TurfTimes:
Ausgabe 838 vom Freitag, 11.10.2024
Die Meinung der Experten im Vorfeld der October Yearling Sale von Tattersalls war einhellig: Die Salestopperin in “Book 1” konnte nur die Katalognummer 72 werden. Eine von Kirsten Rausings Staffordstown Stud angebotene Frankel-Stute aus der Alwilda (Hernando), mithin eine rechte Schwester der Prix de l’Arc de Triomphe (Gr. I)-Siegerin Alpinista (Frankel). Und in der Tat erzielte sie einen hohen Preis, aber nicht den höchsten bei dieser fulminanten Auktion, bei der nahezu sämtliche vorher erzielten Rekorde übertroffen wurden. Als ob es in der Welt derzeit keine Probleme geben würde: In den Park Paddocks war davon aber auch nicht das Geringste zu spüren, das Geld schien in oberen Bereichen keine Rolle mehr zu spielen.
Das lag vor allen an einem Mann, der bisher schon oben mitspielte, wenn es um Investitionen größeren Ausmaßes ging, aber nicht in den Dimensionen wie in dieser Woche: Kia Joorabchian, geboren im Iran, aufgewachsen in Großbritannien, seit den 2000er Jahren groß im Geschäft beim Management mit Fußballprofis. 2004 gewann er als Besitzer erstmals ein Rennen, danach spielte es sich viele Jahre im kleineren Bereich ab. Erst seit drei, vier Jahren wird größer angegriffen, auch in den USA, wobei oft die Trainer gewechselt wurden, auch die Jockeys. Nach Kevin Stott und dem aktuellen “Arc”-Siegjockey Rossa Ryan ist derzeit David Egan der Mann des Vertrauens von Joorabchian. Mit Raphael Freire gibt es zudem einen Privattrainer in Lambourn.
Über Partner bei Amo Racing kann nur spekuliert werden. In Newmarket war der griechische Reeder Evangelos Marinakis an seiner Seite, der Mann ist laut der entsprechenden Forbes-Liste Milliardär, wehrte jedoch alle Anfragen bezüglich eines Engagements bei Amo Racing ab.
Als am frühen Donnerstagabend in Newmarket Bilanz gezogen wurde, summierten sich für Amo Racing 19 Jährlingskäufe für 19,57 Millionen gns. Hinzu kamen sieben Jährlinge, die Amo zusammen mit Al Shaqab Racing der Al Thanis für 2,565 Millionen gns. Was denn auch gleich zu einigen abstrusen Reaktionen führte. Das Buchmacherunternehmen William Hill gab einen Kurs von 14:1, dass Amo Racing im Jahre 2026 ein klassisches Rennen in Großbritannien gewinnt. Anzumerken ist zudem, dass auch Kias Sohn Maxi Joorabchian in der Käuferliste auftauchte, mit Trainer George Scott an seiner Seite ersteigerte einen Lucky Vega-Hengst für 180.000gns.
In der Verlosung ist somit auch die Alpinista-Schwester, denn auch sie wird zukünftig die Farben von Amo Racing an den Start bringen. Nur ein einziges Gebot tätigte Joorabchian am Dienstag, stets begleitet von dem Agenten Alex Elliott, bei 2,5 Millionen gns, und das genügte, um die Stute in seinen Besitz zu bringen. Nicht geklärt wurde, ob es einen Unterbieter gegeben hat, wenn überhaupt, möglicherweise war es der Reservepreis. Kirsten Rausing erklärte den Verkauf der Stute im Vorfeld damit, dass sie aus der Familie aktuell sehr viele Stuten, auch junge, in ihrer Herde habe. Einer wird sich über den Deal auch gefreut haben: Sir Mark Prescott, der Trainer von Alpinista, denn er wird zukünftig auch die jüngere Schwester trainieren. “Bis Dienstag kannte ich Kia Joorabchian gar nicht”, bekannte er, “aber ich bin natürlich begeistert, dass ich die Stute trainieren darf.”
Zweimal über vier Millionen
Keine zwanzig Minuten vor dem Deal mit der Frankel-Tochter war es jedoch eine weitere Tochter des Champions, die, etwas unerwartet, deutlich teurer war. Das Newsells Park Stud hatte eine Stute aus der mehrfachen Gr.-Siegerin Aljazzi (Shamardal) im Ring und die kletterte auf 4,4 Millionen gns., der zweitteuerste Jährling in der Geschichte der Auktion, nach der Stute Al Naamah (Galileo) 2013, sie brachte damals fünf Millionen gns., Al Shaqab war der Käufer. Diesmal stieg der Preis dank eines Unterbieters, denn der japanische Trainer Mitsu Nakauchida war lange dabei, am Ende ging die Stute an Amo Racing. “Wir benötigen gute Stuten für unsere jungen Hengste”, erläuterte Joorabchian seine Kaufentscheidung, “Persian Force steht bereits im Gestüt, demnächst kommen King of Steel und Bucanero Fuerte hinzu, die wollen wir entsprechend unterstützen.” Der diesjährige Rekordjährling wird zu Ralph Beckett ins Training kommen.
Die Mutter, u.a. Siegerin in den Duke of Cambridge Stakes (Gr. II), hatte Newsells Park noch unter der Ägide von Andreas Jacobs gekauft, sie war 2018 aus dem Rennstall kommend für eine Million gns. erworben worden - im Nachhinein ein guter Deal.
