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Cheltenham Countdown Teil 4: "Wir haben es satt nur noch den Hintern von Big Buck's zu sehen!"

Cheltenham ist das Mekka des Hindernissports in England. www.galoppfoto.de - Balogh

Autor: 

Catrin Nack

TurfTimes: 

Ausgabe 203 vom Donnerstag, 23.02.2012

Vom 13. bis zum 16. März findet in Cheltenham wieder das populäre Festival des Hindernissports statt. Vor drei Wochen haben wir eine Serie begonnen, in der wir Ihnen die Hindernis-Stars vorstellen, die England-Expertin Catrin Nack hilft uns dabei "auf die Sprünge" und stellt die wichtigsten Rennen und ihre Favoriten vor. Bisher erschienen: Teil I (beim Klick geht's zum Artikel), Teil II, Teil III und heute folgt Teil IV.

Nach einem Wochenende, an dem sich „Cheltenham-Pferde“ en masse – und ein nun ganz offensichtlich ganz besonderes -  auf Englands (und Irlands) Rennbahnen tummelten, unterbrechen wir aus diesem gegebenen Anlass den Countdown einfach einmal für eine Woche, reflektieren die erbrachten Leistungen, und schauen auf einige der umliegenden Rennen; schließlich gibt es in Cheltenham keine  „kleinen“ Rennen.
Am Freitag, dem Ausgabetag der letzten Turf-Times (17.02.), holte die Rennbahn Newbury ihren „Betfair Super Saturday“ nach, der am Wochenende davor leider dem Wetter zum Opfer gefallen war; so wurde es halt ein Super-Friday (eine Randbemerkung: Betfair sponsorte den Tag, so dass freier Eintritt für alle möglich wurde. Es kamen rund 12,500 Zuschauer, und der Verkehr rund um Newbury brach zusammen. Noch 90 Minuten nach Ende der Rennen steckten Zuschauer auf den Parkplätzen fest. Der Hindernissport auf der Insel boomt!)

 

Gleich im ersten Rennen des Tages lief ein Pferd, welches sich wirklich anschickt, zum Banker des Meetings zu werden: Sprinter Sacre, ein in Frankreich von Christophe Masle gezogener Network-Sohn. Der in dieser Saison sechsjährige dunkelbraune Wallach war schon über Hürden ein mehr als nützliches Pferd und im letzten Jahr u.a. Dritter in der Supreme Novice Hurdle (Gr.I). Doch getreu den Worten seines Trainers Nicky Henderson,  „es war immer klar, dass er ein Chaser werden würden, über Hürden haben wir nur gespielt,“ sind die Auftritte über die großen Sprünge in dieser Saison einfach atemberaubend. Barry Geraghty hatte aus unerfindlichem Grunde Besseres vor, als der Wallach am 9. Dezember letzten Jahres sein Chase-Debut in Doncaster gab, vermutlich wird aber auch er – wie der Schreiber dieser Zeilen - mit offenem Mund vor dem Bildschirm gesessen haben, als Ersatzreiter David Bass (der sogar noch Erlaubnis-Reiter ist) den mächtigen Wallach in über die Hindernisse schickte. Sprinter Sacre sprang mit großer Sicherheit (noch dazu beim Lebensdebüt über diese Sprünge), die Zeit war sehr schnell, und die Racing Post sowie alle Wetter, horchten auf. War Sprinter Sacre zuvor noch an rund dritter Stelle im Wettmarkt für die Arkle Chase (Zwei Meilen, Gr. I), der Champion Chase für den Nachwuchs, so schoss er mit dieser Vorstellung direkt an die Spitze des Wettmarktes, untermauerte dies in Kempton am 2. Weihnachtstag mit einer Lehrstunde des Springens und wurde nun am vergangenen Freitag beinahe „too hot to handle“.
Sein Rennen, die unter anderem Namen gelaufenen Game Spirit Chase, ist nicht einmal ein Rennen für Novices, so dass Sprinter Sacre gegen ältere, erfahrene Pferde antrat, aber es machte keinen Unterschied. Erneut sprang der Wallach akkurat und schnell, ging zuerst sogar noch gegen die Hand („am letzten Sprung hatte ich ihn gut unter Kontrolle“ so Geraghty „ich hoffe, dieses Problem auch in Cheltenham zu haben“), und brach am Gebiss und augenscheinlich im zweiten Gang  den 23 Jahre alten Bahn-Rekord für diese Distanz. „Er scheint von einem anderen Stern“ so sein Trainer Nicky Henderson, „und er erinnert mich an die Anfänge mit  Remittance Man (einem von Hendersons besten 2-Meilen-Chasern),  aber der war so schmal, und dieser hier ist so ein wunderbares Pferd vom alten Schlag." Geraghty, der ja immerhin den mächtigen Moscow Flyer (zweifacher Queen Mother Champion Chase Sieger und eine Art Irische Legende) während dessen Laufbahn steuerte, beschreibt Sprinter Sacre schon heute als eines der besten Pferde, die er je geritten hat. Da sich unter den Gegnern so veritable Pferde wie eben Peddler´s Cross und Al Ferof,  ganz zu schweigen von Cue Card und Menorah, befinden, jeder an normalem Tag dreimal gut genug, eine Arkle Chase zu gewinnen,  scheint dieses Rennen eines der großen Highlights des Festivals zu werden.  

