Jahresrückblick 2019

Hätte es eine Saison 2019 von März bis Anfang Juli gegeben und eine von Mitte Juli bis November, wäre die eine sensationell, die andere aber oft wenig befriedigend und manchmal sogar regelrecht frustrierend ausgefallen. Das Gesamtpaket brachte dann allerdings doch noch den zweiten Platz in der Trainer-Wertung, auch wenn sich das gar nicht nach so angefühlt hat.


Das vergangene Jahr hatte definitiv sehr viele Höhen aber auch ebenso viele Tiefen. Der absolute Glanzpunkt war ohne Frage natürlich Laccario's Derby-Sieg, der uns – insbesondere für Eduardo Pedroza – aber auch für seine engagierte Zuchtstätte Gestüt Ittlingen unglaublich gefreut hat. Es gab sehr viele emotionale und herzerwärmende Momente nach diesem Erfolg, die auch ganz wunderbar von Julie Hofer in einem Video aufbereitet und bis jetzt nicht nur einmal angeschaut wurde.


Nach Hamburg war es plötzlich wie abgeschnitten, so als hätten wir die Form irgendwo in Horn einfach liegengelassen und nicht mehr wiedergefunden. Es gab zwar immer wieder mal das ein oder andere Highlight aber über die ganze Strecke gesehen lief es für die Anzahl der guten Chancen zäh und irgendwann will man natürlich wissen, ob es dafür Ursachen gibt. So wurden sämtliche Futtermittel, Heu und Stroh aufwendigen Tests unterzogen, von den Pferden vermehrt Blutbilder erstellt und was man sonst noch machen kann aber alles war im grünen Bereich und es blieb nur die Erkenntnis, die anderen laufen einfach schneller.

 

Als Züchter und Besitzer waren wir in den letzten Jahren mehr als zufrieden – alle Fohlen kamen gesund und mit vier korrekten Beinen auf die Welt, die älteren Pferde liefen so, dass man mit Spaß bei der Sache sein konnte und ab und zu gelang ein guter Verkauf, der das Ganze auch finanzierte – aber dieses Jahr war der Wurm drin. Night Party hatte, tragend von Almanzor, einen Abort. Damit Incantator sein zukünftiges Rentnerleben in Gesellschaft auf der Koppel genießen kann, musste er zum Wallach gemacht werden aber eine Stunde nach dieser OP lag er schon wieder in Narkose da er eine so heftige Kolik bekommen hatte, dass er nur mit einer erneuten Operation gerettet werden konnte. Talora, ein tolles Fohlen von Protectionist aus der Tiziana, erlitt mit gerade mal sieben Wochen einen offenen Kieferbruch, der aufwendig operiert werden musste. Diese Verletzung und die nachfolgende zweite OP zum Entfernen der Platte überstand sie als wäre es gerade mal eine Zahnbehandlung gewesen und war trotz aller Strapazen stets guter Dinge. Mitte November haben wir diese so lebenslustige Stute dann aber leider doch verloren als sie voller Übermut stieg und so unglücklich fiel, dass mehrere Halswirbel brachen und Talora nicht mehr zu retten war. Turbulence hat aufgrund einer Fissur erneut Boxenruhe nachdem sich gerade erst nach langer Verletzungspause im Rennen wieder gut anließ. Red's Call wollte definitiv kein frühes Pferd sein und musste wieder zurück in den Kindergarten. Auch Busted Ice spielt noch lieber mit dem Ball als sich auf das zu konzentrieren, was wichtig wäre. Lacento, der Anfang der Saison zu einem vielversprechenden Erfolg kam, zeigte danach wenig Kampfgeist, wurde kastriert und macht seitdem Urlaub. Ziemlich viele Arschkarten für ein Jahr, ist aber vielleicht auch ein kleiner Trost für den ein oder anderen Besitzer, der in dieser Hinsicht ebenso gebeutelt wurde.

 

Was uns die vergangenen Monate immer wieder beschäftigt hat, ist das Thema Tierschutz und wie damit umgegangen wird. Dem Trainer war die ursprüngliche Fassung zu ausschweifend und wahrscheinlich auch zu echauffiert, so also nur die abgespeckte Version.

