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Neue Deckhengste in Deutschland - Earl of Tinsdal

Earl of Tinsdal unter Eduardo Pedroza bei seinem Sieg im Rheinland-Pokal. www.galoppfoto.de - Sandra Scherning

Autor: 

Daniel Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 397 vom Donnerstag, 10.12.2015

Bestritten hat er in seiner sechs Rennzeiten umfassenden Laufbahn 21 Rennen, in zwanzig davon verdiente er Geld, nur in einem nicht, dem Ascot Gold Cup (Gr. I), 19 dieser 21 waren Gruppe-Rennen. In vier Jahren erzielte er ein Rating von 97kg und mehr – diese Zahlen unterstreichen die Beständigkeit und Klasse von Earl of Tinsdal, der über mehrere Jahre zu den führenden und populärsten Grand Prix-Pferden in Deutschland gehörte. Im kommenden Frühjahr beginnt er seine zweite Karriere als Deckhengst im Gestüt Helenenhof, er wird zu einem Tarif von 4.000 Euro angeboten.

Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte er am 23. Oktober 2009 bei der Herbstauktion der BBAG in Iffezheim. Er kam im Nachtragskatalog in den Ring, wobei er unter dem Radar der Experten durchschlüpfte. Einen Reservepreis hatte sein Züchter Hannes Gutschow nicht festgesetzt, doch für 5.500 Euro wollte er ihn berechtigterweise nicht gehen lassen – er kaufte ihn zurück. Für Earl of Tinsdal wurde eine Hamburger Besitzergemeinschaft gebildet, seine neue Heimat war der Rennstall von Andreas Wöhler in Spexard.

Der Hengst war kein früher Zweijähriger, er debutierte erst Anfang Oktober, gewann gleich leicht in München auf weicher Bahn in München über 1600 Meter. Eine perfekte Generalprobe für das an gleicher Stelle ausgetragene Auktionsrennen, das er sich dann ebenso souverän gegen Rose Danon und den Favoriten Salut holte.

Dreijährig startete er mit einem Sieg im Frühjahrspreis des Bankhaus Metzler (Gr. III) gegen Saltas und Mawingo, womit er seine Position als einer der Favoriten für das Derby untermauerte. Daran änderte auch der vierte Platz im von Mawingo gewonnenen Bavarian Classic (Gr. III) nichts, Earl of Tinsdal hatte in dem Rennen ein Eisen verloren. Im IDEE 142. Deutschen Derby (Gr. I) kam er zu einer Quote von 126:10 an den Ablauf. Favorit war der Engländer Brown Panther, gewettet wurden die Schlenderhaner, auch Gereon. Am Ende war nur ein Trainingsgefährte besser, der Ravensberger Waldpark. Der war sechs Wochen später im Rheinland-Pokal (Gr. I) nicht dabei, Earl of Tinsdal schaffte auf dem von ihm bevorzugten weichen Boden souverän seinen ersten Treffer auf höchster Ebene. Im Preis von Europa (Gr. I) war er erneut 19:10-Favorit, belegte hinter Campanologist und Ibicenco Rang drei.

Vierjährig sollte er fünfmal gesattelt werden, einmal gewann er, den Gran Premio di Milano (Gr. I) gegen Quiza Quiza Quiza und Vadamar. Im Großen Preis von Berlin (Gr. I) scheiterte er nur an dem damals von André Fabre trainierten Meandre. Dritter war er im Großen Preis von Bayern (Gr. I), Vierter im Gerling-Preis (Gr. II) und Fünfter im Preis von Europa (Gr. I), überall gab es Geld. Mit 99kg bekam er 2012 das höchste GAG seiner Karriere.

