur der von Roland Dzubasz vorbereitete Nordminster (Kallisto) dreijährig. Der deutsche Teilnehmer hatte aber im von älteren Gegnern beherrschten Rennen keine Chance und wurde Letzter. Der klassische Erfolg ging an den sechsjährigen Petit (Zanzibari) unter Sergei Vasyutov, der in den Farben des Stalles Borussia antritt und um 3/4 Längen den um ein Jahr jüngeren Gryphon (Vadamos) in Schach hielt. Das dritte Platzgeld ging an Plontier (Planteur).

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Einen deutschen Triumph gab es allerdings im Westminster Freundschaftspreis (2000 m, ca. 27.500 Euro), wo der von Frank Fuhrmann trainierte Lightning Jock (Lawman) mit Alexander Pietsch im Sattel nach packendem Endkampf um eine halbe Länge dem amtierenden polnischen Derbysieger Westminster Moon (Sea The Moon) schlug.

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Einen Tag später fand auch das tschechische St. Leger (2800 m, ca. 22.600 Euro) in Prag statt. In einem schnellen Rennen gewann Magic Merlin (Ulysses), ein 36 000 Euro-BBAG-Kauf des Stalles Lokotrans. Der späte Fuchshengst, der in seinen vorherigen Starts schlechte Rennverläufe hinnehmen musste, bezwang unter Martin Laube sicher um 1 1/4 Längen den Sieger des Slowakischen Derbys Jardin Michelet (Kingfisher). Mit dem dritten Platz überraschte die im Gestüt Napajedla geborene Carrera (Eagle Top).

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Im Großen Preis von Prag (1600 m, ca. 22.600 Euro), dem größten Vergleichsrennen auf der Meile, begeisterte wieder der siebenjährige Ignacius Reilly (Worthadd) aus dem Stall Syndikát V3J, für den es bereits der dritte diesjährige Erfolg auf der höchsten Leistungsebene war. Mit Jiří Chaloupka hatte der Schützling von Eva Záhorová wenig Mühe das illustre Starterfeld hinter sich zu lassen, zwischen dem zweiten und siebten Pferd im Ziel waren allerdings nur 2 1/2 Längen. Der in Frankreich etablierte Partenit (Invincible Spirit) mit Clement Lecoeuvre wurde knapp geschlagen Dritter, als er neben dem Sieger auch dem dreijährigen Shahbandar (Storm The Stars) den Vortritt lassen mussten. Der klassische Jahrgang machte in diesem Rennen keine schlechte Figur, der vom Stall Parthenaue gezüchtete Devil In Pink (Footstepsinthesand) holte sich den fünften Platz.

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Am Samstag kam der diesjährige Qualifikationszyklus vor der Großen Pardubitzer zu seinem Ende. In der als Grosser Preis von Pardubitz (5800 m, ca. 20.500 Euro) ausgeschriebenen letzten Qualifikation wurden die Favoriten vom Pech verfolgt. Talent (Egerton) hatte seinen Reiter bereits am fünften Hindernis verloren und kurz danach musste auch Josef Bartoš mit Lodgian Whistle (Silver Whistle) wegen einem gerutschten Sattel passen. Somit hatte der immer bessere Argano (Lord Of England) freien Weg und ging unter seinem Trainer Martin Liška fast spazieren. Fünf Längen dahinter belegte der im Gestüt Görlsdorf gezogene Star (Sternkönig) den zweiten Rang vor Stuke (Jukebox Jury) und dem aus der Zucht des Stalles 5-Stars stammenden Royal Gino (It's Gino).

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Auch im Wielka Wrocławska Nagroda Prezydenta Wrocławia (5000 m, ca. 43.600 Euro) auf der Breslauer Rennbahn waren die tschechischen Steepler in Überzahl. Mit gutem Endspeed holte sich Her Him (Kendargent), den die Trainerin und Besitzerin Ivana Porkátová für Niklas Lovén sattelte, einen sicheren Sieg um eine halbe Länge. Das starke Duo aus dem Stall Scuderia Aichner SRL Notti Magiche (Montjeu) und Santa Klara (So You Think) folgte auf den weiteren Plätzen.

Martin Cáp, Prag

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