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Der große Monsun ist tot

Monsun Foto: www.galoppfoto.de

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 232 vom Donnerstag, 13.09.2012

Es wird nur noch wenige Zeitzeugen von damals geben, kaum einen, der sich an den ersten öffentlichen Auftritt von Monsun erinnert. Es war ein Sonntag im August 1990, auf einer Auktion in München-Riem, die im Vorfeld des Bayerischen Zuchtrennens in der Olympia-Reithalle stattfand. Einem unter dem Patronat von Mercedes-Benz stattfindenden Zuchtrennen, das damals in Anwesenheit von Franz Beckenbauer von Turfkönig gegen Dashing Bladegewonnen wurde. Wenige Stunden zuvor war der damals gerade wenige Monate alte Monsun unverkauft aus dem Ring gegangen.

Das war, ausweislich des damaligen Auktionskataloges, gegen 12.40 Uhr, so mancher hat an diesem Tag eine historische Chance verpasst. Der von seiner Zuchtstätte, dem Gestüt Isarland angebotene Monsun war damals ein imponierendes Fohlen, mal davon abgesehen, dass er an einer Infektion der oberen Luftwege litt, was niemand gestört hat. Doch war es damals genau wie heute so, dass Fohlen in Deutschland nur schwer zu verkaufen sind, zumal zu einem Reservepreis von üppigen 120.000 Mark. Als Königsstuhl-Erstling aus der Listensiegerin Mosella, einer Surumu-Tochter, hatte er aber hervorragende Papiere (es sollte "der" Outcross der deutschen Vollblutzucht werden), doch kehrte er für das nächste Jahr erst einmal wieder auf die Isarländer Koppeln zurück. Der eine oder andere Interessent schaute sich ihn schon noch einmal an, doch es dauerte über ein Jahr, bis er wieder einen Transporter betrat. Das war zur BBAG-Jährlingsauktion 1991 in Iffezheim, wo ihn Ferdinand Leisten für 90.000 Mark der IVA von Rüdiger Alles zuschlug, der Mettmanner Agent handelte im Auftrag von Georg Baron von Ullmann. Das war einer der höchsten Zuschläge der Auktion, immerhin verkaufte man in jenen Tagen aber auch schon sechsstellig, 300.000 Mark kostete etwa ein Cagliostro-Sohn namens Dimantino. Monsun jedoch wechselte in den Stall von Heinz Jentzsch und die Geschichte nahm seinen Lauf.

Zieleinlauf im Deutschen Derby des Jahres 1993: Der an der Innenseite postierte Monsun mit Peter Schiergen im Sattel muss sich dem Speed des an der Außenseite heranrauschenden Stallgefährten Lando beugen und verpasst den Sieg im Blauen Band um anderthalb Längen. Ganz rechts sieht man den favorisierten Röttgener Sternkönig, der am Ende Platz 3 vor dem innen vom liegenden Komtur schafft. Foto: www.galoppfoto.de - Frank SorgeZieleinlauf im Deutschen Derby des Jahres 1993: Der an der Innenseite postierte Monsun mit Peter Schiergen im Sattel muss sich dem Speed des an der Außenseite heranrauschenden Stallgefährten Lando beugen und verpasst den Sieg im Blauen Band um anderthalb Längen. Ganz rechts sieht man den favorisierten Röttgener Sternkönig, der am Ende Platz 3 vor dem innen vom liegenden Komtur schafft. Foto: www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Horst Horwart war der erste Siegreiter, beim Debut gewann er eine Prüfung mit dem Namen Trends Ostermann-Preis in Köln, lief nach einem weiteren Erfolg im Herbst in zwei der damals noch relativ jungen Auktionsrennen, doch mit Höchstgewicht wurde er in Dortmund und München nur jeweils Fünfter. Seine große Zeit kam dreijährig, als er sechs Rennen gewann, darunter den Preis von Europa (Gr. I) und den Aral-Pokal (Gr. I), im Derby nur an seinem Trainingsgefährten Lando scheiterte. Es waren große Jahre im deutschen Galopprennsport, finanziell wie auch sportlich, der exzellente Jahrgang 1990, dem Stars wie Monsun, Lando, Sternkönig oder auch unlängst eingegangene Kornado angehörten, taten das Ihre dazu. Der Vierjährige Monsun gewann den Gerling-Preis (Gr. II) und erneut den Preis von Europa (Gr. I), es gab  aber auch Niederlagen, etwa im Coronation Cup (Gr. I) oder auch im eigenen Land, denn die Konkurrenz war groß, die Preisgelder lockten auch starke Gäste an. Fünfjährig lief Monsun nur noch viermal, er siegte im Gerling-Preis (Gr. I) und im Idee Hansa-Preis (Gr. II), mit einem fünften Platz im Aral-Pokal (Gr. I) verabschiedete er sich von der Rennbahn.   

