Schaut man sich das Ergebnis des Deutschen Derbys des Jahres 2013 an, so ist man geneigt, von einem eher unterdurchschnittlichen Jahrgang 2010 in der deutschen Vollblutzucht zu sprechen. Der Sieger Lucky Speed (Silvano) hat seitdem noch nicht wieder gewonnen, der Zweitplatzierte Tres Blue (Anabaa Blue) ist nach Australien verkauft worden, der Dritte Nordvulkan (Kallisto) ist nicht mehr im Training. Auch von den danach Platzierten war anschließend wenig zu sehen. Doch schaut man auf die Ränge dahinter, wird es interessanter: Als Achter war damals Ivanhowe (Soldier Hollow) ins Ziel gekommen, zweimaliger Gruppe I-Sieger in diesem Jahr, Rang 13 belegte der Preis von Europa (Gr. I)-Sieger Empoli (Halling) und mit Vif Monsieur (Doyen), Bermuda Reef (Oasis Dream) und Flamingo Star (Areion) landeten Pferde auf den hintersten Plätzen, die seitdem Gruppe-Rennen gewonnen haben. Nicht zu vergessen ist aus diesem Jahrgang natürlich Protectionist (Monsun), der Sieger im Melbourne Cup (Gr. I), der damals in Hamburg verletzungsbedingt nicht dabei war.
Ivanhowe hat sich mit dem Sieg im Pastorius - Großer Preis von Bayern endgültig an die Spitze der jetzt in Deutschland trainierten Pferde gesetzt, er ist in diesem Jahr hierzulande ungeschlagen, hat den Gerling-Preis (Gr. II), den Großen Preis von Baden (Gr. I) und nun in München gewonnen, stets souverän, durchaus mit Luft nach oben. Bemerkenswert ist natürlich, dass er bei beiden Auslandstarts chancenlos war, doch hat es auch in beiden Fällen nicht gepasst. Im Grand Prix de Chantilly (Gr. II) war es ein unglücklicher Ritt seines damaligen Jockeys, im Prix de l’Arc de Triomphe (Gr. I) war die Startnummer von vornherein schwierig, es waren, natürlich, auch einige vierbeinige Weltstars am Ablauf. Die waren bei seinen Siegen in Deutschland nicht dabei. Sea The Moon (Sea The Stars) könnte in Baden-Baden möglicherweise schon unter dem Einfluss seiner späteren, nie ganz genau erläuterten Verletzung gestanden haben, die Engländerin Cubanita (Selkirk), die Zweite aus München, ist eine Gruppe III-Siegerin. Sie hatten zwar gegen Ivanhowe keine Chance, doch konnte dieser am Ende auch nicht mehr als gewinnen.
Den internationalen Ritterschlag könnte er sich bei einem ins Auge gefassten weiteren Auslandsstart abholen. Der Japan Cup (Gr. I) wäre da sicher kein leichter Gang, schon auf Grund der Klasse der dortigen Pferde, eher käme die Hong Kong Vase (Gr. I) in Betracht, eine möglicherweise leichtere Aufgabe. In beiden Fällen dürfte der Boden aber schnell sein, nicht unbedingt ideal für ihn.
Ivanhowe ist neben Pastorius, dem Namensgeber des Rennens, einer des besten Nachkommen seines Vaters Soldier Hollow (In The Wings), dessen Decktaxe für 2015 unlängst auf 15.000 Euro festgesetzt wurde. In der Statistik hat er sich jetzt knapp an Tertullian und Lord of England vorbeigeschoben, eine Vorentscheidung über das Deckhengst-Championat könnte am nächsten Sonntag fallen.
Ivanhowe ist der vierte Nachkomme der Indigo Girl, die 2011 bei der BBAG-Herbstauktion für €12.000 in den Besitz des Gestüts Lindenhof übergegangen ist. Die Stute ist nur zweimal gelaufen, für Trainer Andreas Schütz, der seinerzeit ein kleines Schlenderhaner Kontingent hatte. Beim Debut gewann sie dreijährig Anfang April 2005 über 2100m in Köln, wurde dann Dritte im Preis der Diana (Gr. I), der damals in Hamburg ausgetragen wurde, ihn gewann mit Iota (Tiger Hill) eine andere Schlenderhanerin aus der Familie, trainiert jedoch von Peter Schiergen.
Das war es dann schon mit der Rennkarriere von Indigo Girl, die ein Rating von 90,5 kg bekam und natürlich in die eigene Zucht ging. Dort begann es jedoch wenig glücklich. Der damalige Katalog der BBAG führte den Erstling Ignacia (Monsun) mit der Bemerkung "Trainingsunfall" auf, die dann folgenden Irving (Singspiel) und Indigolith (Motivator) waren im Oktober 2011 drei- bzw. zweijährig und noch gar nicht am Start gewesen. Danach kam Ivanhowe. So gehörte denn schon etwas Phantasie dazu, 2011 die damals von Adlerflug tragende Stute zu erwerben, auch wenn der Preis absolut akzeptabel war. Inzwischen hat sich bei dem Pedigree natürlich richtig etwas getan. Ignacia wurde als Zuchtstute nach Frankreich verkauft, dort steht sie bei Jean-Pierre Dubois, ihr Erstling ist die zwei Jahre, bei Jérémie Laurent-Joye Training befindliche In Race (Sageburg), ein Stutfohlen stammt ebenfalls von Sageburg. Irving hat bei sechs Flachstarts drei Rennen in Deutschland und eines in Frankreich gewonnen. Er wurde letztes Jahr über Philipp von Stauffenberg nach England verkauft, legte dort in der Obhut von Champion Paul Nicholls einen fulminanten Start über Hürden hin, blieb bei zunächst vier Starts, darunter in zwei Gr. II-Rennen, ohne Niederlage. Einen Einbruch gab es erst beim Cheltenham Festival, als er als Favorit im Sky Bet Supreme Novices' Hurdle (Gr. I) unplatziert blieb, seitdem ist er nicht mehr gelaufen. Der danach folgende Indigolith (Motivator) konnte nur zweimal herausgebracht werden.
Nach Ivanhowe hatte Indigo Girl ein Jahr nicht aufgenommen, dann kam Indigo Eagle (Adlerflug), der bedauerlicherweise im Training tödlich verunglückte. Der jetzt im Jährlingsalter stehende Indirocco (Shirocco) ist ebenfalls über Stauffenberg Bloodstock bereits verkauft worden, an das Rathbarry Stud nach Irland, dem derzeitigen Standort seines Vaters Shirocco, er wird für die Cashman-Familie und Tom Malone ganz sicher irgendwann auf einer Auktion auftauchen. Letztes Jahr blieb Indigo Girl nach Soldier Hollow güst, auch in diesem Jahr war sie wieder in Auenquelle, ist aber nicht tragend geworden. Der anschließende Besuch bei Adlerflug brachte ein positives Ergebnis.l