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Das Finale eine großen Jockeys

Richard Hughes auf Sole Power nach den Sieg im Al Quoz Sprint. www.galoppfoto.de - Frank Sorge

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 379 vom Donnerstag, 06.08.2015

Es ist sicher davon auszugehen, dass sich Fox Trotter seiner doppelten Bürde nicht bewusst war: nicht nur musste der Wallach den amtierenden Champion Jockey Richard Hughes tragen, auf einer Rennbahn, auf der er einige seiner größten Erfolge gefeiert hatte; nein, er würde das letze Pferd sein, das Hughes je wieder in einem Rennen tragen würde. Der Tag:  Samstag, der 01.08.2015, der Ort: Goodwood, Glorious Goodwood natürlich, Rennen sechs der Karte war ein Handicap über 1400m, ein Rennen, das kaum einer erinnern würde, aber welches nun eine besondere Bedeutung bekam. Anfang März hatte Hughes erklärt, dass 2015 sein letztes Jahr im Rennsattel sein sollte, wenig später hatte er dann verkündet, dass nach dem letzten Tag von Glorious Goodwood auch Schluss sein würde mit seinem Reiterleben.

Hat abgesattelt: Richard Hughes wird nun Trainer. www.galoppfoto.de - Frank SorgeHat abgesattelt: Richard Hughes wird nun Trainer. www.galoppfoto.de - Frank SorgeRichard Hughes wurde am 11. Januar 1973 in Irland geboren; als Sohn von Dessie Hughes, selbst hocherfolgreicher Jockey und Trainer, war eine Karriere im Rennsport gleichsam vorgezeichnet.  Es ist natürlich wie bei den Pferden selber: eine gute Abstammung und Aufzucht sind wichtig und hilfreich, aber kein Stammbaum der Welt macht aus einem Lebewesen einen Champion, wenn es denn nicht selber das Talent, den Willen und die rechten Charaktereigenschaften besitzt. Bald war klar, dass Richard all dies zur Genüge mitbrachte. Gleich sein erster Ritt in einem Pony-Rennen  - gekleidet in den Rennfarben von Monksfield, dem Pferd, welches Vater Dessies Karriere als Jockey formte - war ein Sieger, mit 15 Jahren wurde er im Jahr 1988 Lehrling bei seinem Vater, ritt im März ´88 sein erstes „richtiges“ Rennen und im August desselben Jahres seine ersten Sieger, auf der kleinen irischen Bahn in Roscommon.

In bester Gesellschaft: Richard Hughes mit Queen Elizabeth in Royal Ascot. www.galoppfoto.de - Frank SorgeIn bester Gesellschaft: Richard Hughes mit Queen Elizabeth in Royal Ascot. www.galoppfoto.de - Frank SorgeUnd so begann der langsame, aber unaufhaltsame Aufstieg eines Jockeys, der sich schnell als anders, und vor allem als besser, als viele seiner Konkurrenten herausstellen sollte. Er wurde Hughes, der Denker, der Taktiker, „Mr. Cool“, der Jockey, dem es besondere Freude bereitete, sein Pferd zu Beginn des Rennens zu verstecken, „to put it to sleep“ , wie die Engländer die Taktik des langsamen ins-Rennen-arbeiten nennen, um dann genau auf der Linie zuzuschlagen; in solchen Rennen, und mit Pferden, die diese Reitweise bevorzugten, war er ein wahrer Meister seines Faches; kaum einer, der Rennen las wie er und jede Eigenart der Rennbahn so zu seinen Gunsten zu nutzen wusste.  Auf den Meter genau wusste er, wie sich welche Rennbahn am effektivsten ritt, er kannte die Eigenarten und Kniffe, mit denen man auch dem anspruchsvollsten Layout der in England ja nicht gerade genormten Bahnen einige Zentimeter abluchste, denn darum, das erkannte er früh, ging es ja, „eine halbe Länge hier, ein kurzer Kopf da. Ich habe hunderte von Zweitplatzierten geritten, und es waren alles wunderbare Ritte, aber wer erinnert den Zweitplatzierten, und wo hätte ich ein paar Meter sparen können?“ Es ist da kein Wunder, dass Goodwood eine seiner Lieblingsbahnen war, und Windsor mit seiner seltsamen "8er-Form" ihm ganz besonders lag. Frankie Dettori mag seine Magnificent Seven in Ascot geritten haben,  aber auch Hughes gelang das sicher sehr seltenen Kunststück, an einem Renntag sieben Sieger zu reiten, am 15. Oktober 2012, eben in Windsor (leider hatte der Renntag acht Rennen, und einmal reichte es nur zu Rang 3).

