TurfTimes:
Ausgabe 244 vom Donnerstag, 06.12.2012
"Normalerweise", so berichtet ein Insider, "gehen wir doch in die meisten Verbandssitzungen und nicken alles ab. Das ist ja alles von langer Hand vorbereitet und besprochen. Wir müssen nur noch zustimmen und tun das ja auch. Hinterfragt wird selten." Bei der Mitgliederversammlung des Direktoriums am kommenden Dienstag, 11. Dezember, wird das zumindest bei einem Tagesordnungspunkt anders sein, dann nämlich, wenn es um die geplante Satzungsänderung (siehe Tabelle) der Rennordnung geht. Unterm Strich würden die geplanten Änderungen nämlich Einbußen von bis zu 19 Prozent für die Aktiven bei den Gewinnpreisen bedeuten. Dazu liegt den Delegierten schon jetzt ein Schreiben des Dortmunder Rechtsanwaltes Dr. Werner Himmelmann vor, der für den Trainer- und Jockeyverband beratend tätig ist, vor. Dort heißt es unter anderem, "es ist offensichtlich, dass die vom Direktorium beabsichtigte Regelung ausschließlich zu Lasten der Trainer und Berufsrennreiter geht. Diese können jedoch als schwächstes Glied in der Kette die neuerliche Belastung nicht tragen. Deshalb bitten wir Sie, zur Vermeidung von Weiterungen Nummer 216 und Nummer 232 der Rennordnung zu versagen."
Der Hintergrund der geplanten Änderungen ist schwer zu vermitteln "und für Außenstehende eigentlich kaum darstellbar", so Himmelmann, der als Vorstandsmitglied des Dortmunder Rennvereins mit dem Rennsport vertraut ist, "das geht tief ins Steuerrecht hinein." Es geht grundsätzlich um die Gemeinnützigkeit der Rennvereine, die seit diesem Jahr nicht mehr in der früheren Gültigkeit Bestand hat. Mit erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen für alle Beteiligten. Nach höchstrichterlicher Rechtssprechung (Bundesfinanzhof (BFH) vom 22. April 2009 I R 15/07) handele es sich bei Pferderennen vor allem um sportliche Veranstaltungen und ein beliebtes Freizeitvergnügen, ein Rennverein wird somit im Sinne der Abgabenverordnung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gesehen. Von diesen Regelungen ist jeder Rennverein - je nach Tempo und Sichtweise der zuständigen Finanzbehörden - betroffen. Besonders die Annahme von Spenden, die für viele Vereine lebensnotwendig sind, steht auf dem Prüfstand: Nur bei Anerkennung der Gemeinnützigkeit, kann eine Spendenquittung ausgestellt werden. Um wenigstens unter dem Aspekt der Ausführung der Leistungsprüfungen für die Vollblutzucht noch teilweise eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit zu erhalten, gab es zwischen dem Direktorium und den Finanzbehörden eine Einigung, deren Konsequenzen nun mit der neuen Rennordnung geregelt werden sollen. Das jedoch geschah ohne die Einbindung der Rennvereine, so dass diese zum Teil noch gar nichts davon wissen.
Die bisherige Praxis war die, dass die Rennvereine die Rennpreise und Prämien netto zuzüglich der ausgewiesenen Mehrsteuer an das Direktorium geleitet hat, das diese wiederum an die Beteiligten weitergegeben hat. Die Mehrwertsteuer war ein durchlaufender Posten, der (das kennt jeder, der selbstständig arbeitet) keinem wehtut. Nach der neuen Regelung dürfen jedoch alle Zahlungen an Rennpreisen und Prämien ausschließlich an die Besitzer gehen, damit die Trainer und Jockeys offiziell "ohne Vergütung" an der sportlichen Veranstaltung des Rennvereins teilnehmen. Die Besitzer wiederum müssen dann die Prozente an die Trainer und Jockeys bezahlen, wobei die Abwicklung weiterhin dem Direktorium obliegen würden, nur die Regelungen wären dann andere. Denn - und da beginnt das Problem - unterhalten die meisten Besitzer den Galopprennsport als Liebhaberei und Hobby und werden somit nicht zur Umsatzsteuer veranlagt. Sie bekommen somit die Rennpreise auch nur netto ausgezahlt. Dagegen unterliegen die Trainer und Berufsrennreiter dem Regelsteuersatz von 19 Prozent. Doch woher sollen die kommen, wenn der Rechnungsempfänger nun der Hobby-Besitzer ist? Die Antwort trifft die Trainer und Jockeys existenziell, denn sie sollen statt der bisherigen 10 beziehungsweise 5 Prozent nur noch einen Satz von 8,4 % bzw. 4,2 % erhalten, wenn sie gegenüber dem Besitzer Umsatzsteuer in Rechnung stellen müssen.
