TurfTimes:
Ausgabe 846 vom Freitag, 06.12.2024
Seit einigen Jahren sind große Auktionshäuser dazu übergegangen, bestimmte Sektoren bei den Versteigerungen für mutmaßlich herausragende Angebote zu reservieren. So geht es in Keeneland stets mit “Book 1” los, danach können die Schwergewichte der Branche getrost abreisen und den Markt den Normalsterblichen überlassen. Tattersalls hat vergangenes Jahr bei der December Mare Sale in Newmarket die “Sceptre Sessions” ins Leben gerufen, Sessionen also, in denen konzentriert das vermeintlich Beste in den Ring kommt.
So geschehen am frühen Dienstagabend, wo sich dann in der Halle auch nicht unerwartet entsprechende Bieteduelle entwickelten. Und einmal mehr standen, wie schon bei der Fohlenauktion in der Woche davor und bei den Versteigerungen der Jährlinge, der Sportmanager Kia Joorabchian und seine Entourage im Blickpunkt. Der 53jährige hatte angekündigt, insbesondere für die ihm gehörenden, teilweise 2025 neu ins Geschäft einsteigenden Deckhengste Stuten zu erwerben. Als am Donnerstagabend Bilanz gezogen wurde, hatte er zehn Stuten im Gesamtwert von 8,375 Millionen gns. eingekauft, womit er der größte Investor der Auktion war.
Und auch bei der Salestopperin stand sein Name auf dem Kaufzettel. Das war die drei Jahre alte You Got To Me (Nathaniel), in diesem Jahr Siegerin in den Irish Oaks (Gr. I) und Zweite in den Yorkshire Oaks (Gr. I). Dies geschah in den Farben des Newsells Park Studs und Valmont, dem Unternehmen von Anthony Ramsden. Die Partnerschaft sollte aufgelöst werden, wobei Newsells Park-Eigner Graham Smith-Bernal größtes Interesse hatte, die Stute in alleinigen Besitz zu überführen. Doch gegen Joorabchian zog er letztlich den Kürzeren, dessen Gebot von 4,8 Millionen gns. wollte er nicht mehr kontern.
“Wir wollen langfristige Investitionen tätigen”, erklärte Joorabchian später, “möglicherweise war die Stute zu teuer, vielleicht aber auch günstig, wenn man in einigen Jahren Bilanz zieht. Auf dem Weg nach oben werden wir sicher auch Geld verbrennen.” You Got To Me wird noch ein Jahr im Rennstall bei ihrem bisherigen Trainer Ralph Beckett bleiben und dann in den Farben von Amo Racing antreten.
Ebenfalls im Training bleiben weitere hochpreisige Zuschläge. Resolute Bloodstock, das Unternehmen von John Stewart, der aus den USA in der Regel online bot, war in der Rangliste der Käufer die Nummer zwei, wobei die zwei Jahre alte Vertical Blue (Mehmas) mit 3,2 Millionen gns. der teuerste Kauf war. Francis-Henri Graffard, der sie zu einem überraschenden Sieg im Prix Marcel Boussac (Gr. I) am Arc-Sonntag geführt hatte, wird sie weiterhin im Stall behalten, was er mit entsprechender Genugtuung registrierte. “Sie war meine Nummer eins im Katalog”, kommentierte Stewart telefonisch seinen Kauf. Für die bisherigen Besitzer, das Gemini Stud und Argelia Racing, war es ein genialer Deal, denn die Stute hatte als Jährling bei Arqana vergleichsweise günstige 50.000 Euro gekostet.
1,3 Millionen gns. zahlte Resolute Bloodstock für die bislang von Jessica Harrington trainierte Village Voice (Zarak). Die Vierjährige, die in die USA wechseln wird, hat den Prix de Flore (Gr. III) gewonnen und war jüngst Vierte in den British Champions’ Fillies & Mare Stakes (Gr. I) in Ascot. Zu den bisherigen Mitbesitzern zählten der Rennsportjournalist Bill Oppenheim und Jimmy George, scheidender Marketing-Direktor von Tattersalls. Das dritte Millionen-Pferd von John Stewart war die drei Jahre alte A Lilac Rolla (Harry Angel), die für Trainer Paddy Twomey Gr. III-Siegerin in Irland war, sich zudem in den Irish 1000 Guineas (Gr. I) und den Falmouth Stakes (Gr. I) platzieren konnte.
