Nachschau Hamburg-Meeting 2020

Lacento mit Bauyrzhan Murzabayev  Foto: Rühl

Keine Frage, dieses Derby-Meeting hatte etwas Surreales aber zumindest der Laune auf der Bahn tat das scheinbar keinen Abbruch und es war erstaunlich, dass selbst so wenig Zuschauer mit Klatschen und Johlen für gute Stimmung sorgen konnten als die größeren Rennen über die Bühne gingen. Für uns selbst war das Meeting, bis auf eine Ausnahme, nicht ganz so stimmungsvoll und gerade der gestrige Sonntag glich einer fast kalten Dusche. Aber der Reihe nach:


Legal Rights gab sein Bestes, fand aber auch dieses Mal wieder einen Bezwinger und das Ablegen seiner Maidenschaft muss vertagt werden.


Zerostress gab auch sein Bestes, leider nur vor und nach dem Rennen als er den Damen im Gastboxenbereich zeigen musste, wie gut gebaut und was für ein toller Kerl er ist. Das hätte er mal besser den Wettern, die ihn auf dem Schein hatten mit einer guten Leistung beweisen sollen aber da war der Hengst leider irgendwie von der Rolle.


Frau Bojko, wie Romelia von Bauyrzhan Murzabayev genannt wird, zeigte sich im Vorfeld – wie nicht anders erwartet – etwas zickig. Besonders ein dicker Mann mit schwarzem Hut erregte ihr Missfallen und an dem wollte sie auch partout nicht vorbei. Im Rennen dann war alles interessanter als das Rennen selbst und der Stute fehlte noch der richtige Fokus.


Bevor eine Nachschau geschrieben wird, wird erst nochmal die Vorschau gelesen und das sorgt teilweise für Gefühlsschwankungen wie in der Menopause. Freude, wenn es richtig gut gepasst hat, gleich darauf ist man fast schon peinlich berührt weil voll daneben und manchmal langt man sich auch einfach nur an den Kopf und fragt sich, was hast du denn da geschrieben? So wie bei Lacento und die Reaktion nach seinem Sieg am Samstag kam dann auch gleich prompt als einer von Weitem rief:“Das war ein blöder Scherz!“ So spielerisch und leicht wie der Wallach gewonnen hat, ist der Satz „... vielleicht ist er so gut geworden, dass ihn nicht mal weicher Boden anficht...“ im Nachhinein wirklich ein blöder Scherz. Jeder Sieg in den eigenen Farben ist toll aber gewinnt ein Pferd, das man selbst gezogen und von Geburt an begleitet hat, ist die Freude einfach noch größer und noch dazu bei Lacento, der ja schon ein echtes Problemkind war. Das Rennen hat er super weggesteckt, verbringt nun ein paar Tage auf der Koppel und das nächstes Ziel heißt Gruppe III in Düsseldorf.


Der gestrige Derby-Tag war generalstabsmäßig durchgeplant, fast jedes Pferd hatte seinen eigenen Betreuer, von Baby-Feuchttüchern über verschiedenste Ausführungen von Decken, Ersatztrensen, Führzügeln und sonstig eventuell benötigten Equipment wurde alles in zig Reisekisten mitgeschleppt aber dennoch schien etwas vergessen worden zu sein – die richtige Zündschnur.


So wie sich in der Arbeit gezeigt hatte, dachte man bei Whinchat, sie könnte schnell zur Hand sein aber die Stute lief noch sehr grün und blieb blass.


Im Sparkasse Holstein-Cup hatten wir fast schon ein Duell zwischen Go Rose und Sanora erwartet aber schon früh war zu sehen, dass das nicht die Go Rose ist, die wir kennen. Leider erlitt die so sympathische Stute unterwegs Nasenbluten und musste zeitig abreißen lassen. Sanora dagegen lief ein tolles Rennen und zeigte erneut eine vielversprechende Steigerung. Die Stute ist noch nicht am Ende der Fahnenstange angekommen und wir sind gespannt, wohin sie ihr Weg noch führt.


Etwas, das man auch getrost über For Pleasure sagen kann. Auch wenn sie nach einem Rennen von der Spitze aus auf der Linie ein paar Längen von der Siegerin trennten, war das eine tolle Steigerung und an ihrem Start in der Diana wird festgehalten. Für Stellina ist das im Moment eher keine Option mehr. Die Stute lief zwar für den ersten Jahresstart gleich in dieser Kategorie nicht mal so schlecht aber leider eben nicht gut genug.


Rock Me Crazy wurde kurzfristig abgemeldet weil wir den Dicken nicht schon wieder bei unpassenden Boden laufen lassen wollten.


Manoucheer gebärdet sich daheim ja oft wie eines dieser antiautoritär erzogenen Kinder und beim Aufgalopp musste ihn Bauyrzhan schon das erste Mal energisch darauf aufmerksam machen, dass heute nicht gespielt wird. Aber so richtig ernst hat er den Hinweis nicht genommen und das Reitgeld war wirklich ehrlich verdient. So wie sich der Hengst immer wieder weglümmelte, war der dritte Platz noch eine erstaunlich gute Leistung. Sporting Hunter dagegen ging von Anfang an schön mit und war auch sehr willig aber letztendlich wurde ihm der Weg einfach zu weit.


Wie in der Vorschau geschrieben, hat Werner Krüger in den letzten 28 Jahren schon oft genug die Schattenseiten des Sports erlebt und seit gestern ist seine Biographie wieder um ein Kapitel reicher. Die Entscheidung, Soul Train nachzunennen, wurde nicht getroffen weil man geil auf einen Derby-Starter war aber zum letztmöglichen Termin der Nachnennung hat alles gepasst und man wollte dem Hengst die Chance geben. Aber so wie Soul Train gestern lief, war unterwegs schon früh zu erkennen, heute passt es nicht und es gab keinen Moment in dem der Manduro-Sohn zwingend wirkte.


Zappelphilipp der er ist, muss Lord Leoso als Letzter in die Maschine gehen, sprich aus der äußersten Box starten. In Horn auf dieser Distanz dann die gewünschte Position zu ergattern, ist nicht einfach aber Jozef Bojko machte das Beste daraus und der Hengst hatte an zweiter Stelle ein ungestörtes Rennen. Die Gerade rauf gab er einem immer wieder das Gefühl, schon beim nächsten Galoppsprung könnte er sich am Gegner vorbei kämpfen aber plötzlich kamen Sommelier und Nubius mit richtig viel Schwung an der Außenseite auf und der Lord hatte das Nachsehen. Trotzdem, hinter starker Konkurrenz war das ein tolles Laufen und wir sind zufrieden.