Ebenfalls seine Ansprüche auf Cheltenham, und auch auf den ersten Tag, untermauerten sowohl Zarkandar, der Zarkava-Bruder, als auch Binocular. Zarkandar gewann in Newbury mit der „Betfair Hurdle“ (alten Fans eher unter dem Namen Tote Gold Trophy geläufig) zwar „nur“ ein Handicap (in dem es schlappe 86.848 GBP für den Sieger allein gab), aber er tat dies unter Höchstgewicht, in guter Zeit und aus einer langen Pause kommend und ist damit eindeutig Paul Nicholls Champion Hurdle-Pferd, vor allem, nachdem „sein“ Celestial Halo am nächsten Tag eben gegen Binocular eine sehr deutliche Niederlage einstecken musste. Zu Zarkandar bemerkte Nicholls: "Daryl Jacob hat mit ihm die Triumph-Hurdle im letzten Jahr gewonnen und er kennt ihn gut. Wenn Ruby (Walsh; saß in Newbury im Sattel, wird aber in Cheltenham für Willie Mullins reiten) dann Hurricane Fly in Cheltenham reitet, kann Daryl ihm ja zuwinken, wenn er ihn den Berg hoch überholt.“ Binocular, der 2010 die Champion Hurdle gewann und im letzen Jahr nach einer bizarren Episode mit einer falsch eingeteilten Medikamentengabe, welche zu einem positiven Doping-Ergebnis geführt hätte, nicht starten durfte, untermauerte seinen Platz unter den Favoriten für das Rennen mit einer ansprechenden Vorstellung in Wincanton, für die A P McCoy, Stalljockey für Binoculars Besitzer J P McManus, seine geschundenen Knochen bemühte, nachdem er am Vortag in Zarkandars Rennen schwer gestürzt war. Bislang hatte der nervige Wallach in dieser Saison noch nicht so richtig überzeugt, steht nun wieder fest an zweiter Stelle im Wettmarkt, eben hinter Ruby Walsh´ Ritt Hurricane Fly.

In Newbury ebenfalls an den Start kam der amtierende Cheltenham Gold Cup –Sieger Long Run, der ja in diesem Jahr bereits zweimal von Kauto Star besiegt wurde. Seinen knappen Sieg in der Denman-Chase (ehe. AON Chase) beleuchten wir aber im Countdown der nächsten Ausgabe.
Das Hauptrennen des Ascot-Renntages am Samstag war die zur Gr. I zählende Ascot Chase, einer wichtiger Pointer auf die Ryanair-Chase. Hier profilierte sich der ungemein talentierte, aber sehr fragile Riverside Theatre, ein weiteres Pferd aus der Talentschmiede von Nicky Henderson. Henderson, mit aktuell 39 Festival-Siegern Top in der Liste der aktiven Trainer, kann in diesem Jahr den Rekord von Legende Fulke Walwyn einstellen oder gar verbessern, der seinerzeit 40 Sieger dieses so prestigereichen und unglaublich konkurrenzbetonten Meetings trainierte. Riverside Theatre schlug mit Medermit und dem deutsch gezogenen Sternkönig-Sohn Gauvain zwei solide Pferde und hat sich damit im Wettmarkt für die Ryanair Chase fest in oberen Regionen positioniert. Drüben in Irland bekräftige Rubi Light seinen Anspruch auf die diesjährige Austragung des Rennens, nachdem er im letzten Jahr an Alberta´s Run und Kalahari King gescheitert war. Da aber die irischen Pferde auf notorisch schlechtem Boden laufen (und damit meist eher unterdurchschnittliche Zeiten erreichen), ist der Vergleich erneut nicht so einfach. Talent hat Rubi Light, im Übrigen auch ein Network-Sohn,  der vom Sohn seines Besitzers W Hennessy, Robert Hennessy trainiert wird (Vater und Sohn gewannen mit diesen Farben 2007 die Champion Hurdle mit Sublimity) auf jeden Fall, scheint aber ein Spezialist für schweren Boden zu sein, welcher Mitte März in den letzten Jahren eher selten anzutreffen war.  Bei Riverside Theatre, der nach einem Beckenbruch in Ascot aus einer über einjährigen Pause kam, scheint eher der „Bounce“-Faktor die größte Sorge zu sein.
Auch der Wettmarkt der World-Hurdle, die wir ja im letzten Countdown beleuchtet haben,  kam ein wenig in Bewegung. Der hier erwähnte Featherbed Lane blieb als heißer Favorit in Haydock im Schlamm stecken  der Sieger, Restless Harry, ist in der World Hurdle schon gar nicht mehr unter Order, „wir hatten satt, den Hintern von Big Buck´s zu betrachten“ so sein Team. Dafür gewann der treue Mourad mit veränderter Taktik in Irland ein Rennen gegen seinen Trainingsgefährten Mikael d´Haguenet (Lavirco), beide bei Willie Mullins im Training. Mourad selber hatte zuvor von Big Buck´s in Cheltenham eine 17-Längen-Klatsche hinnehmen müssen, so dass es fraglich ist, ob Willie Mullins einen dieser Beiden überhaupt mitnimmt, und sich nicht allein auf Zaidpour, der am Samstag ein Gr. II in Gowran Park gewann, verlässt. Allerdings haben da ja  auch die Besitzer ein Wörtchen mitzureden, wer verzichtet schon gerne auf so einen Tag?  Und auch wenn der Stall von Paul Nicholls nach einem wirklich desaströsen Wochenende ohne einen Sieger (wann es das wohl zuletzt gab?) zugeben musste, dass einige Pferde husten, und sogar ein Presse-Tag abgesagt wurde, so scheint doch der Sieg von Big Buck´s in der World Hurdle in Zement gemauert. Sprinter Sacre stellen sich immerhin die schweren Sprünge und damit natürlich die Unwägbarkeiten einer Chase entgegen; mehr als unwahrscheinlich, dass Big Buck´s über seine Hürden von solch einem Szenario betroffen sein sollte.

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