In einer aktuellen Stellungnahme vom Geschäftsführenden Vorstand des Direktoriums, Andreas Tiedtke, sieht die Rechnung so aus: "Ein Trainer, der 100.000 Euro Gewinnsumme hat, würde bei der Regelung – sofern keiner seiner Besitzer zur Umsatzsteuer optiert hat – anstelle von 10.000 Euro Gewinnprozenten nunmehr 8.400 Euro erhalten. Bleibe es bei den 10% würden seine Besitzer aber anstelle von 10.000 Euro (die sie bisher nicht mehr als Rennpreis bekommen haben, da direkt vom Rennverein bezahlt) nunmehr 11.900 Euro zahlen müssen. Angesichts des hohen Kostendrucks bei den Besitzern wurde der von Ihnen zitierte Kompromissvorschlag als Antrag eingebracht."
Die Verluste. so die Rechnung, die Tiedtke aufmacht, könnten die Trainer durch höhere Trainingskosten ausgleichen, "wahrscheinlich ist dies gegenüber den Besitzern leichter umzusetzen als weitere Reduktionen der Summe, die nach einem Renntag sichtbar auf dem Konto verbleibt." Auf die Nachfrage per Email, wie die Berufsrennreiter die Mindereinnahmen wettmachen könnten, wurde nicht eingegangen.
Der Interessenvertreter des Trainer- und Jockeyverbandes bewertet die Sachlage anders. Dr. Werner Himmelmann: "Die Aktiven bleiben dabei auf der Strecke. Sie sollen die Kosten ganz alleine tragen." Doch das wird ganz einfach wohl nicht gehen. "Die jetzt vorgesehene Regelung ist in der Praxis nicht durchführbar", führt Himmelmann aus, "Insolvenzen wären unvermeidbar." Auch, wenn "das Ganze sogar schon in Rennordnungsziffern gegossen" ist, wird das am Dienstag sicher nicht einfach so "abgenickt" werden. Der Trainer- und Jockey-Verband hat nun seinerseits Vorschläge für eine Neuregelung eingebracht, die sind auch schon beim Direktorium eingegangen. So erwartet auch Tiedtke, dass "die Angelegenheit wird in der Mitgliederversammlung diskutiert werden" wird, allerdings sei seines Erachtens nach "Sachlichkeit und Augenmaß – insbesondere in Hinblick auf die Auswirkungen – erforderlich".
Die geplante Satzungsänderung: |
Alt: | Neu: | Vorschlag des Trainer und Jockey-Verbandes |
216. Ein Trainer erhält 10 % von allen Gewinnen und Besitzerprämien der von ihm trainierten Pferde. Der Anspruch eines in der Bundesrepublik ansässigen Trainers entsteht unmittelbar gegen den veranstaltenden Rennverein. | 216. Ein Trainer erhält 10 % von allen Gewinnen und Besitzerprämien der von ihm trainierten Pferde. Der Anspruch eines in der Bundesrepublik ansässigen Trainers entsteht unmittelbar gegen den veranstaltenden Rennverein. Das Direktorium ist berechtigt, die Gewinnprozente vom Konto des Besitzers auf das Konto des Trainers umzubuchen. Der Besitzer, der zur Umsatzsteuer veranlagt ist, zahlt den Satz von 10 % zzgl. Umsatzsteuer, der Besitzer, der nicht zur Umsatzsteuer veranlagt ist, zahlt in dem Fall, dass der Trainer Umsatzsteuer in Rechnung stellen muss, den Satz von 8,4 % im Fall, dass der Trainer die Umsatzsteuer nicht in Rechnung stellt, den Satz von 10 %. | 216. Ein Trainer erhält 10% von allen Gewinnen und Besitzerprämien der von ihm trainierten Pferde. Der Anspruch eines in der Bundesrepublik ansässigen Trainers entsteht unmittelbar gegen den Besitzer. Das Direktorium ist berechtigt, die Gewinnprozente vom Konto des Besitzers auf das Konto des Trainers umzubuchen. (Die Absenkung der Prozente von 10% auf 8,4% entfällt). |
