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Es hat geklappt: Das Foto von seinem 1. Sieger Juist als Geschenk zu Hein Bollows 99. Geburtstag!

Gerührt: Hein Bollow an seinem 99. Geburtstag mit einem besonderem Geschenk. Fotos privat/Karrikatur ©Miro

Autor: 

Frauke Delius

TurfTimes: 

Ausgabe 597 vom Freitag, 06.12.2019

Eine große Geburtstagrunde sitzt am heutigen Donnerstagabend im Jägerhof in Köln zusammen, um Hein Bollows 99. Geburtstag zu feiern. Ein ganz besonderes Geschenk hat er von Filip Minarik bekommen, dem es gelungen ist, mit Hilfe von Andreas Neugeboren vom Hallenser Rennverein und dem Ex-Jockey Ronnie Lütke, ein Foto von seinem 1. Sieg am 06.Juni 1938 mit Juist in Halle aufzutreiben. „Ein Wunder, dass das geklappt hat“, freuen sich Minarik und Bollow gleichermaßen. 

Happy Birthday zum 99: Ein ganz besonders Glückwunsch an Hein Bollow von unserem Karrikaturisten Miro!Happy Birthday zum 99: Ein ganz besonders Glückwunsch an Hein Bollow von unserem Karrikaturisten Miro!In Krefeld, beim Ratibor-Renntag, waren wir mit Hein Bollow zum Interview verabredet, natürlich schon mit Blick auf den Donnerstag, 05. Dezember 2019. Denn auf den Tag genau vor 99 Jahren kam Hein, der eigentlich Heinrich heißt in Nienstedten, damals ein eigenständiges Dorf heute ein Stadtteil von Hamburg, auf die Welt, die für ihn von Kindesbeinen an mit Pferden zu tun hatte. „Der galoppiert gerade über die Bahn“, meint Jockey Filip Minarik mit einem Augenzwinkern auf die Frage, wo er denn zu finden sei, „solche Tage genießt er sehr und ist überall unterwegs, davon zehrt er jetzt zwei, drei Wochen lang.“

Filip Minarik ist Dolmetscher, Chauffeur und Buddy in einem für Hein Bollow, den er liebevoll „Meister“ nennt und für den er sich ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk ausgedacht hat. „Mir ist aufgefallen, dass es kein Foto gibt von seinem 1. Sieger Juist, den er am 06.Juni 1938 auf der Rennbahn in Halle an der Saale geritten hat“, so Minarik, „deshalb habe ich beim Hallenser Rennverein und Andreas Neugeboren nachgefragt, ob die sich für mich auf die Suche machen können. Auch Turf-Times hat sich an dieser Suche beteiligt mit einem Beitrag, der über 10.000 Mal gesehen worden ist: Klick!

Das besondere Geburtstagsgeschenk für Hein Bollow zum 99.: Die Idee dazu hatte Filip Minarik, dem aufgefallen war, dass es kein Foto von seinem 1. Sieger namens Juist am 06. Juni 1938 in Halle gibt. Er fragte beim Hallenser Rennverein und Andreas Neugeboren nach, der sich auf die Suche machte. Zeitgleich fragte auch der Ex-Jockey Ronnie Lüdtke im Stadtarchiv von Halle an. Und siehe da: Beide wurden fündig. Was für eine gelungene Aktion ....Das besondere Geburtstagsgeschenk für Hein Bollow zum 99.: Die Idee dazu hatte Filip Minarik, dem aufgefallen war, dass es kein Foto von seinem 1. Sieger namens Juist am 06. Juni 1938 in Halle gibt. Er fragte beim Hallenser Rennverein und Andreas Neugeboren nach, der sich auf die Suche machte. Zeitgleich fragte auch der Ex-Jockey Ronnie Lüdtke im Stadtarchiv von Halle an. Und siehe da: Beide wurden fündig. Was für eine gelungene Aktion ....Und das Wunder ist eingetreten und das gleich doppelt: „Überlegen 5 Längen, Sieg 144, Platz 40. Auf Mikro-Chip einer Tageszeitung verewigt. Mit Zeitungsartikel des ganzen Renntages. Es war kaum zu glauben. Es gab zu den Renntagen umfassende Textbeiträge, aber fast nie Fotos. Nur dieses eine …. des völlig unbekannten Hein Bollow mit Juist im Birkenrennen“, schrieb uns Andreas Neugeboren vom Hallenser Rennverein voller Freude. Aber auch der Ex-Jockey Ronnie Lüdtke ist aufgrund unserer Facebook-Aktion aktiv und fündig geworden und hat ein Bild von Hein Bollow und Juist direkt nach dem Rennen aufgetrieben. Eine tolle Aktion, die natürlich auch das Geburtskind, der in der Seniorenresidenz, in der er mittlerweile wohnt, zahlreichen Besuch empfangen hat, sehr freut.