Fünfmal lief er auch fünfjährig. Man startete mit ihm zu Beginn des Jahres auf Steherdistanzen, das Jahresdebut gab er im Oleander-Rennen (Gr. III), in dem er Dritter wurde. Er reise dann nach Royal Ascot zum Gold Cup (Gr. I), der mit einem populäre Sieg von Estimate im Besitz der Queen endete. Earl of Tinsdal blieb auf abgetrocknetem Boden unter Form und verdiente als Zwölfter zum einzigen Mal in seiner Rennkarriere kein Geld. Zurück in Deutschland wurde er Zweiter im Preis der Sparkassen Finanzgruppe (Gr. III) und dann unglücklicher, weil im Finish gestörter Dritter in einem turbulenten Preis von Europa (Gr. I), in dem Meandre gewann, der zunächst disqualifiziert worden war, den Erfolg dann in der Revision schaffte. Zum Saisonschluss gab es dann aber doch noch einen Treffer, im Gran Premio di Milano (Gr. I) gegen Biz the Nurse und Orsino.

In den letzten beiden Jahren wurde Earl of Tinsdal nur noch sporadisch gestartet. Vergangene Saison zeigte er seine beste Leistung im Preis von Europa (Gr. I) zu Empoli, stark lief er auch als Dritter im Großen Preis von Bayern (Gr. I) hinter Ivanhowe und Cubanita, im Großen Preis von Berlin (Gr. I) wurde er Vierter. In diesem Jahr war nach Rang vier im Gerling-Preis (Gr. II) bereits Schluss.

Earl of Tinsdal stammt aus dem vierten von fünf deutschen Jahrgängen von Black Sam Bellamy (Sadler's Wells), der in Fährhof immer sehr kopfstarke Bücher gedeckt hat. Er steht seit 2009 zu einer Decktaxe von 3.000 Pfund (2016) im Shade Oak Stud in England insbesondere für die Zucht von Hindernispferden, doch den rechten Bruder von Galileo darauf zu reduzieren, wäre verfehlt. Immerhin hatte er mit Daveron eine Gr. II-Siegerin in den USA auf der Bahn, zudem vier Gr. III-Sieger und eine Reihe weiterer Black Type-Pferde. 

Earthly Paradise, die Mutter von Earl of Tinsdal, die zunächst in den Farben des Stalles Blankenese lief, war zweijährig Zweite im Raffelberger Stutenpreis, gewann dreijährig über 1400 Meter in Mülheim. Sie startete mit dem zehnfachen Sieger Earlsalsa (Kingsalsa), der ein Spitzenrating von 92,5 kg hatte, Listensieger und Gr. III-platziert war. Dann kam der im Ausgleich II erfolgreiche Earl of Winds (Samum), ein achtfacher Sieger, sowie Easy Tiger (Tiger Hill), klassisch platziert in der Slowakei. Nach dem „Earl“ folgte Emily of Tinsdal (Librettist), zweifache Listensiegerin in München. Sie gehört inzwischen dem bayerischen Züchter Anton Hörl. Die darauffolgenden Geschwister waren weniger glücklich. Earthly Paradise steht inzwischen im Besitz der Stiftung Gestüt Fährhof, eine Jährlingsstute stammt von Campanologist, in diesem Jahr war sie höchst prominent bei Australia in Coolmore.

Sie ist eine Schwester von vielen guten Pferden. Dazu zählen die exzellenten Zweijährigen Early Wings (Winged Love) und Easy Way (Dashing Blade) sowie Empire Storm (Storming Home), Gr. III-Sieger und listenplatziert und mehrfach in Auktionsrennen vorne mit dabei. Ever Strong (Lomitas) hat in Iffezheim den Hubertus Liebrecht-Gedächtnispreis (Gr. III) gewonnen. Mehrfach erfolgreich und listenplatziert war auch Empire Hurricane (Hurricane Run).

Die nächste Mutter Emy Coasting (El Gran Senor), die eine amerikanische Familie vertritt und in den USA auch als Jährling für 75.000 $ durch den Ring ging, hat Hannes Gutschow im Oktober 1996 für 6.500 gns in Newmarket aus dem Stall von Trainer Paul Cole erworben. In England mehrfach platziert gelaufen, gewann sie bei nur drei Starts in Deutschland über 1400 bzw. 1600 Meter. Die Linie ist, wobei es jeweils auf den väterlichen Einfluss ankommt, auf allen Distanzen zuhause, im Nachhinein war der damalige Erwerb von Emy Coasting natürlich ein absoluter Glückskauf. 

  

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