217. Die Stallangestellten eines in der Bundesrepublik ansässigen Rennstalles erhalten 2 % von allen Gewinnen und Besitzerprämien der vom Trainer trainierten Pferde. Der Anspruch entsteht unmittelbar gegen den veranstaltenden Rennverein. Der Betrag wird so verteilt, daß 4 Teile auf den Futtermeister, je 2 Teile auf das Stallpersonal und je 1 Teil auf die Auszubildenden entfallen. | 217. Die Stallangestellten eines in der Bundesrepublik ansässigen Rennstalles erhalten 2 % von allen Gewinnen und Besitzerprämien der vom Trainer trainierten Pferde. Der Anspruch entsteht unmittelbar gegen den Besitzer. Der Betrag wird so verteilt, daß 4 Teile auf den Futtermeister, je 2 Teile auf das Stallpersonal und je 1 Teil auf die Auszubildenden entfallen. Das Direktorium ist berechtigt, die Gewinnprozente vom Konto des Besitzers auf das Konto des Trainers umzubuchen. | |
232. Ein Berufsrennreiter erhält für einen Ritt in einem Rennen ein Reitgeld, das sich im Siegfall verdoppelt. In einem Rennen der Klasse A erhält er außerdem 5 % des Geldpreises und der Besitzerprämien, die er mit dem von ihm gerittenen Pferd gewonnen hat. Die Ansprüche eines in der Bundesrepublik ansässigen Berufsrennreiters bestehen nur unmittelbar gegen den veranstaltenden Rennverein, wenn er für einen Besitzer einen Geldpreis gewonnen hat; andernfalls gegen den Besitzer des gerittenen Pferdes. | 232. Ein Berufsrennreiter erhält für einen Ritt in einem Rennen ein Reitgeld, das sich im Siegfall verdoppelt. In einem Rennen der Klasse A erhält er außerdem 5 % bzw. 4,2 % des Geldpreises und der Besitzerprämien, die er mit dem von ihm gerittenen Pferd gewonnen hat. Die Ansprüche eines in der Bundesrepublik ansässigen Berufsrennreiters bestehen unmittelbar gegen den Besitzer des gerittenen Pferdes. Der Besitzer, der zur Umsatzsteuer veranlagt ist, zahlt den Satz von 5 % zzgl. Umsatzsteuer, der Besitzer, der nicht zur Umsatzsteuer veranlagt ist, zahlt in dem Fall, dass der Reiter Umsatzsteuer in Rechnung stellen muss, den Satz von 4,2 %, im Fall, dass der Reiter die Umsatzsteuer nicht in Rechnung stellt, den Satz von 5 %. | Ein Berufsrennreiter erhält für einen Ritt in einem Rennen ein Reitgeld, das sich im Siegfall verdoppelt sowie 5% des Geldpreises und der Besitzerprämien, die er mit dem von ihm gerittenen Pferd gewonnen hat. Die Ansprüche des Berufsrennreiters bestehen unmittelbar gegen den Besitzer des gerittenen Pferdes. (Auch hier entfällt die Absenkung von 5% auf 4,2%). |
237. Das Direktorium ist berechtigt, das Reitgeld für ein Pferd, das keinen Geldpreis gewonnen hat, vom Konto des Besitzers auf das Konto des Berufsrennreiters umzubuchen. | 237. Das Direktorium ist berechtigt, das Reitgeld und die Gewinnprozente vom Konto des Besitzers aus das Konto des Berufsrennreiters umzubuchen. | |
240. Bei einem Amateurrennen der Klasse A erhält der Verband Deutscher Amateur-Rennreiter 5 % der gewonnenen Geldpreise sowie eine Abgabe in Höhe von 25 Euro für jeden Ritt. Der Anspruch besteht unmittelbar gegen den veranstaltenden Rennverein. | 240. Bei einem Amateurrennen der Klasse A erhält der Verband Deutscher Amateur-Rennreiter 5 % der gewonnenen Geldpreise sowie eine Abgabe in Höhe von 25 Euro für jeden Ritt. Der Anspruch besteht unmittelbar gegen den Besitzer des vom Amateurreiter gerittenen Pferdes. Das Direktorium ist berechtigt, das Reitgeld und die Gewinnprozente vom Konto des Besitzers auf das Konto des Verbandes Deutscher Amateur-Rennreiter umzubuchen. | |