Dass es Tierschutz geben muss, ist keine Frage aber eben da, wo er angebracht ist. Wir sind uns sicher, dass es genügend Tierschützer gibt, die sich durch reißerisch und einseitig dargestellte Artikel von um Auflagen bemühter Schmierblätter oder Geschichten, die jeglicher Objektivität und Recherche entbehren und in einschlägig bekannten TV-Formaten gezeigt werden, in ihrer Meinung über den Rennsport beeinflussen lassen aber branchenfremd wird hier über etwas geurteilt, von dem sie nur einen ganz kleinen Ausschnitt kennen. Wie viele dieser Tierschützer waren schon mal über einen längeren Zeitraum jeden Tag an einem Stall um beurteilen zu können wie mit den Tieren umgegangen wird? Haben diese Leute schon mal einen von diesen Enthusiasten kennengelernt, der bei Wind und Wetter um 5.30Uhr mit der Stallarbeit beginnt und von seinem schmalen Gehalt dann auch noch Karotten kauft um diese an seine Lieblingspferde zu verteilen? Haben diese Leute schon mal einen der Züchter und Besitzer gesprochen, der seine Pferde eben nicht aus der Portokasse bezahlt aber trotzdem alles für seine Pferde tut?

Dass es schwarze Schafe gibt, liegt in der Natur des Menschen aber deshalb eine ganze Branche über einen Kamm zu scheren, ist sehr einfach gestrickt.

Wenn man in der Presse u.a. liest, dass Tierschützer fordern, den Reitsport abzuschaffen weil die Pferde gequält und ausgebeutet werden – laufen dann tausende von Pferde auf der Suche nach ihrer neuen Welt über die Zülpicher Straße oder sollen sie gleich alle eingeschläfert werden?

Leider kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich der deutsche Rennsport mittlerweile fast schon devot den Dekreten von Tierschützern ergibt. Das beste Beispiel, um nur eines zu nennen, ist das Verbot von Zungenbändern. Es gibt Pferde, die ihre Zunge über das Gebiss schieben und dadurch schlecht Luft bekommen und da stellt sich die Frage, was für das Pferd besser ist – das Gefühl, keine Luft zu bekommen oder ein fachmännisch angebrachtes Zungenband, welches ihnen über diese Hürde hinweg hilft?

Wie schon gesagt, Tierschutz hat auf jeden Fall seine Berechtigung und vielleicht macht es wirklich Sinn an der ein oder anderen Stelle nachzujustieren aber wir müssen uns von keiner Tierschutzorganisation unter Generalverdacht an den Pranger stellen lassen.


2019 hatte aber auch sehr erfreuliche Aspekte. Wir können uns gar nicht mehr erinnern, wann zuletzt schon so früh so viele Jährlinge auf Ravensberg Einzug gehalten haben und wenn die Urlauber zurück sind, ist der Stall bis auf den letzten Platz belegt. Waren es sonst immer die Mädels, die das Sagen hatten, sind dieses Jahr deutlich die Jungs in der Überzahl. Bei den Deckhengsten geben Protectionist und Adlerflug den Ton an, wie überhaupt viele Produkte deutscher Beschäler dabei sind. Insgesamt eine sehr gemischte Karte und es verspricht interessant zu werden.


Die größte personelle Veränderung ist natürlich die Wachablösung von Eduardo Pedroza durch den frisch gebackenen Champion Bauyrzhan Murzabayev. Der junge Kasache hat bereits einen fulminanten Werdegang hinter sich und sein brennender Ehrgeiz wird dafür sorgen, dass dieses so erfolgreiche Jahr nicht nur glücklichen Umständen geschuldet war. Unser Team am Stall zeichnet sich durch eine sehr entspannte, kollegiale Art miteinander und den Pferden gegenüber aus und Bauyrzhan ist wie ein Mosaikstein, der sich harmonisch und nahtlos in dieses Gefüge einpasst.


Egal, wie lange man mit Pferden arbeitet, man lernt nie aus und es wird immer Dinge geben, die man verbessern kann oder verändern muss – das im Kopf, unterstützt von einer engagierten Mannschaft und vielen „alten“ und neuen Besitzern werden wir die neue Saison angehen, hoffen, dass alle gesund bleiben und uns auch das ab und zu das Glück küsst.


Ihnen wünschen wir ebenfalls ein gesundes und glückliches neues Jahr und so wie die Pferde nun in Winterpause gehen, macht auch die Webseite einen kleinen Urlaub. Lassen Sie es sich gutgehen, bis bald und einen schönen Jahreswechsel!






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