Macht auch beim Benefizspiel im Tor eine gute Figur: Jockey Richard Hughes 2009. Foto: John James ClarkMacht auch beim Benefizspiel im Tor eine gute Figur: Jockey Richard Hughes 2009. Foto: John James ClarkNachdem Hughes 1994 Irland gen England verließ, mit einem losen Kontakt zu Richard Hannon sen., verlor er auch hier wenig Zeit, sich einen Namen zu machen. Siege in kleineren Rennen folgte die Berufung zum Stalljockey von Mick Channon, der ebenfalls am Aufstieg seiner Laufbahn arbeitete, ab 1995 stieg Hughes bevorzugt für den ehemaligen Fußball-Nationalspieler Channon in den Sattel. Es mag dann auch die Beziehung mit Hannons Tochter Lizzie gewesen sein, die Hughes bewegte, ab 1998 wieder verstärkt für Richard Hannon sen. zu reiten; es war Lizzie - im Übrigen zusammen mit ihren Brüdern Richard jun. und Henry Teil von Drillingen - die zu ihm hielt, als, mitten in einem seiner wichtigsten Jobs als Stalljockey für Khalid Abdullah, der Alkohol verstärkt zu einem Problem wurde.  Auch heute noch sagt Hughes von sich, er sei ein „Alkoholiker, der nicht mehr trinkt“, es dauerte Jahre, bis er sich die Sucht eingestehen konnte, die dann rund sieben Jahre sein Leben beherrschte, beinahe so lange, wie er auch als erster Jockey für Abdullah ritt. Quälend ausführlich beschreibt Hughes den Kampf gegen die Flasche in seiner 2012 erschienen Autobiographie; Tage, Wochen, Jahre, in denen alles dunkler schien und wurde; ein wahrer Test für Charakter und Willen. Und doch - es gab eine Sucht, die stärker war, die Sucht, Sieger zu reiten und Champion Jockey zu werden, und auch wenn Hughes nie wirklich aufgehört hatte, Sieger zu reiten, so waren doch seine magersten Jahre zu Beginn des letzten Jahrzehnts, und sein Aufstieg, der in seinem dreimaligen Champion-Titel (2012-2014) mündete, begann langsam aber sicher erst ab 2006.

Einer von so vielen großen Siegen: Richard Hughes mit Toronado nach den Queen Anne Stakes. www.galoppfoto.de - Frank SorgeEiner von so vielen großen Siegen: Richard Hughes mit Toronado nach den Queen Anne Stakes. www.galoppfoto.de - Frank SorgeSeine Kinder Harvey und Phoebe Jacqueline (der zweite Namen zu Ehren der gleichnamigen indischen Derby-Siegerin, und vierfachen klassischen Siegerin) wurden 2008 und 2010 geboren, absolute Höhepunkte seines Lebens, „sie kamen genau zur richtigen Zeit, als ich sie wieder genießen konnte.“  Wie jede Sportlerkarriere kann man auch die von Hughes auf Zahlen reduzieren: mehr als 2500 Siege im Rennsattel, 41 Gruppe I-Siege (wenn wir uns denn nicht verzählt haben), Siege auf der Flachen und über Hindernisse - auch über Hürden ist Hughes immer wieder mit großem Vergnügen geritten und gewann 1997 die Irish Champion Hurdle (Grade I) und war mehrfach auch in Cheltenham platziert.  Er ritt Pferde wie Oasis Dream, Youmzain, Canford Cliffs, Toronado, Sky Lantern, American Post, die pfeilschnelle Tiggy Wiggy, oder Paco Boy; wenig große Rennen, die seinen Namen nicht in den Siegerlisten führen, auch wenn er in England nur die 1000 Guineas und die Oaks als Klassiker gewann. Er ritt indische und italienische Derby-Sieger, einen Breeder´s Cup Sieger und gewann 2009 mit dem Goffs Million Sprint ein Rennen, das coole 956.320 Pfund als Siegbörse trug.

Damit soll jetzt auch Schluss sein: Richard Hughes will mit dem Rauchen aufhören und nicht mehr auf die Waage steigen ... Foto: John James ClarkDamit soll jetzt auch Schluss sein: Richard Hughes will mit dem Rauchen aufhören und nicht mehr auf die Waage steigen ... Foto: John James ClarkDoch nach dem Ritt auf Fox Trotter - kein Sieger, kein Märchen-Abschied - ist nun Schluss. Mit dem Rauchen aufhören, sich nicht mehr wiegen müssen („ich habe mich bis zu zwölfmal am Tag gewogen!“) und vor allem - Trainer will er werden, das hatte er früh verkündet,  „ich möchte, dass meine Kinder in einem Rennstall als Kinder eines Trainers aufwachsen, so wie ich.“ Es mag eine Rolle gespielt haben, dass die großen Besitzer zunehmend eigene Stalljockeys beschäftigen, so dass selbst am Stall Hannon, nun Junior, die Ritte in großen Rennen knapp wurden für wie einen wie Hughes, die Gelegenheiten auf der großen Bühnen zunehmend seltener. Seine neue Bühne heißt Danebury Racing Stables, jahrzehntelang die Heimat des eher unbekannten Ken Cunningham Brown.  Auf der Webseite bescheiden die „legendären Danebury Stables“ genannt,  befinden sie sich nahe Stockbridge, einem kleinen Dorf in Hampshire, grob zwischen Salisbury und Winchester gelegen; hier war tatsächlich bis 1896 die Rennbahn Stockbridge beheimatet, und die Ruinen der alten Tribünen sind dem Vernehmen nach bis heute erhalten.

„Ich habe immer gewusst, dass ich Trainer werden will, und ich kann es nun kaum erwarten. Als Jockey habe ich vielleicht zwei, drei Minuten mit dem Pferd, eine paar hastige Worte mit den Besitzern. Ich liebe Pferd, habe sie immer geliebt, und möchte sie formen, führen, zu Stars machen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich als Trainer versagen werde.“ Selbstsichere Worte eines Mannes, der mit sich im Reinen ist. Eines Mannes, der seiner Berufung noch einmal folgen kann.


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