TurfTimes:
Ausgabe 796 vom Freitag, 01.12.2023
Ein jedes Auktionshaus reibt sich die Hände, wenn es um die Auflösung eines hochkarätigen Pferdebestandes geht, im Englischen nennt man es “dispersal”. So gesehen war es für Goffs in Irland natürlich ein Glücksfall, als sich die Familie Niarchos entschloss, einige Mutterstuten aus ihren Gestüten bei der November Breeding Stock Sale anzubieten. Es lief vergangenen Freitag unter der Überschrift “Teilauflösung”, denn es werden schon noch Stuten behalten, auch einen übersichtlichen Rennstall wird es weiter geben.
Doch am vergangenen Freitag gingen bei Goffs einige Kronjuwelen des Hauses durch den Ring und sie fanden ihre Liebhaber. Es war insbesondere Coolmore, das tief in die Tasche griff und die heimische Herde um vier Stuten im Gesamtwert von 19 Millionen Euro vergrößerte. Und das Unternehmen stellte dann auch gleich den eigenen Rekord für ein Pferd in einem irischen Auktonsring ein: Vor zehn Jahren war an gleicher Stelle die Gr. I-Siegerin Chiquita (Montjeu) für sechs Millionen Euro erworben worden. Diese Summe gab Coolmore diesmal gleich zweimal aus, jeweils für die beiden Schwestern Alpine Star (Sea the Moon) und Alpha Centauri (Mastercraftsman).
Alpine Star, sechs Jahre alt, war Siegerin in den Coronation Stakes (Gr. I) und den Debutante Stakes (Gr. II), dazu mehrfach auf Gr. I-Ebene platziert. Ihr Erstling ist ein in diesem Jahr geborener Frankel-Hengst, von diesem ist sie auch wieder tragend. MV Magnier tat nach Unterzeichnung des Kaufzettels auch gleich kund, wie die langfristigen Pläne mit ihr aussehen. “Sie könnte eine Stute für Auguste Rodin sein”, meinte er. Der Hengst bleibt bekanntlich noch ein Jahr im Rennstall und wird dann eine Deckhengsbox in Coolmore beziehen.
Ihre zwei Jahre ältere Schwester Alpha Centauri (Mastercraftsman) hat zwar bereits drei Nachkommen, doch ist sie kaum schon zu beurteilen. Sie war in den Falmouth Stakes (Gr. I), dem Coronation Stakes (Gr. I), den Irish 1000 Guineas (Gr. I) und im Prix Jacques le Marois (Gr. I) erfolgreich, trägt von Sea the Stars.
Damit nicht genug, denn MV Magnier unterzeichnete noch bei zwei anderen Niarchos-Stuten den Kaufzettel. 3,7 Millionen Euro kostete tragend von St Mark’s Basilica die sechs Jahre alte Albigna (Zoffany), Siegerin im Prix Marcel Boussac (Gr. I) und den Balanchine Stakes (Gr. II). Sie hatte im Frühjahr ein Stutfohlen von Dubawi gebracht. Bis zu 3,3 Millionen Euro musste die Coolmore-Connection gehen, um sich die zehn Jahre alte, von Frankel tragende That Which Is Not (Elusive Quality) zu sichern. Sie ist Tochter der Gr. I-Siegerin Shiva (Hector Protector), war Listensiegerin in Frankreich und hat aktuell den Gr. III-Sieger und Irish Derby (Gr. I)-Zweiten Piz Badile (Ulysses) auf der Bahn.
Die Iren waren das bestimmende Element bei dieser Auktion, Größen wie Yulong, Juddmonte oder die Northern Farm wurden in die Rolle von Unterbietern gedrängt. Immerhin gab es noch eine Stute im siebenstelligen Preisbereich, die nicht von Coolmore gekauft wurde, aber auch nicht aus dem Niarchos-Bestand kam. Es war die vier Jahre alte Thoughts of June (Galileo), Siegerin in den Cheshire Oaks (LR), tragend von No Nay Never. Die Tochter der Del Mar Oaks (Gr. I)-Siegerin Discreet Marq (Discreet Cat) ging für zwei Millionen Euro an das Moyglare Stud, wobei allerdings anzumerken ist, dass es sich um die Auflösung einer Partnerschaft von Moyglare und Coolmore handelte.
Eine Stute aus dem Niarchos-Lot war die vom Gestüt Röttgen gezogene Diaphora (Pivotal). Die Neunjährige aus der erfolgreichen “D”-Familie war in den Farben ihrer Zuchtstätte Listensiegern in Hannover und Vierte im Sparkasse Holstein Cup (Gr. III) in Hamburg. Sie ist Mutter eines Siegers, hat eine Jährlingsstute von Wootton Bassett und ein Stutfohlen von Frankel. Tragend von New Bay wechselte sie für 720.000 Euro an Juddmonte.
