Der deutsche Galopprennsport und die damit verbundenen mehr als 3.000 Arbeitsplätze stehen vor einem möglichen Aus. Dieses Szenario befürchtet Albrecht Woeste (75), Präsident des Direktoriums für Vollblutzucht und Rennen (DVR), Dachverband für den deutschen Rennsport. Der ehemalige Chef des Henkel-Konzerns: "Es zeichnet sich ab, dass bei der Neuregelung des Glückspielstaatsvertrages das alte Rennwett- und Lotteriegesetz unter den Tisch fällt. Damit wären Galopprennen hierzulande nicht mehr durchzuführen.“
Denn der Glücksspielstaatsvertrag der Länder soll neu geregelt werden. Obwohl er vor den Gerichten, zuletzt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gescheitert ist, versuchen die Länder eine Neuordnung, um das Monopol für das staatliche Lotto- und Sportwettangebot (Oddset) zu rechtfertigen.
Die Pferdewette ist seit 1922 im Rennwettlotteriegesetz geregelt. Ein Bundesgesetz, das den gemeinnützigen Rennvereinen das Wetten zur Finanzierung der Leistungsprüfungen in der Vollblutzucht ermöglicht und privaten Buchmachern unter strengen Regeln Lizenzen zur Annahme von Pferdewetten erteilt.
Durch die Abhaltung von Pferdewetten sichern die Vollblutzucht und die Rennvereine, sowie Trainer, Futtermittelhändler, Transporteure und viele andere Arbeitgeber über 3.150 Arbeitsplätze in der Bundesrepublik. Die Vollblutzucht ist als Veredler verantwortlich für viele Siege deutscher Pferde bei Olympischen Spielen und bedeutenden Turnieren in Vergangenheit und Gegenwart. Die seit über 200 Jahren durchgeführten Pferderennen sind heute ein Freizeitvergnügen für eine Million Besucher in grünen Lungen der Großstädte und auf dem Lande. Die Rennen und die Zucht verursachen direkt und indirekt ein Bruttoinlandseinkommen von mehr als 140 Millionen Euro / Jahr.
Woeste: „Die Entwürfe zum neuen Staatsvertrag sehen erhebliche Restriktionen vor, die uns wirtschaftlich den Boden unter den Füßen wegziehen. Neben den Arbeitsplätzen ist auch die Zukunft von über 2400 Zuchtstuten, 1000 Fohlen und über 8000 anderen Vollblütern in Gefahr.“
Der Chefmanager des deutschen Rennsports Andreas Tiedtke führt aus, dass es juristisch keine Notwendigkeit mehr gibt, die Pferdewette aus dem Regelungsgehalt des Bundes, der u.a. auch das Automatenspiel regelt, in den Staatsvertrag zu überführen. „Weder die beabsichtigte Öffnung für Sportwetten, noch die inkohärente Regelung innerhalb der staatlichen Glücksspiele (Lotto, Oddset), erfordern eine so wenig suchtgefährdende Wette wie die Pferdewette endgültig von der Bildfläche verschwinden zu lassen.“
Manfred Ostermann vom Gestüt Ittlingen, Präsident der deutschen Vollblutzüchter und Besitzer, vertritt die Pferdebesitzer und Züchter im DVR. „Ohne diese Galopprennen fehlen uns die geforderten Nachweise, auch für den bislang so erfolgreichen Export deutscher Vollblüter“, führt er aus, „die teure Aufzucht würde sich nicht lohnen. Viel schlimmer noch: Es würde zu einem Ausverkauf bereits geborener Tiere in Deutschland kommen. Deren Wert würde schlagartig sinken, zum Teil unter den Preis, den Ross-Schlachter in Polen und Frankreich bieten. Wir müssten für ca. 7500 Pferde Gnadenhöfe finden."
Fakten zum Galopprennsport:
- Rennbahnen in Bad Doberan, Bad Harzburg, Berlin-Hoppegarten, Baden-Baden (Iffezheim), Bremen, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Halle, Hannover, Krefeld, Köln, Leipzig, Magdeburg, Mannheim, Mülheim, München, Neuss, Saarbrücken und weiteren 20 Standorten.
- 3.150 Arbeitsplätze (zum Teil für Geringqualifizierte) werden durch den Rennsport gesichert.
- Nach dem Tierzuchtgesetz ist die Vollblutzucht eine staatliche Aufgabe, die u.a. an das Direktorium für Vollblutzucht und Rennen e.V. delegiert ist. Es führt das Zuchtbucht und zusammen mit 40 gemeinnützigen Rennvereinen Leistungsprüfungen (Rennen) durch. Die Rennvereine veranstalten im Totalisatorprinzip Wetten. Die Erträge daraus fließen ausschließlich dem gemeinnützigen Zweck zu.
- 1 Million Besucher besuchen pro Jahr über 180 Rennveranstaltungen mit Leistungsprüfungen in der Vollblutzucht.
Quelle: Direktorium für Vollblutzucht und Rennen, www.galopp-sport.de