TurfTimes:
Ausgabe 467 vom Donnerstag, 11.05.2017
Wenn es um klassische Rennen in Osteuropa geht, haben sich bisher deutsche Ställe mit Abstand am häufigsten für die Slowakei interessiert. Tschechien bleibt, was in Hinsicht auf die höheren Geldpreise und die kürzere Anreise schon etwas verblüffend wirkt, weitgehend „unentdeckt“. Nur einmal konnte ein in Deutschland trainiertes Pferd das Prager Derby gewinnen, es war von siebzehn Jahren der vom kürzlich verstorbenen Hubertus Fanelsa trainierte Indurain (Platini, der einzige deutsche Sieg in den Prager 2000 Guineas liegt sogar schon zwanzig Jahre zurück.
Es gibt allerdings eine Ausnahme – die Tschechischen 1000 Guineas ist seit Ende der 90er Jahre ein beliebtes Ziel der deutschen Trainer. Nach Uwe Stoltefuß, Andreas Wöhler und Martin Rölke konnte sich am vergangenen Sonntag auch Claudia Barsig in die Siegerliste eintragen und das nicht nur als Trainerin. Die in den Familienfarben laufende Fashion Queen (Santiago) aus der eigenen Zucht stellte unter René Piechulek mit 1:37,85 den neuen Zeitrekord des Rennens auf.
Die letztes Jahr auf Listenebene erfolgreiche Schimmelstute ging an den Start des 69. Jarní cena klisen (1600 m, ca. 20.000 Euro) als zweite Wettchance. Für eine flotte Fahrt sorgte die Außenseiterin Johanka (Pop Rock), deren Tempo als einzige die Favoritin Polyanta (Soldier Of Fortune), Siegerin des klassischen Trials im April, folgen konnte. Piechulek versteckte Fashion Queen am Ende des Feldes. 400 Meter vor dem Ziel ging Polyanta leicht in Führung und sah lange als Siegerin aus. Fashion Queen rückte erst in den letzten 200 Metern näher und kam kurz vor dem Ziel an die etwas müde wirkende Gegnerin schließlich heran. Im Ziel hatte sie eine halbe Länge Vorsprung, dritte wurde Sasa (Makfi) vor Coffola (So You Think).
Der genauere Wert dieses Sieges wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Fashion Queen hat vom tschechischen Handicaper die Marke 85 kg bekommen, die zweite Polyanta 78,5 kg, was um drei Kilo höher ist als die Einschätzung der letztjährigen Siegerin, der inzwischen zweimal in deutschen Listenrennen platzierten Partyday.
Klick zum Video
Gleich zwei klassische Rennen wurden letzte Woche in Budapest gelaufen. Unter den Stuten im Hazafi Díj (1600 m, ca. 6.100 Euro) hatte die Favoritin ähnlich wie in Prag eine offensive Taktik gewählt. Schon sah es so aus, dass die ungarisch gezogene Messerschmitt (Category Five) Start-Ziel erfolgreich sein wird, kurz vor dem Ziel wurde sie aber um einen Hals von Liberty Love (Falco) mit Zdenko Smida abgefangen. Dritte wurde mit 3 1/2 Längen Abstand die im Gestüt Helenenhof geborene Quadrona (Hamond). Die Siegerin wurde als Fohlen für 2000 Euro von Chris Richner in Frankreich gekauft und wird vom „Overdose-Trainer“ Sándor Ribárszki für den Stall Ribimirasára vorbereitet. Auch im Nemzeti Díj (1600 m, ca. 12.800 Euro) siegte ein von Richner in Frankreich erworbenes Pferd. Mágnás (Silver Frost) fertigte unter Stanislav Georgiev seine Gegnerschaft mit 8 Längen ab. Für den von Lajos Hadi trainierten Hengst des Stalles ESDE war es der dritte Sieg von fünf Starts. Der Rest kämpfte nur um Platzgelder, zweiter wurde Eminens (Silver Frost) vor dem ungarisch gezogenen Cimbora (Steady As A Rock).
Klick zum Video
In Deutschland gezogene Pferde hatten auf der Rennbahn Kincsem Park einen guten Tag. Der vom Stall 5-Stars gezogene Eltham (It’s Gino) gewann sicher das gut besetzte Bábolna Díj (2200 m) und im kleinen Feld des Pettkó-Szandtner Tibor Emlékverseny Hendikep auf der selben Distanz war der vierjährige Eisvogel (Distant Music) aus der Zucht des Gestütes Helenenhof erfolgreich. Einen dritten Sieg der deutschen Zucht holte im Rahmenprogramm die aus Etzean stammende Agora (Sholokhov).
Der Saisonauftakt in der tschechischen Hindernishofburg Pardubitz brachte eine interessante Entdeckung. Im Hauptrennen, einer Steeplechase Cross Country über 4500 Meter, siegte überlegen der von Walter Häcker gezüchtete Wild Danger (Königstiger) aus dem Training von Josef Vána. Der zehnjährige Wallach war bei seinem 27. Hindernisstart zum ersten mal in der höchsten Leistungsklasse erfolgreich, noch letztes Jahr galt er als ein Pferd für kurze Cross Country-Rennen auf kleineren Rennbahnen. Nun soll er verstärkt in Pardubitz angreifen und soll sich auf den Distanzen um 5000 Metern in größeren Rennen versuchen. Vána hat sogar eine Nennung für die Große Pardubitzer nicht ausgeschlossen. Im zweiten großen Rennen des Programms, einer Steeplechase über 3900 Meter, meldete sich mit einem wirkungsvollen Sieg nach einer Verletzungspause der von Frantisek Holcák trainierte Mustamir (Medicean) zurück. Eine gute Leistung zeigte auch der im Gestüt Wiesengrund geborene Dangerous Gleam (Generous), der leicht den zweiten Platz gegen den Gr.2-Sieger aus Meran Kifaaya (Intikhab) verteidigte.
Martin Cáp, Prag