Der Kölner Europa-Preis war das Paraderennen des Jentzsch-Schützlings, das dieser zweimal gewann: Das Foto zeigt Monsun mit Andrzej Tylicki im Sattel und Trainer Heinz Jentzsch auf dem Kölner Geläuf nach dem Erfolg im Jahr 1994. Foto: www.galoppfoto.de - Frank SorgeZu einer Decktaxe von 10.000 € debutierte Monsun 1996 in Schlenderhan, sein erster registrierter Nachkomme hörte auf den Namen Agamemnon, immerhin gewann er ein Rennen, wenn auch sonst nicht mehr. Trotzdem war Monsuns Start in der Zucht fulminant, mit Samum hatte er gleich im ersten Jahrgang den Sieger im Deutschen Derby (Gr. I), dazu die Gr.-Sieger Network und Speedmaster. 14 von 35 lebenden Nachkommen erzielten Black Type, eine enorme Quote.

Bis heute sind es 51 Gruppe-Sieger, 14 davon auf Gr. I-Ebene, das ist schon ein Wort und damit reiht er sich in die Liga der führenden Vererber weltweit ein. Umso höher ist diese Leistung im Hinblick auf die im Vergleich zu englisch-irischen Hengsten sehr übersichtlichen Bedeckungszahlen zu werten. 2001 deckte er 84 Stuten, seine höchste Zahl überhaupt, in der Regel waren es zwischen 50 und 60, lächerlich gering gegenüber Spitzenhengsten anderswo. Geschuldet in den letzten Lebensjahren auch der Tatsache, dass er nahezu blind war. Es hat zahllose Kaufangebote für Monsun gegeben, die Baronin Ullmann als Gestütsherrin von Schlenderhan stets abgelehnt hat, zum Glück sicher für die deutsche Vollblutzucht.

Bis ins hohe Alter besuchten viele Fans den Deckhengst-Star auf dem Gestüt Schlenderhan immer wieder: Hier gewährt Monsun den Mitgliedern des Galopp Clubs Deutschland im September 2009 eine Audienz. Foto - Sandra Scherning

Die Stars unter seinen Nachkommen sind zahllos, neben den Genannten sind Anna Monda, Arcado, Gentlewave, Getaway, Le Miracle, Manduro, Salve Regina, Schiaparelli, Shirocco und Stacelita zu nennen, nur eine kleine Auswahl, dieses Jahr hat er u.a. den Oppenheim-Union-Rennen (Gr. II)-Sieger Novellist und den aktuell im Grand Prix de Deauville (Gr. II) erfolgreichen Masterstroke auf der Bahn. Und es könnte noch mehr kommen, gerade im Ausland, denn die offizielle Decktaxe von 150.000 €, die 2008 aufgerufen wurde, war für hiesige Züchter so gut wie unerschwinglich. So mancher vierbeinige Star könnte noch im Lot der Maktoums, Wertheimers oder des Aga Khan schlummern. Und auch als Vererber erfolgreicher Mutterstuten hat er längst Akzente gesetzt, durch die Mütter der Gr. I-Sieger Colour Vision, Night Magic und Pastorius. Sein Einfluss wurde gerade dieses Jahr während Royal Ascot sichtbar, als seine Nachkommen Estimate und Energizer sowie sein Enkel Colour Vision siegreich waren.

Die Kollegen des amerikanischen Newsletters TDN haben Monsun als "ground-breaking sire" bezeichnet. In der Tat war er entscheidend dafür verantwortlich, dass die deutsche Vollblutzucht in den vergangenen Jahren wieder mehr in das internationale Bewusstsein gerückt ist.

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