Mögen sich: Hein Bollow und Filip Minarik beim Ratibor-Renntag in Krefeld. Foto: dequiaMögen sich: Hein Bollow und Filip Minarik beim Ratibor-Renntag in Krefeld. Foto: dequiaHein Bollow erzählt gerne, wenn man ihn auf der Rennbahn trifft. Leider kann er nicht mehr gut hören, weshalb richtige Unterhaltungen schwierig sind, manches kann er von den Lippen ablesen, aber ausgedruckte Fragen helfen immer. „Es war mir nicht vorhergesagt, dass ich es nach Harry Wragg als zweiter Mensch schaffe, sowohl im Rennsattel als Jockey als auch als Trainer mehr als 1000 Siege zu schaffen“, berichtet er, „danach ist das auch noch Peter Schiergen gelungen und der wird noch alle Rekorde brechen.“ An dessen Asterblüte-Stall ist Bollow gerne und oft zu Gast, wenn es die Gesundheit zulässt und das Wetter passt. „er ist die Seele in unserem Stall“, hört man da. "Er fährt eine Station mit der Straßenbahn zu uns und ist regelmässig da", berichtet Peter Schiergen, "wenn es mal nicht klappt, sagt er ab, damit wir uns keine Sorgen machen. Wenn ein Pferd vorbeikommt, dann weiß er genau, welches das ist, er weiß noch gut Bescheid über alles, was im Rennsport läuft." Mittlerweile wohnt er in einer Seniorenresidenz im Norden Kölns, doch dank Filip Minarik kommt Bollow noch rum in der Galopperwelt, „der ist für mich fast wie mein eigenes Kind, ich war sogar Trauzeuge bei ihm und seine Tochter Finja ist mein ganz besonderer Liebling, erzählt Bollow mit einem Strahlen im Gesicht, natürlich bleiben seine Tochter Gelia und sein Enkel auch nicht unerwähnt.

„Dass ich noch immer zum Rennen gehe, das ist ein Wunder“, so Bollow, „ich bin seit 1936 dabei und habe es nie bereut.“ Und dann kommt er schon auf seinen 1. Sieger zu sprechen, Juist, dessen Bild in den von seiner verstorbenen Ehefrau Margot so liebevoll zusammengestellten Fotoalben fehlte. Bis zu seinem 99. Geburtstag!

1939 in Hoppegarten: Jockey Hein Bollow noch als Fliegengewicht auf dem Fahrrad unterwegs ... www.galoppfoto.de - Archiv1939 in Hoppegarten: Jockey Hein Bollow noch als Fliegengewicht auf dem Fahrrad unterwegs ... www.galoppfoto.de - ArchivSo viele andere Sieger sind dort verewigt, „ich habe alle großen Rennen gewonnen“, besonders die Zeit, in der er für das Gestüt Schlenderhan der Familie von Oppenheim geritten ist“, hat einen besonderen Stellenwert für Hein Bollow. „Damals, 1939, musste sich die Familie Oppenheim verstecken“, erinnert er sich an schwierige Zeiten, „ihr Gestüt geriet in die Hände der Nationalsozialisten“. Seine 1936 bei Anton „Pan“ Horalek in Berlin-Hoppegarten begonnene Lehre als Rennreiter konnte er im März 1940 noch abschließen, dann wurde er zur Kavallerie eingezogen, kam an die Front und geriet in französische Kriegsgefangenschaft.

1956 in Hamburg: Kilometer mit Hein Bollow, Besitzer Adolf Schindling und GestÜtsleiter Udo von Kummer (im Hintergrund) nach dem Sieg im Deutschen Derby in Hamburg. www.galoppfoto.de - Archiv Hilde Hoppe1956 in Hamburg: Kilometer mit Hein Bollow, Besitzer Adolf Schindling und GestÜtsleiter Udo von Kummer (im Hintergrund) nach dem Sieg im Deutschen Derby in Hamburg. www.galoppfoto.de - Archiv Hilde HoppeAber Hein Bollow hat Glück gehabt und konnte seine Passion weiterleben. Ohne den Krieg hätte er sicher mehr als die 1033 Rennen gewonnen, die es dann in seiner aktiven Zeit von 1936 bis 1963 Jockey geworden sind. Vier Derby-Siege gelangen ihm mit Allasch (1953), Kaliber (1954), Kilometer (1956) und Herero (1962), „die sind natürlich etwas ganz Besonderes.“ Als Trainer verbuchte er von 1963 bis 1988 genau 1661 Siege, darunter einen im Derby,1974 mit Marduk. Während er als Jockey dreizehnmal Champion wurde, gelang ihm das als Trainer nur ein einziges Mal, denn gegen seinen ehemaligen Berufsschulkollegen, die Trainerlegende Heinz Jentzsch, hatte er meistens das Nachsehen.   

Und all diese ganzen Zahlen und Fakten hat Hein Bollow auch stets parat, er erzählt gerne, wenn man ihn trifft. Dabei lebt er aber keinesfalls nur in der Vergangenheit, sondern ist auch aktuell stets gut informiert. „Keine Ahnung, wo er das alles immer herholt“, meint auch Champion-Jockey Andrasch Starke, „der hat ein unglaubliches Gedächtnis.“ Er ist der Fels in der Brandung des deutschen Galopprennsport und erhielt das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Auf der Rennbahn ist er einer der meistfotografierten Menschen, jeder will mit Hein Bollow aufs Foto und er macht bereitwillig mit. Immer freundlich, lebensfroh mit Hornbrille und Kugelbauch, „der war natürlich früher nicht da.“ Er sei ganz froh, Bollow erst als liebenswerten Opa kennengelernt zu haben, meint Minarik, „in seiner aktiven Zeit als Trainer war er sicher auch anders.“

Eigentlich wäre Hein Bollow und sein Leben ein ganzes Buch wert, aber das will er nicht. „Wer soll das denn kaufen“, wehrt er bescheiden ab. Vielleicht sollte jemand, der sich mit sowas auskennt, das trotzdem einfach tun. Denn ein Leben, das so untrennbar mit dem Galopprennsport verbunden ist, wie das von Hein Bollow, ist auch die Geschichte des Rennsports über nunmehr fast 100 Jahre. Und die wäre es wert zu erzählen. Auch wenn heute alles auf Social Media setzt. Es wäre auch schön, wenn es irgendwo auch noch Inhalte gibt. Auch die Antwort auf die Frage, wie er den deutschen Sport in fünf Jahren sieht, bleibt Hein Bollow die Antwort nicht schuldig: „Dann bin ich nicht mehr am Leben, aber ich hoffe sehr, dass es dem Sport dann besser geht als heute.“

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