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Traber-König Ourasi eingeschläfert

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Turf aktuell

TurfTimes: 

Ausgabe 248 vom Donnerstag, 17.01.2013

Wenn der Name eines Rennpferdes auch mehr als 20 Jahre nach dem Ende der Rennkarriere nahezu jedem in der Szene noch bekannt ist, dann muss es sich um ein besonderes Pferd handeln. Wenn sich eine solche Bekanntheit sogar über die Grenzen der verschiedenen Rennsportfraktionen erstreckt, dann handelt es sich ohne Frage um einen ganz außergewöhnlichen Vierbeiner. So machte am Samstag vergangener Woche die Nachricht vom Tod des französischen Ausnahmetrabers Ourasi nicht nur in Traberkreisen, sondern auch im Galopperlager schnell die Runde und sorgte allenthalben für einen Moment der Erinnerung an diesen unvergessenen Star unter den französischen Trabern, der im Nachbarland zum „Traber des Jahrhunderts“ gewählt worden war. Im biblischen Alter von 33 Jahren musste Ourasi an seinem Alterswohnsitz, dem Haras de Gruchy in der Normandie, eingeschläfert werden, nachdem sich sein Gesundheitszustand in den letzten drei Wochen rapide verschlechtert hatte und er vier Tage lang keine Nahrung mehr zu sich genommen hatte.

Der „Traber-König“, dessen vier Erfolge im Prix d´Amerique in der Zeit 1986 bis 1990 nicht nur unvergessen bleiben, sondern auch einen Rekord in der Geschichte des französischen Top-Rennens darstellen, überlebte seinen Trainer Jean-Rene Gougeon, der ihn nach einem wenig berauschenden Karrierebeginn (seine ersten vier Lebensstarts als Zweijähriger endeten ohne Sieg) in der Traber-Olymp steigerte, um mehr als vier Jahre. Die nackten Fakten – 58 Siege und 22 Platzierungen bei 86 Starts, die zu einer Gewinnsumme von 3,32 Mio. Euro führten, hervorzuheben die Saison 1986, in der er bei 14 Starts ungeschlagen blieb – allein können die Faszination, die Ourasi auf die Massen ausübte, nicht vermitteln. Unvergessen wird der Stil seiner Rennbahnauftritte bleiben, der oft atemberaubend war, manchmal aber auch durch seine Eigenwilligkeit geprägt war.

Auch in Deutschland hatte Ourasi eine große Fangemeinde Ende der 80er Jahre, da er auf deutschen Trabrennbahnen antrat und für Massenbesuch sorgte. Sein erster Auslandsstart überhaupt führt ihn im Juli 1986 zum Gelsenkirchener Elite-Rennen, das er ebenso gewann wie zwei Jahre später in Bahrenfeld den Großen Preis von Hamburg.

So erfolgreich seine Rennkarriere auch gewesen war, so ernüchternd war seine kurze Episode als Deckhengst nach dem Ende der Zeit auf der Rennbahn. In seinem ersten Gestütsjahr deckte er zum damaligen Rekordpreis von 90.000 Francs insgesamt 130 Stuten, doch nur acht Fohlen wurden geboren. Diese gravierenden Fruchtbarkeitsprobleme führten zu einem schnellen Ende seiner Deckhengstkarriere, aus der insgesamt nur 38 Nachkommen entsprangen, die alle keine weiteren Spuren hinterließen.

 

Der Mythoas Ourasi lebte dennoch weiter. Seine Geschichte wurde u.a. in einem Dokumentarfilm aus dem Jahr 2003 unter der Titel „Ourasi – Der König der Rennpferde“ verewigt, der in synchronisierter Version auch im deutschen TV ausgestrahlt wurde. Nach einigen früheren Büchern erschien sogar Anfang 2013 in Frankreich noch ein weiteres Buch von Etienne De Monpezat („Ourasi – Die wahre Geschichte“) über ihn und dokumentiert das ungebrochene Interesse an diesem Pferd im Nachbarland.

Gespannt kann man auf den am Sonntag der nächsten Woche anstehenden Prix d´Amerique sein, da sich der Veranstalter in Vincennes sicherlich etwas einfallen lassen wird, um an den Jahrhundert-Traber gebührend zu erinnern. Noch vor wenigen Jahren hatte man Ourasi von seinem Alterswohnsitz auf das Plateau de Gravelle kutschiert und ließ ihn als Überraschungsgast - standesgemäß mit seiner Siegerdecke des Jahres 1990 – dekoriert - die Parade zum Prix d’Amerique anführen. Manche Vorort-Beobachter behaupteten später, der Jubel des Publikums vor dem Amerique wäre lauter als nach dem Rennen gewesen.

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