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NH-Sieger - züchterisch gesehen

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 301 vom Donnerstag, 30.01.2014

Ganz sicher war es Hurricane Fly (Montjeu) nicht in die Wiege gelegt, eines Tages das Hindernispferd mit den meisten Gr. I-Siegen überhaupt zu werden. Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte er 2005 als Jährling bei Goffs in Irland, wo er für immerhin €65.000 an Raoul Teman und Trainer Jean-Luc Pelletan verkauft wurde. Nach Frankreich ging es also, wo er dann auch den ersten Teil seiner Rennlaufbahn absolvierte. Zweijährig blieb er sieglos, dreijährig legte er seine Maidenschaft auf der Provinzbahn Mont-de-Marsan ab, gewann dann im März ein Listenrennen in Saint-Cloud, in den Farben des Schweizers Hans-Peter Breitenstein gegen den späteren Gr. I-Sieger Literato (Kendor). Er lief dann noch viermal in Frankreich auf Gr. I-Ebene, seine beste Leistung war Rang vier in dem von Lawman (Invincible Spirit) gewonnenen Prix de Guiche (Gr. III).

Über den Agenten Richard Hobson gelangte er wieder nach Irland, im Mai 2008 lief er zum ersten Mal für Willie Mullins in Punchestown, gewann unter Ruby Walsh das erste von nun 21 Hürdenrennen, 24mal war er insgesamt über Sprünge am Start. Seine drei Niederlagen erlitt er in Auteuil, in Punchestown und zuletzt im März 2012 in Cheltenham, als er in der Stan James Champion Hurdle Challenge Trophy (Gr. I), die er 2011 gewonnen hatte, 2013 wieder gewinnen sollte, nur Dritter wurde.

Sein Vater ist zwar Montjeu (Sadler's Wells), doch ganz so aufregend ist seine mütterliche Linie eigentlich nicht. Die Mutter Scandisk (Kenmare) hat zweijährig ein Rennen in Italien gewonnen, sie hat bisher drei andere Sieger auf der Bahn, der beste davon war eine Stute, die in Italien listenplatziert gelaufene Hunzy (Desert King). Wenn es Black Type-Pferde in der Verwandtschaft gab, dann zeigten sie ihre Bestleistungen in Italien, Hurricane Flys Züchter ist schließlich auch das Agricola del Parco. Scandisk selbst kam inzwischen auch noch zweimal auf den Markt: 2007 kostete sie bei Goffs in Irland €95.000, zwei Jahre später wechselte sie tragend von Shirocco für €63.000 den Besitzer. Danach wurde sie ausschließlich von Yeats (Sadler's Wells) gedeckt, ein Hengstfohlen brachte letzten November bei Goffs immerhin €120.000.

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Die Entscheidung von Darley, Shirocco (Monsun) vom Dalham Hall Stud Richtung Irland in die National Hunt-Zucht zu transferieren, hatte natürlich gute Gründe. Die wichtigsten zeigen sich dieser Tage auf der Rennbahn, denn der im Glenview Stud stehende Hengst stellte gerade am letzten Wochenende eine ganze Reihe von besseren Siegern über Sprünge. Vornehmlich natürlich Annie Power, die jetzt bei zehn Starts ungeschlagen ist und über deren mütterliche Linie wir an dieser Stelle bereits mehrfach geschrieben haben.

Sie ist eine Tochter der Anno Luce (Old Vic) und geht somit auf eine alte Röttgener Linie zurück, die Peter Mülhens 1938 durch den Import von Adria (Sagacity) aus Italien in Deutschland begründet hat. Der internationale Einfluss der Familie ist enorm, aktuell stehen mit Helmet (Exceed and Excel) und Epaulette (Commands) zwei interessante Nachwuchshengste unter dem Darley-Banner in England bzw. Irland. Es ist alles andere als abwertend, dass die Familie jetzt auch im finanziell so lukrativen Hindernissport für Schlagzeilen sorgt.

Shirocco war am Samstag in Cheltenham mit zwei anderen guten Siegern vertreten. Das war zunächst der fünf Jahre alte Wallach Red Sherlock, der das Neptune Investment Management Novices' Hurdle (Gr. II) für den Stall von David Pipe gewann. Der Shirocco-Sohn hatte vergangenes Jahr drei NH-Flachrennen für sich entschieden, punktete dann über Hürden in Southwell und Wetherby, war jetzt beim ersten Versuch auf Gr.-Ebene gleich erfolgreich - bei sechs Starts ist er noch ungeschlagen. Ein gut dotiertes Hürden-Handicap gewann am gleichen Nachmittag der ebenfalls fünf Jahre alte Lac Fontana (Shirocco) aus dem Quartier von Paul Nicholls. Er begann seine Karriere bei Nicolas Clement in Frankreich, war dort in Lyon erfolgreich. Bei seinen ersten Starts über Hürden traf er es in England gegen die Spitze teilweise noch zu schwer an, doch scheint er jetzt auf dem richtigen Weg zu sein.

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Direkt aus deutscher Zucht kommt The Giant Bolster (Black Sam Bellamy), der am Samstag mit der Argento Chase (Gr. II) sein zweites Black Type-Rennen über schwere Sprünge gewinnen konnte. Der Cheltenham-Spezialist war dort im Januar 2012 in der Murphy Group Chase (Gr. III) erfolgreich gewesen, hatte in jenem Jahr im Gold Cup (Gr. I) Rang zwei und 2013 Platz vier belegt. Seine Gewinnsumme über Sprünge in England liegt inzwischen bei knapp €350.000.

Er hatte als ungeprüftes junges Pferd den Besitzer gewechselt, war von der Koppel weg in Fährhof direkt für den Hindernissport rekrutiert worden. Damals hieß er noch Dalceras, er wurde in England umgetauft. Die von Andreas Wöhler trainierte Mutter Divisa (Lomitas) ist nur fünfmal gelaufen, sie gewann 2002 mit William Mongil den Deutschen Stutenpreis (Gr. III). Sie ist Mutter mehrerer Sieger,  Don Chester (Highest Honor) war wohl neben The Giant Bolster der Beste, er gewann eine Reihe von besseren Rennen in der Schweiz. Divisa ist Schwester des Gr. III-Siegers Diamante (Acatenango), inzwischen Deckhengst in Polen, Dabus (Local Talent), Dawn Twister (Monsun) und Dayano (Lomitas) haben sämtlich Listenrennen gewonnen. Eine weitere Halbschwester von Divisa, die nicht gelaufene Dasina (Königstiger), ist momentan die einzige Stute der Familie in der Fährhofer Herde.

Der Vater Black Sam Bellamy (Sadler's Wells), dessen bester Nachkomme in Deutschland der dreimalige Gr. I-Sieger Earl of Tinsdal ist, steht im Shade Oak Stud in England zu einer Decktaxe von 3.500 Pfund. Vergangenes Jahr deckte er dort rund 70 Stuten

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