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Interview mit dem neuen Präsidenten in Frankfurt: "Man kann doch 150 Jahre Galopp-Geschichte nicht einfach ausblasen!"

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 332 vom Montag, 01.09.2014

In Frankfurt fand am vergangenen Freitag eine außerordentliche Mitgliederversammlung statt, bei der auch der Vorstand neu gewählt wurde. Geschuldet der aktuellen Situation, wonach dem Frankfurter Galopprennsport nach 150 Jahres das Aus droht, weil die Stadt das Gelände dem mächtigen Deutschen Fußball-Bund (DFB) zur Errichtung eines Leistungs- und Kompetenzzentrum überlassen möchte. An der Spitze des neuen Vorstandes, dem der bisherige Präsident Manfred Hellwig nicht mehr angehört, steht Manfred Louven, der einstimmig gewählt wurde. Ihm zur Seite stehen Christiane Weil-Daßbach als Vize-Präsidentin (wie bisher, Anmerkung der Redaktion) und Vincent Steigenberger als Vize-Präsident. Des Weiteren gehören dem Vorstand Carl-Philipp Graf zu Solms-Wildenfels in der Funktion des Schatzmeisters, Holger Faust (Gestüt Karlshof) sowie Tobias Daubert (Rechtsanwalt) an. Turf-Times sprach mit dem neugewählten Präsidenten Manfred Louven.

Turf-Times: Herr Louven, darf man angesichts der schwierigen Situation, in der die Bahn in Niederrad derzeit steckt, überhaupt zu dieser neuen Aufgabe gratulieren? 

Manfred Louven: "Wahrscheinlich können Sie mir eher kondolieren. Aber Spaß beiseite, die Situation ist sehr schwierig und auch durch meine Wahl hat sich noch nichts daran geändert. Aber da ich relativ gut in der Stadt Frankfurt vernetzt bin, habe ich mich auf Bitten vieler Leute bereit erklärt, mich für eine Wahl zum Präsidenten zu Verfügung zu stellen."

Turf-Times: Im Galopprennsport kennt man sie bisher ja noch nicht ...

Manfred Louven: "Richtig. Ich bin kein Vollblutmann. Aber von Kindheit an ein Pferdemann. Ich betreibe auf dem ehemaligen Gestüt Waldfried der Gebrüder Weinberg eine Dressuranlage und habe auch das große Frankfurter Reitturnier veranstaltet. Natürlich bin ich auch als Besucher auf der Rennbahn gewesen und ich werde alles daran setzen, damit dort auch weiterhin Pferderennen stattfinden können."

Turf-Times: Wie soll das gehen? Die Errichtung eines Fußball-Leistungs- und Kompetenzzentrums auf dem Rennbahngelände ist zwischen dem mächtigen DFB und der Stadt Frankfurt beschlossene Sache, die Fußball-Lobby in der Stadt ist gewaltig, sogar die großen Sponsoren des Rennsports wie das Bankhaus Metzler haben sich für das Fußballzentrum ausgesprochen, obwohl Albert von Metzler sogar als erster Präsident des Frankfurter Galopprennsports in den Annalen steht. 

Manfred Louven: "Deshalb können wir auch nicht gegen die Stadt Frankfurt oder den Deutschen Fußball-Bund agieren, wir müssen gemeinsam versuchen, eine Lösung zu finden. Natürlich können wir den Betriebe nicht in der jetzigen Form aufrechterhalten, aber wir wollen versuchen, den Rennbetrieb zu erhalten und  weiterhin fünf bis sieben Galopprenntage im Jahr zu veranstalten. Dafür ist eine Machbarkeitsstudie an ein Architekturbüro in Auftrag gegeben worden, in der wir versuchen wollen, eine Lösung zu finden, in der auf dem Gelände auch noch für eine Rennbahn Platz bleibt."

Turf-Times: Wie sehen Sie Ihre Verhandlungsposition bei der Stadt? 

Manfred Louven: "Wir sind ja als Rennverein zunächst nur per Geschäftsversorgungsvertrag beauftragt, die Rennen zu veranstalten. Pächter des Geländes ist die Hippodrom GmbH, die 2010 mit der Stadt einen 25 Jahre gültigen Pachtvertrag abgeschlossen hat, dafür ist mein Vorgänger Manfred Hellwig als Geschäftsführender Gesellschafter der Ansprechpartner. Bisher war er in Personalunion ja der einzige Gesprächspartner mit der Stadt. Das hat sich mit den Neuwahlen geändert. Ich werde jetzt mit der Stadt Frankfurt Gespräche aufnehmen, dann wollen wir mal sehen, was noch zu machen ist. Mein einziges Interesse ist es, dass die Bahn erhalten bleibt."

Turf-Times: Das Rennbahngelände gehörte ja den Brüdern Arthur und Carl von Weinberg, die das Gelände der Stadt 1938 übereignet haben, was aufgrund ihrer jüdischen Abstammung sicher nicht freiwillig erfolgt ist. Die Weinbergs waren auch Gründer des Gestüts Waldfried ganz in der Nähe der Rennbahn, dort betreiben Sie jetzt eine Dressuranlage. Dann kennen Sie sich mit der Geschichte doch sicher gut aus. Gibt es da nicht seitens der Stadt auch eine moralische Verpflichtung, den Standort im Sinne der früheren Besitzer zu erhalten? 

Manfred Louven: "Es ist von einer zweckgebundenen Schenkungsurkunde die Rede, die leider bisher noch nicht aufgetaucht ist. Das würde unsere Verhandlungsposition sicher stärken. Aber ich hoffe darauf, dass niemand ernsthaft will, dass 150 Jahre Galopp-Geschichte in Frankfurt einfach so ausgeblasen werden."

Weiterführende Links: Die Geschichte des Galopprennsports in Frankfurt

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