Coolmore und andere Käufer
Mit gerade einmal zwei Akquisitionen war MV Magnier für Coolmore zumindest quantitativ zurückhaltend, doch ersteigerte er mit Believing (Mehmas) das drittteuerste Pferd der Auktion. Die vier Jahre alte Stute, für das Syndikat Highclere Racing mehrfache Gr. III-Siegerin und vielfach Gr. I-platziert auf kurzen Distanzen, kostete drei Millionen gns. Sie stand im Stall von George Boughey in Newmarket und kehrte dorthin auch wieder zurück, denn sie soll noch eine Rennsaison absolvieren. Der Trainer fühlt sich nach eigener Aussage natürlich geehrt, dass er für ein derartiges Unternehmen arbeiten kann.
Japanische Käufer waren natürlich auch am Ring, angeführt von Yoshiyuki Ito, der für das Grand Stud noch unlängst bei Fasig-Tipton 11,7 Millionen Dollar ausgegeben hatte, darunter sechs Millionen Dollar für McKulick (Frankel). Bei Tattersalls sicherte er sich die zweimalige Gr.-Siegerin Lumiere Rock (Saxon Warrior) für 1,3 Millionen gns. und die in den USA auf Gr. II-Ebene erfolgreiche Idea Generation (Dubawi) für 900.000 gns. 1,21 Millionen gns. gab die Shadai Farm für vier Stuten aus.
Beste Werbung für ihren Vater Sea The Moon hatte Term Of Endearment auf der Rennbahn gemacht. Im Training bei Henry de Bromhead gewann die Fünfjährige drei Gr.-Rennen, an der Spitze die Lilly Langtry Fillies’ Stakes (Gr. II) in Goodwood. Jetzt ging der einstige 50.000gns.-Jährling für 1,3 Millionen gns. in die USA.
Viele deutsche Elemente
Eine ganz eigene Erfolgsgeschichte rankt sich um The Palace Girl (Areion). Vor einem Jahr erwarb die Stute aus der Zucht des Gestüts Etzean und von Hans-Helmut Rodenburg der Ire Sean Grassick für 30.000 Euro bei der BBAG in Iffezheim. “Sie hat mir gefallen und sie wird zu einem guten Freund von mir ins Training kommen”, erklärte er damals, gemeint war Kevin Coleman. Zwei Dinge geschahen seitdem: Die ältere Schwester Tamfana (Soldier Hollow) gewann die Sun Chariot Stakes (Gr. I) und The Palace Girl selbst belegte bei ihrem einzigen Start Rang zwei auf dem Curragh hinter einer später gruppeplatziert gelaufenen Coolmore-Stute. Das genügte, um einen Preis von 1,55 Millionen gns. zu erzielen. Die Zweijährige wird in die USA gehen, der Käufer war John Sykes mit seinem Unternehmen Woodford Thoroughbreds.
Aus der Zucht von Dr. Klaus Schulte stammt River Of Stars (Sea The Stars), eine Tochter der Schlenderhanerin Amazone (Adlerflug), Mutter auch der Listensiegerin Apadanah (Holy Roman Emperor) und zweite Mutter des Gr. II-Siegers Rashabar (Holy Roman Emperor). Sie war als Fohlen für 400.000gns. in den Stall von Ralph Beckett gekommen, hat u,a. die Bronte Cup Stakes (Gr. III) in York gewonnen und war Zweite im Prix de Royallieu (Gr. I). Online wurde sie für 1,65 Millionen gns. an Oakley Creek verkauft.
