Das sechste Derby für den Kulttrainer
Autor:
TurfTimes:
Wenn man über den tschechischen Turf spricht, der Name Frantisek Holcak wird Ihnen bestimmt nicht unter den ersten einfallen. Das 61-jährige Traineroriginal aus den Bergen im Osten des Landes ist nämlich nicht unbedingt reisefreudig. Seine Pferde starten vor allem zuhause, dann noch in Bratislava und höchstens in Ebreichsdorf. In Deutschland war Holcak nur einmal, als sein Sprinterstar Scyris (In Camera) vor sechs Jahren Vierter in einem Kölner Listenrennen wurde.
Zuhause hat Holcak aber bereits Kultstatus. Letzten Sonntag hat er einen neuen Rekord aufgestellt, als sein Kadyny (Zamindar) das Tschechische Derby in Prag gewann und Holcak somit als einziger aktiver Trainer in seinem Land sein sechstes Blaues Band holte. Zweiter wurde der slowakische Favorit Move Your Vision (Galileo) vor My Afantou (Anabaa) aus der Zucht von Dr. Christoph Berglar, Brutal Rocco (Shirocco) und dem von Markus Buchner gezogenen Atack (Mamool).
Für Holcak war es vielleicht das schwierigste Derby überhaupt. Kadyny, zweijährig Dritter in einem Gr.III-Rennen in Longchamp, wurde auf der Arqana Autumn Mixed Sale in Deauville für 160 000 Euro gekauft, und galt den ganzen Frühling als groβe Enttäuschung. Der Hengst hatte Probleme mit der Akklimatisation und auch seine Rennverlaufe waren nicht optimal. Bei zwei Starts in Bratislava war er Vierter und Sechster, im Prager Derby-Trial versagte er vollkommen.
In der Zentrale Velké Karlovice, die Holcak vor zwanzig Jahren von einer bankrotten Genossenschaft als erster Privattrainer im Land kaufte, gab es deswegen groβes Kopfzerbrechen. Schlieβlich versuchte man einen Reiterwechsel und eine andere Taktik, denn Kadyny kam zweijährig bei allen erfolgreichen Starts von hinten. Der neue Jockey von Kadyny Jiri Chaloupka setzte diese Order um, noch eingangs der Zielgeraden war er letzter und kam dann 300 Meter vor dem Ziel mit dem entscheidenden Speed. Am Ende hatte er einen komfortablen Vorsprung von 2 1/4 Längen.
„Ich wusste immer, dass Kadyny Klasse hat, wir konnten es nur nicht aus ihm herausholen. Am Ende war es einfach – wir hatten endlich einen Reiter, der alles richtig machte.“ meine Holcak, der mit seinen Pferden auch fünfmal die Groβen Pardubitzer gewann und als dritter Trainer der Weltgeschichte drei Triple Crown-Sieger trainierte (1996 Glowing, 2001 Tribal Instinct, 2009 Age of Jape).
Enttäuscht musste hingegen der erfolgreichste tschechische Stall Dr. Charvát sein, der mit vier Pferden immerhin ein Viertel des Feldes stellte. Er hatte mit Kaptah (Hurricane Run) sogar ein Klassepferd als Tempomacher und flog speziell für ihn Ted Durcan aus England ein. Das alles nutzte nichts, denn einer der Stallfavoriten A Gentleman (Gentlewave) verletzte sich in der Startbox und Betpak Dala (Shamardal) hatte ein von Kollisionen und Zwischenfällen geprägtes Rennen. Als Kaptah mit Durcan seine Aufgabe erfüllte (die Zeit 2:30,76 gehört in Prag zu den besten), schien es fast wie ein Geschenk für die Gegner.
Während die Durststrecke von Charvát im Derby weitergeht, der siegreiche Stall Monte Negro gehört zu Neueinsteigern. Er landete einen Derbysieg gerade einmal im zweiten Jahr seiner Tätigkeit.
Martin Cáp, Prag