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Das Freudenau-Revival

Autor: 

David Conolly-Smith

TurfTimes: 

Ausgabe 486 vom Donnerstag, 21.09.2017

Es war in der Tat ein Nostalgie-Trip letzten Samstag nach Wien für das Österreichische St. Leger, der erste Renntag seit neun Jahren auf der traditionsreichen Rennbahn Freudenau am hinteren Ende des Wiener Praters. Ich persönlich war zum ersten Male 1979 dort, dann folgten zwei Besuche zum Wiener Derby in den 1980er Jahren. Es war schon eine Freude zu sehen, dass sich so gut wie nichts verändert hatte. Die alten Tribünen, die Kaiserloge, die 2.800-Meter-Bahn (Start direkt vor den Tribünen!), alles war in gutem Zustand. Der Rennsport in Österreich ist leider seit den glorreichen k.und k.-Zeiten vor dem ersten Weltkrieg sehr tief gesunken. Auch die Ebreichsdorfer Bahn „Magna Racino“, 2004 von Frank Stronach gebaut, hat nicht viel geholfen, jetzt gibt es fast nur noch Trabrennen dort. In der wunderbaren Anlage der Freudenau sind nur noch zwei Trainer tätig, beide – bei allem Respekt – relativ erfolglos.

Die Rennbahn Freudenau wurde am 4. Mai 1839 in der Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph I eröffnet. Jetzt gehört das ganze Gelände der Fa. IRM (Familie Habel). Die IRM veranstaltet dort Events wie Hochzeitsempfänge, exklusive Partys  und Firmenjubiläen. Die Idee, wieder Vollblutrennen in diesem historischen Ambiente  zu veranstalten, kann man nur begrüßen.  Das Wetter war leider nicht ideal, und nur etwa 3.000 Zuschauer wurden gezählt – darunter mehrere Rennsportfans aus Deutschland. Kollege Klaus Göntzsche hat moderiert; sein erster Interviewpartner war Mario Hofer, der sich sichtlich freute, in der alten Heimat zu sein. Unter vielen alten Freunden traf er den ehemaligen österreichischen Championjockey Billy Lord, der für diesen Renntag extra aus Newmarket gekommen war,

Hofer hatte keinen Starter, aber Werner Glanz (München), Gerald Geisler (Iffezheim) und Christian Sprengel (Hannover) waren aktiv, und alle drei hatten Erfolg. Glanz gewann die Wiener Herbst-Meile mit Mister Onyx (Areion) mit Nicol Polli im Sattel, und sein österreichischer Landsmann Geisler das Graf-Nikolaus-Esterhazy Memorial für Zweijährige mit Be A Wave (Bated Breath) unter Bauyrzhan Murzabayev für die Jungs aus Iffezheim. Der Jockey aus Alma Ata gewann auch das Hauptrennen des Tages, das Österreichische St. Leger mit Iraklion (Areion) für Christian Sprengel und Besitzer Wolfgang Fröhlich.

Iraklion, der schon gute Leistungen in besserer Gesellschaft gezeigt hatte, war eindeutig das beste Pferd im Feld und zahlte nur 16:10 am Toto.  Es war aber höllisch knapp. Niemand wollte gehen, und Iraklion fand sich notgedrungen an der Spitze, was ihm überhaupt nicht gefiel. Er führte in langsamen Tempo bis in die Gerade, wo er schnell überholt wurde. Der Tscheche Icar (Halling) ging in der Distanz an die Spitze und schien das Rennen entschieden zu haben, aber Murzabayev machte Iraklion in der Endphase richtig schnell, und im letzten Galoppsprung hatte er den Gegner gestellt und mit einer Nase geschlagen.

„Dieses Rennen war seit langem der Plan,“ sagte nachher Besitzer Fröhlich, „aber der Rennverlauf war total gegen ihn. Er kommt normalerweise mit Speed von hinten, dass er heute vorne gehen musste, war sehr ungünstig.“ Aber drin ist drin, und die siegreiche Mannschaft konnte mit dem Ehrenpreis und Euro 17.000 Preisgeld die lange Heimreise nach Hannover gutgelaunt antreten.

David Conolly-Smith

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