Frangipani bringt 725.000gns
Vergangene Woche hatten Graf und Gräfin Stauffenberg aus ihrer Zucht das Hengstfohlen von Sea The Stars aus der Frangipani (Jukebox Jury) für 700.000 gns. an Juddmonte verkauft - es war ein Foalsharing. Am Dienstag kam die Mutter des Derbysiegers und künftigen Deckhengstes Fantastic Moon (Sea The Moon) selbst in den Ring, tragend von Sea The Moon. Für 725.000 gns. ging sie an Willingham. Unter diesem Namen tätigte in den letzten Tagen Zhang Yuesheng von Yulong. Sicherlich ein solider Preis für eine zehn Jahre alte Stute, zudem ihre zwei Jahre alte Tochter Fire And Ice (Masar) noch im Stauffenberg-Besitz ist, genau wie die Schwester Figlia Nera (Harzand), die in der Herde steht. Yulong gehörte einmal mehr zu den größeren Investoren, schon am Dienstag war die drei Jahre alte Gr. III-Siegerin Caught U Looking (Harzand) mit Blick auf eine Fortsetzung der Rennkarriere in Australien für 1,8 Millionen gns. ersteigert worden.
Immerhin gibt es in Ostwestfalen noch einen Zugang. Philipp von Stauffenberg ersteigerte für 170.000gns. aus der Zucht von Anthony Oppenheimer die nicht gelaufene, vier Jahre alte Amphitrite (Sea The Stars) tragend von Modern Games. Ihre Mutter Belle D’Or (Medaglia d’Oro), eine Schwester der Gr. I-Sieger Footstepsinthesand (Giant’s Causeway) und Pedro The Great (Henrythenavigator), war Listensiegerin in Sandown.
Und auch Philip von Ullmann erweiterte seine Stutenherde. Für 270.000gns. erwarb er über Tina Rau die von Ghaiyyath tragende Allez Alaia (Pivotal). Die zwölf Jahre alte Stute hat bislang zwei listenplatziert gelaufene Nachkommen, sie ist Schwester der Gr. I-Siegerin und Gr. I-Vererberin Halfway To Heaven (Pivotal), zweite Mutter auch von Auguste Rodin (Deep Impact).
Drei Stuten hatte Ronald Rauscher in seinem Consignment, davon wurde nur die bislang von Andreas Wöhler trainierte, aktuell im Prix de Flore (Gr. III) Drittplatzierte Understated (Nathaniel) verkauft. Die zweifache Listensiegerin ging für 220.000gns. an MCP Equine. Für 200.000 gns. zurückgekauft wurde die von Sea The Moon tragende Morning Mist (Peintre Celebre), Mutter der Henkel-Preis der Diana (Gr. I)-Siegerin Muskoka (Sea The Moon). Und auch Tiara Hilleshage (Adlerflug), Schwester von Torquator Tasso (Adlerflug) wurde bei 270.000 gns. als Rückkauf registriert.
Ein weiteres ehemaliges von Andreas Wöhler trainiertes Pferd ist Crystal Estrella (Iffraaj), 2023 Zweite im Silbernen Pferd (Gr. III), dieses Jahr zweimal Dritte auf Listenebene. Die Team Valor-Stute kam im Kontingent des Watership Down Studs in den Ring und ging für 500.000 gns. an Godolphin.
Positive Bilanz
Nach der wie immer im unteren Bereich angesiedelten Donnerstags-Session konnte Tattersalls eine erwartungsgemäß positive Bilanz der Mare Sale ziehen. Von 795 angebotenen Lots wurden 667 für etwas mehr als 83 Millionen gns. verkauft, ein noch nie erzielter Umsatz. Und auch der Schnitt pro Zuschlag war mit 125.539 gns. ein Rekord, er lag um 16% über dem Vorjahreswert. 2022 wurde mit 117.147 gns. die bisherige Bestmarke erzielt.
Rekorde wurden auch beim Jahres-Gesamtumsatz des Auktionshauses erzielt. 2024 wurden bei allen Auktionen 5.471 Pferde zu einem Schnitt von 77.856 gns. verkauft, ein Zuwachs von immerhin dreißig Prozent gegenüber 2023.