Nicht nur Stuten standen auf der Einkaufsliste. Am Donnerstag erwarb Amo Racing für 4,3 Millionen gns. einen vom irischen Lodge Park Stud angebotenen Wootton Bassett-Hengst aus der Park Bloom (Galileo) mit einem starken internationalen Pedigree, Coolmore war in der Rolle des Unterbieters. Es war der teuerste jemals in “Book 1” verkaufte Jährlingshengst, interessanterweise aus der Familie von Al Shaama, womit das Lodge Park Stud der Familie Burns jetzt alle Rekorde hält. “Wenn man ein zukünftiges Rennpferd malen würde, dann diesen Hengst”, kommentierte Alex Elliott, “ich habe zu Kia gesagt: Du warst zweimal Zweiter im Derby, mit diesem Hengst wirst du einen Platz besser sein.” Und der neue Besitzer fügte hinzu: “Wir wollten das Gelände nicht ohne diesen Hengst und die beiden Frankel-Stuten verlassen, das ist uns gelungen.”
Und sozusagen als Beifang gab es dann für 2,9 Millionen gns. noch eine Camelot-Stute aus der gruppeplatziert gelaufenen Sense of Style (Zoffany), eine Schwester des Gr. I-Siegers Luxembourg (Camelot).
Godolphin fünfmal unter den Top Ten
Scheich Mohammed und seine Entourage war schon am Montag bei der Besichtigung der Jährlinge auf dem Gelände und was die Herrschaften gesehen haben, dürfte ihnen gefallen haben. Die gesamten Investitionen des Unternehmens lagen sogar über denen von Amo Racing und in mehreren Fällen überbot man sogar deren Gebote. So bei einer vom irischen Grangemore Stud angebotenen rechten Schwester des diesjährigen Gr. I-Siegers Charyn (Dark Angel). Sie war das Objekt der Begierde von Joorabchian, doch die 2.9 Millionen gns., die das Team von Godolphin bot, wollte er nicht mehr steigern.
Und am Donnerstag griff Scheich Mohammed noch einmal tief in die Tasche, als eine Siyouni-Stute aus dem Angebotes des Newsells Park Stud in den Ring kam. 3,7 Millionen gns. kostete die Schwester der Fillies Mile (Gr. I)-Siegerin Ylang Ylang (Frankel). Damit kletterte das Investment von Godolphin auf insgesamt 22,02 Millionen gns, für 18 Jährlinge.
Im Portfolio war am Ende auch eine Stute mit einem deutschen Background. Für 1,5 Millionen gns. wurde am Donnerstag eine Sea The Stars-Stute aus der vom Gestüt Auenquelle gezogenen Oriental Magic (Doyen) erworben. Die einstige Siegerin im Winterkönigin-Trial (LR) in Köln hat als Mutterstute bereits Akzente gesetzt, ist doch ihre Tochter Sea Silk Road (Sea The Stars) vergangenes Jahr im Prix de Royallieu (Gr. I) erfolgreich gewesen.
16 “siebenstellige” Jährlinge
Für weitere Käufer im oberen Preisbereich blieb nicht mehr viel übrig. 16 Jährlinge wurden für eine Million gns. und mehr verkauft, acht gingen an Godolphin, fünf an Amo Racing. Selbst eine Großmacht wie Coolmore - immerhin mehrfach Unterbieter - stieß nur einmal in siebenstellige Regionen vor, als man eine Frankel-Stute aus der Gr. II-Siegerin Prize Exhibit (Showcasing), die mit History (Galileo) bereits eine Gr. III-Siegerin auf der Bahn hatte, für 1,5 Millionen Euro ersteigerte.
Neben dem Deal mit der Oriental Magic-Stute gab es noch eine Handvoll anderer deutscher Akzente. Eine über das Newsells Park Stud angebotene St Mark’s Basilica-Tochter der Longina (Monsun) - Züchter ist das Al Shahania Stud in Frankreich - ging für 950.000 gns. über den Agenten Richard Brown an Saeed Suhail. Die Mutter hatte in Ittlinger Farben den Diana-Trial (damals Gr. II) in Berlin-Hoppegarten gewonnen und war Dritte im Henkel-Preis der Diana (Gr. I). Sie wurde später verkauft und ist Mutter u.a. der Gr. III-Siegerin Ottery (Dubawi). Das mit der Ravensberger “W”-Familie gut ausgestattete Newsells Park Stud brachte eine Dubawi-Tochter der Waldlied in den Ring, sie ging für 925.000gns. an das saudi-arabische Salhia Stud.
Mit einer Reihe von Jährlingen war Philipp von Stauffenberg nach Newmarket gereist. Für das Gestüt Park Wiedingen hatte er einen Ghaiyyath-Bruder zum Derbysieger Sammarco (Camelot) im Angebot, dieser ging für 100.000gns. an Ziad A Gadalarii. Ein in Frankreich vergangenes Jahr für 200.000 Euro ersteigerter Sea The Stars-Sohn der Nabatea (Camelot) erzielte diesmal 350.000gns, Hurworth Bloodstock war der Käufer. Eine von der Tink Gmbh gezogene Lope de Vega-Tochter der Gr. II-Siegerin Amorella (Nathaniel) brachte 420.000 Euro, Blandford Bloodstock war der Käufer.
Rekorde, Rekorde
Nach der Bilanz am Donnerstag, dürften reichlich Flaschen geöffnet worden sein. 348 Pferde wurden für 128,5 Millionen gns. verkauft, im Schnitt waren dies pro Lot 369.348gns.
Im vergangenen Jahr waren 470 Jährlinge im Ring, von denen 391 für 95,3 Millionen gns. einen neuen Besitzer fanden. Der Schnitt pro Zuschlag betrug 243.977gns. Relevanter ist aber ein Blick in das bisherige Rekordjahr 2022. Da betrug der Gesamtumsatz bei deutlich mehr Pferden im Ring rund 126 Millionen gns. und der Schnitt 298.753gns. - Zahlen, die jetzt deutlich übertroffen wurden.