Bemerkenswert war sicherlich, dass erstmals nach 18 Jahren wieder das Gilltown Stud des Aga Khan auf der Käuferliste auftauchte. Es erwarb u.a. aus dem Niarchos-Besitz die von Wootton Bassett tragende listenplatziert gelaufene Malicieuse (Galileo), eine Schwester der Gr. I-Sieger Bago (Nashwan) und Maxios (Monsun) für 775.000 Euro und hatte auch bei Raja Ampat (Galileo) das letzte Wort. Diese ist eine Tochter der Championstute Six Perfections (Celtic Swing), trägt von Baaeed und kostete 450.000 Euro.
Ein “dispersal” gab es auch für das Gestüt Höny-Hof, aus dem die Mutterstuten in den Ring kamen. Den Höchstpreis von 170.000 Euro erzielte dabei die Preis der Winterkönigin (Gr. III)-Siegerin Ocean Fantasy (Make Believe), die tragend von Lope de Vega in den Ring kam. Die Sechsjährige, deren Stutfohlen von St. Mark’s Basilica ein paar Tage zuvor 85.000 Euro erlöst hatte, ging an das Ballylinch Stud, das Standortgestüt von Lope de Vega. Verkauft wurden alle elf Stuten, die natürlich sämtlich ohne Reservepreis angeboten wurden. Als mit der Katalognummer 1149 Westfalica (Areion), die Mutter des aktuellen BBAG-Auktionsrennen-Siegers Wikinger (Ten Sovereigns) für 80.000 Euro an Barry Lynch Bloodstock verkauft wurde, war das Kapitel des Gestüts Höny-Hof endgültig beendet. Ein Pferd im Besitz von Manfred und Edith Hellweg gibt es nicht mehr.
Höny-Hofer-Verkäufe in der Reihenfolge des Katalogs
Sea the Sunrise, trgd. v. Gleneagles | €30.000 | Raptakos Brett/Gaurav Rampal |
Wish you Well, trgd. v. Sioux Nation | €60.000 | Creighton Schwartz/Millfield |
Ocean Fantasy, trgd. v. Lope de Vega | €170.000 | Ballylinch Stud |
Palace Girl, trgd. v. Churchill | €28.000 | Whytemount Stud |
All For Rome, trgd. v. Lucky Vega | €80.000 | Haras de Beaufay |
Salve Stella, trgd. v. Sioux Nation | €58.000 | BBA Ireland |
Salve Annetta, nicht tragend | €28.000 | LF Bloodstock |
Salve Venezia, trgd. v. Calyx | €17.000 | Gary Robinson |
Salve Aurora, trgd. v. Waldgeist | €16.000 | Ballywalter |
Salve Haya, nicht tragend | €9.000 | Tweenhills |
Westfalica, trgd. v. Dandy Man | €80.000 | Barry Lynch BS |
Aus deutscher Sicht sind noch weitere Verkäufe zu notieren. Timeless Soul (Night of Thunder), fünf Jahre alte Tochter der Tatienne (Nayef) aus der Zucht des Gestüts Ohlerweiherhof, war via BBAG nach England, später nach Irland gegangen, sie war Zweite auf Listenebene in Frankreich. Jetzt wechselte sie für 72.000 Euro den Besitzer. Godolphin verkaufte die einstige Gr. I-Siegerin Be Fabulous (Samum), Blacktype-Vererberin, inzwischen 16jährig, tragend von Ghaiyyath für 45.000 Euro. Die Ravensbergerin Waldblüte (Campanologist) ging tragend von Lucky Vega für 32.000 Euro in neue Hände über. Akua’bella (Lope de Vega), vor vier Jahren bei der BBAG ein 360.000 Euro-Kauf von Godolphin aus der Brümmerhofer Zucht, Siegerin in Frankreich, ging tragend von Space Blues für 42.000 Euro durch den Ring.
Natürlich waren die Verantwortlichen mehr als zufrieden mit der Auktion. Allein die 39 Niarchos-Lots erlösten 27 Millionen Euro. Insgesamt wechselten bei der Breeding Stock Sale 325 der 444 Lots für 40,7 Millionen Euro den Besitzer. Der Schnitt pro Zuschlag lag bei 125.337 Euro, vergangenes Jahr waren es 55.398 Euro gewesen. Rechnet man die Niarchos-Pferde heraus, sieht die Sache natürlich etwas anders aus.